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Engishausen: Warum der Zehentstadel in Engishausen weiter polarisiert

Engishausen

Warum der Zehentstadel in Engishausen weiter polarisiert

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    Der Zehentstadel in Engishauses bietet heute einen vollkommen anderen Anblick als noch vor einigen Jahren. So wurden das Dach erneuert und auf jeder Seite mithilfe eines Bauforschers zehn Gauben rekonstruiert.
    Der Zehentstadel in Engishauses bietet heute einen vollkommen anderen Anblick als noch vor einigen Jahren. So wurden das Dach erneuert und auf jeder Seite mithilfe eines Bauforschers zehn Gauben rekonstruiert. Foto: Claudia Bader

    Ein Loch klafft im Boden hinter dem historischen Zehentstadel in Engishausen. Der Keller ist bereits zu erahnen, der später einmal den modernen Anbau tragen soll. Zuletzt ging auf der Baustelle allerdings nichts voran. Wegen des Winters, aber das ist nur ein Grund. Der andere ist ein Zwist, der sich um das Bauprojekt dreht. Demnächst wird sich das Verwaltungsgericht in Augsburg mit der Sache beschäftigen – nicht zum ersten Mal. Der Termin ist noch nicht bekannt.

    Vor ein paar Jahren noch bröckelte der Zehentstadel buchstäblich vor sich hin. Die Feuchtigkeit hatte sich in Gebälk und Mauerstein gefressen, das Dach drohte einzustürzen. Aus Sicherheitsgründen wurde das Gelände gesperrt und eine Folie über das Gebäude gespannt, die aber kaum vor Wind und Regen schützen konnte. „Die Balken waren stark beschädigt. Das war ein Jammer“, sagt Architektin Birgit Dreier.

    Der Dachstuhl wurde Stück für Stück saniert

    Vorher: In diesem Zustand war der Dachstuhl vor der Sanierung.
    Vorher: In diesem Zustand war der Dachstuhl vor der Sanierung. Foto: Architekturbüro Dreier

    Engagiert wurde sie von Xaver Fackler, Unternehmer und selbst Engishauser. Er hatte beschlossen, den 1765 errichteten Zehentstadel zu kaufen und zu sanieren. Ob so ein Zustand nicht abschreckend für einen Investor ist? „Ich kann ganz gut einschätzen, ob etwas irreparabel ist oder nicht“, sagt er. Ihm schwebt vor, das Gebäude neu zu beleben, künftig als Veranstaltungshalle zu nutzen und mit Büroräumen auszustatten. Pläne, die wohl nicht jedem in dem Ortsteil von Egg gefallen.

    2016 begannen die Arbeiten, die Herausforderungen mit sich brachten. Der Dachstuhl wurde abgebaut, die Balken nummeriert, analysiert, teils mit neuen Holzstücken ergänzt, wieder eingebaut. „Wir mussten rausfinden: Was kann man behalten, was nicht?“, erläutert die Architektin das Verfahren, das in Abstimmung mit dem Amt für Denkmalpflege stattfand. So viel, wie möglich, solle wieder so beschaffen sein und aussehen wie früher, erklärt der Bauherr. So wurden auch die Dachgauben rekonstruiert, die kaum noch zu erkennen waren.

    Der Aufwand kostet viel Geld

    Dieser Aufwand kostet viel Geld. „Mir war von Anfang an klar, dass das unter zwei Millionen Euro nicht zu sanieren ist“, sagt Fackler. Zuschüsse decken einen Teil ab, den Rest bringe er selbst auf. „Das wird sich kostenmäßig nicht tragen. Aber ich bin Engishauser. Und ein Vorfahr hat sogar mitgearbeitet am Dach.“ Die Architektin ergänzt, dass eine „Liebe zum Objekt“ unerlässlich sei.

    Das Landratsamt drückt es etwas nüchterner aus: „Der Zehentstadel in Engishausen wird denkmalfachlich instandgesetzt. Für die Denkmalpflege ist das eine gute Nachricht“, lässt die Pressestelle wissen. Der Landrat hatte es im vergangenen Jahr in einer Stellungnahme als eines der bedeutendsten denkmalpflegerischen Projekte im Landkreis bewertet.

    Der Zehentstadel im spätbarocken Stik glich lange Zeit einer Ruine.
    Der Zehentstadel im spätbarocken Stik glich lange Zeit einer Ruine. Foto: Architekturbüro Dreier

    Dennoch gibt es Unmut. Ende 2017 fand der erste Prozess vor dem Verwaltungsgericht statt. Johann Schuhwerk, dem das Grundstück neben dem Zehentstadel gehört, klagte gegen das Landratsamt. Ein Baugerüst stand aus seiner Sicht unrechtmäßig auf seinem Grund. Die Behörde hatte den Nachbarn aufgefordert, Gerüst und Bauzaun wegen Notmaßnahmen am baufälligen Zehentstadel zu dulden – ansonsten drohe Zwangsgeld. Der Nachbar zog vor Gericht, weil das Gerüst noch stand, als die Notmaßnahme beendet war. Die Vertreter des Amtes räumten im Zwist um ein Gerüst – und um ein Denkmal).

    Und heute? Das Gerüst ist weg, nicht so der Ärger über das Projekt. Schuhwerk leitete abermals juristische Schritte ein. Wie ein Sprecher des Verwaltungsgerichts mitteilt, sehe der Kläger Nachbarrechte verletzt, etwa was Imissionsschutz anbelangt, und zweifele die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung an.

    Offenbar geht es nicht nur Schuhwerk so. Auch Karl Königsberger ist das Bauprojekt ein Dorn im Auge, unter anderem wegen des vorgesehenen modernen Anbaus. Dieser passe nicht ins Ortsbild. Schuhwerk erzählt in diesem Zusammenhang, dass er selbst ein Toskana-Haus auf seinem Bauplatz errichten wollte – dies sei ihm mit der Begründung verwehrt worden, der Stil passe nicht dorthin.

    Bauherr: "Die Fronten sind verhärtet"

    Aber das ist nicht der einzige Kritikpunkt. Königsberger sagt: „Das Landratsamt will das durchdrücken, egal ob Gesetze und Verträge eingehalten werden oder nicht.“ Schuhwerk fordert: „Es darf da doch keinen Freifahrtschein geben.“ Angesprochen auf die Vorwürfe, verweist das Landratsamt auf das laufende Verfahren: „Diese Fragen wird das Verwaltungsgericht klären“.

    Ob sich die Wogen nicht mit Gesprächen glätten lassen? Bauherr Fackler sagt: „Die Fronten sind verhärtet“. Er werde sich auf jeden Fall für seine Rechte einsetzen. Zudem verweist er darauf, dass er Vorkehrungen getroffen und seine Pläne mittlerweile teils geändert habe. So sei der geplante Anbau, in dem etwa sanitäre Anlagen, Aufzug und Technik unterkommen sollen, verschoben worden – weiter weg von der Grundstücksgrenze. An dem Baustil wird er festhalten. „Das soll das Denkmalgebäude hervorheben. Würden wir einfach anbauen, mit Satteldach und hellem Putz, wäre der Kontrast nicht da“, argumentiert auch Architektin Dreier.

    Nachher: So sieht das Obergeschoss nun aus.
    Nachher: So sieht das Obergeschoss nun aus. Foto: Architekturbüro Dreier

    Wovor den Kritikern Schuhwerk und Köngisberger graut: Dass die Veranstaltungshalle mit Platz für rund 200 Personen Unruhe ins Dorf bringt, auch Lärm am Abend. „Würden Sie neben einer Veranstaltungshalle wohnen wollen?“, fragt Schuhwerk rhetorisch. „Und wo sollen die Besucher alle parken?“ Tatsächlich ist der Platz rund um Zehentstadel und Anbau begrenzt: Sie befinden sich zwischen Kirche, alter Schule, Feuerwehrhaus und Schuhwerks Grundstück, östlich verläuft die Ortsdurchfahrtsstraße. Laut Königsberger werden notariell bestätigte Verträge zwischen Bauherr und Kirchenverwaltung nicht eingehalten. „In dem Vertrag waren Parkplätze zugesichert. Auch dass Platz ist für den Maibaum, wurde versprochen“, so der Engishauser. „Und jetzt steht da der

    Auch hierzu sagt Fackler, dass er Vorkehrungen treffe. Er habe in nächster Nähe ein Grundstück erworben, auf dem Autos parken sollen. Um den Zehentstadel herum sollen ebenfalls Parkplätze entstehen – wenn auch an anderer Stelle als im Vertrag vereinbart, wie der Bauherr einräumt. „Wir werden bis zur Nutzung Lösungen finden. Ich will auch nicht, dass die Straße zugeparkt wird.“ Außerdem wolle er das Lärmaufkommen künftig kontrollieren, etwa mit einem Mikrofon, Fenstern mit Schallschutz und Regeln für Außenbereiche.

    Die Kritiker haben sich mit ihren Anliegen bereits an mehrere Stellen gewandt: Denkmalbehörde, Landratsamt, den Bürgerbeauftragten der Staatsregierung Klaus Holetschek. Auch an Markus Söder, damals noch Heimatminister, sagen sie. Die Antworten stellten sie nicht zufrieden. Königsberger sagt, er habe auch rund 30 Unterschriften gesammelt. „Erst waren viele für den Erhalt des Stadels. Aber jetzt, mit dem modernen Anbau und der Veranstaltungshalle, ist die Mehrheit dagegen, glaube ich.“

    Zum Jahresende soll das Bauprojekt beendet sein

    Bürgermeister Franz Morath sagt auf Nachfrage, dass er nichts Konkretes über die Stimmung bezüglich des Bauprojekts im Ortsteil wisse. „Ein paar stört vielleicht der Anbau, weniger der Zehentstadel an sich. Er ist ja schon ein Schmuckstück geworden, wenn man ihn sich jetzt anschaut.“ Der Gemeinderat habe sich mit dem privaten Bauantrag befasst, es habe durchaus Diskussionen darüber gegeben. Letztlich stimmte die Mehrheit des Gremiums aber zu. Die Genehmigungsbehörde sei jedoch immer noch das Landratsamt.

    Geht es nach Fackler, dann soll seine Baustelle nicht mehr lange brachliegen. Der Zehentstadel solle noch vor Jahresende saniert und der moderne Anbau errichtet sein.

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