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Landkreis: Gelbe Blüten sollen Mais-Wälder ersetzen

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Gelbe Blüten sollen Mais-Wälder ersetzen

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    Nahe der Roth hat der Weißenhorner Walter Burger die durchwachsene Silphie angepflanzt. Trotz häufiger Überschwemmungen gehe es ihr gut, sagt er.
    Nahe der Roth hat der Weißenhorner Walter Burger die durchwachsene Silphie angepflanzt. Trotz häufiger Überschwemmungen gehe es ihr gut, sagt er. Foto: Burger

    Mit der Aktion „Blühende Energie“ will der Imker-Kreisverband Neu-Ulm dem Artenschwund und dem Verlust der biologischen Vielfalt entgegenwirken. Das Projekt geht weit über das Anlegen von Blumeninseln hinaus. Vielmehr wollen die Bienenzüchter in Zusammenarbeit mit den Kommunen Alternativen zum Maisanbau für die Bioenergie propagieren. „Die gibt es“, sagt der Kreisvorsitzende Walter Burger. Drei oder vier kennt der Weißenhorner, am meisten Pflanzenmasse für die Verarbeitung in Biogasanlagen verspreche allerdings die durchwachsene Silphie.

    Das wird inzwischen bei verschiedenen Forschungsprojekten untersucht, unter anderem vom Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Straubing. Demnach verspricht der leuchtend gelbe Korbblütler neben einem hohen Ertragspotenzial auch ökologische Vorteile. Einen hohen Erosions- und Gewässerschutz etwa, resultierend aus der intensiven Durchwurzelung und einer nahezu ganzjährigen Bodenbedeckung. Da den Wissenschaftlern zufolge nur im ersten Anbaujahr Pflanzenschutz und Bodenbearbeitung notwendig sind, werde die Umwelt geschont. Im Boden lebende Organismen könnten sich entwickeln, der Humus sich kontinuierlich aufbauen. Landwirte sparten Arbeit.

    Forscher und Praktiker betonen allerdings unisono: Wegen der höheren Etablierungskosten rechnet sich ein Einsatz der Pflanze nur bei einer langjährigen Nutzung. Dafür sei die Silphie prädestiniert. Zehn bis 15 Jahre gelten als gesichert, der Diepertshofer Landwirt Josef Mack geht sogar von einem deutlich längeren Ertragszeitraum aus.

    Mack experimentiert bereits mit der Mais-Alternative, hat sie im Vorjahr erstmals ausgesät. Für die Silphie hat er keine exklusiven Standorte vorgesehen. Vielmehr soll sie sich im Sommer zwischen den Mais-Flächen entwickeln, mit einem Anteil von 15 Prozent etwa.

    Auf rund 20 Prozent schätzt Josef Mack den verminderten Ertrag bei der Silphie. Gleichwohl sei sie interessant, weil ab dem zweiten Jahr keine Spritzmittel mehr eingesetzt werden müssten. „Im Zusammenhang mit unserem Wasserschutzgebiet ist das schon ein wichtiger Aspekt“, sagt der Landwirt.

    Auch der Pfaffenhofer Andreas Wöhrle hat sich nach eigener Aussage bereits mit dem Thema beschäftigt. Weniger mit Blick auf seinen eigenen Betrieb, der auf die Aufzucht von Ferkeln spezialisiert ist, sondern als Kreisobmann im Bayerischen Bauernverband. „Wir werden ja sehr wohl mit der öffentlichen Wahrnehmung konfrontiert“, weiß Wöhrle um die vielfältige Kritik an dem wachsenden Mais-Anteil nicht nur in den regionalen Fluren. Die durchwachsene Silphie als Alternative sei deshalb „ein hoch interessanter Ansatz“. Zumal sie viel Grünmasse liefere und schön blühe.

    Imker Walter Burger betont zudem: „Sie blüht nicht nur schön, sondern auch lang.“ Von Mitte Juli etwa bis Mitte September liefere die Pflanze den Bienen ein vielfältiges Pollenangebot. „Mithin in einer Zeit, wo für sie sonst wenig zu holen ist.“ Gerade im Spätsommer bräuchten die Insekten Nahrhaftes für die Brut. Die in der Not gesammelten Maispollen jedenfalls führen Burger zufolge bei den Bienenvölkern zu Mangelernährung und deutlich reduzierter Resistenz gegen Krankheiten. „Auch solche, die von der Varroamilbe übertragen werden, die eben in dieser Zeit unterwegs ist“, fügt er hinzu.

    Zwar gebe es für den Rückgang der Bienenpopulation noch weitere Ursachen, den hohen Flächenverbrauch für Verkehr und Siedlungen zum Beispiel, „aber die Nahrungsgrundlage ist zweifellos ein wichtiger Faktor“. Unabhängig von den Gründen sei der Schwund indes dramatisch, beklagt Burger. Seine Aufzeichnungen zeigen: Mitte der 1970er-Jahre betreuten die Mitglieder des Imkervereins Weißenhorn rund 1300 Bienenvölker, nun sind es noch maximal 250. Ähnliche Zahlen kennt der Kreisvorsitzende für den Raum Illertissen. Bei den Imkern selbst gebe es dagegen keine Nachwuchssorgen: „Das Interesse ist groß, die Anfängerkurse sind voll.“

    Das Problem liegt anderswo. „Wir brauchen mehr Flächen“, sagt Burger. Mit seinem Vorstoß bei den Kommunen will der Imker-Kreisverband einen ersten Schritt versuchen. Mit der Bereitstellung von Flächen für die durchwachsene Silphie soll der Nutzen für alle demonstriert werden: nachhaltige Energieerzeugung und Lebensraum für Insekten quasi im Verbund. „Ziel unserer Aktion sind deshalb nicht großflächige kommunale Blumen-Beete, sondern regelrecht blühende Energie-Inseln, insgesamt vielleicht mit einer Gesamtfläche von 5000 Quadratmetern“, macht Burger deutlich.

    Und er freut sich über erste positive Reaktionen. Von der Stadt Illertissen unter anderem, die sogar zwei denkbare Standorte angeregt habe, ebenso vom Klimaschutzbündnis Roth/Leibi. Dort hat Pfaffenhofens Bürgermeister Josef Walz mit langer Imker-Tradition in der Verwandtschaft die Aktion spontan begrüßt: „Gegensteuern ist das Gebot der Stunde“, sagt er.

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