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Bellenberg: Donington statt Jugendhaus

Bellenberg

Donington statt Jugendhaus

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    Die Taucher zu ihren besten Zeiten auf dem legendären Festival bei Halbertshofen.
    Die Taucher zu ihren besten Zeiten auf dem legendären Festival bei Halbertshofen. Foto: hinzpeter

    Vielleicht wäre es gar keine so dumme Idee, die Drei einfach auf eine Bühne zu setzen und sie erzählen zu lassen. Kurzes Stichwort: Also, Elmar, Pete und Winnie, wie war das damals mit den Tauchern? Ziemlich wild, oder? Und dann würden sie sich vermutlich mit Anekdoten gegenseitig bewerfen – was ein Riesenspaß für alle Zuhörer wäre. Wahrscheinlich würden sie die erzählen, als sie mal mit dem Band-Auto in einem Parkhaus übernachteten und am nächsten Morgen einen richtig großen Randstein im Kofferraum fanden. Doch wie der da hinein gekommen war, daran konnte sich keiner mehr erinnern. Vielleicht waren sie wie immer im fortgeschrittenen Stadium schlafen gegangen. Oder die Sache mit der Bandkasse, als

    Konnte es doch, denn wenn die Taucher unterwegs waren, war das Chaos sozusagen der fünfte Mann in der Band. Heute können die verbliebenen Drei darüber lachen – und es ist das reine Vergnügen, ihnen dabei zuzuhören, wie sie mit ein paar Sätzen den Irrsinn nochmal hochleben lassen. Diesmal allerdings aus der Sicht von gereiften Herren im besten Alter von, quer über den Daumen, jeweils einem halben Hundert Lebensjahren. „Wir haben uns aufgeführt, wie die Axt im Walde“, sagen sie heute und geben zu, aus „reiner Blödheit“ ein paar ganz gute Chancen verpasst zu haben. Vor 30 Jahren gründeten sich die Taucher als erste deutschsprachige Illertaler Punk-(Hard-)Rockband.

    Nun haben sich die Ur-Taucher Elmar Kaufer, Winnie Stüer und Pete Ehm nach drei Jahrzehnten wiedervereinigt, um beim großen Geburtstag der Bellenberger Traube am Samstag als Hauptact zu spielen. Es dürfte ein großes Hallo geben, obwohl die Band früher niemals in der Traube aufgetreten ist. Es soll auch ihr einziges Konzert sein, wenn man denn den Worten der Drei Glauben schenken darf. Noch mal die harte Tour durch kleine Hallen? Niemals. Elmar Kaufer, der zu Vielem neigt, nur nicht zum Tiefstapeln, gibt die Parole aus: „Donington statt Jugendhaus.“ Wobei für nicht ganz so Eingeweihte der Hinweis hilfreich sein könnte, dass auf dem Rennkurs bei

    Auch wenn Bellenberg nicht Donington ist, mit dem Ort und der Kneipe verbinden die Taucher extrem viel. 100 Meter von der Traube entfernt hatten sie ihren Übungsraum. In der Gaststube hängen diverse vergilbte Plakate mit dem Taucher-Schriftzug an der Wand. Und für die Musiker war diese Kneipe, die wie keine zweite ist, so eine Art Wohnzimmer. Damals gaben sie auch gerne Interviews am Tresen und brachten dabei unter anderem den Schreiber dieser Zeilen an den Rand seines Fassungsvermögens, in jeder Hinsicht.

    Der Rausch gehörte dazu, auch der Rausch jung zu sein und mit dem, was einem am meisten Spaß macht, so richtig rumzukommen, Musik nämlich. Elmar, Winnie, Pete und „Taucher-Harry“ spielten eine etwas unentschiedene Mischung aus Punk und Bon-Jovi-Rock mit Texten über das Mopedfahren, die verhassten Popper, den Zivildienst oder die volle Blase. Sie kamen zur rechten Zeit, denn Punk mit Spaß hatte in Deutschland gerade einen Lauf. Die Band nahm ein Album auf, das sinnigerweise „Aufgetaucht“ hieß und sich ziemlich gut verkaufte. Bravo und RTL wurden aufmerksam und schickten die Taucher auf eine Tournee durch zwölf Städte. Es wurden nur vier, dann fuhr das Quartett wieder zurück ins Illertal, weil es fand, man hätten vielleicht mehr verdient als die Tagesgage von 25 Mark pro Nase, die zudem nie ausbezahlt wurde.

    Die Rückkehr war eine Schnapsidee, das wissen sie jetzt, denn für die Bravo waren sie daraufhin gestorben. Auch keine gute Entscheidung war es, den interessierten Plattenriesen EMI zu ignorieren, der sich noch ein paar neue Aufnahmen wünschte. Der verpflichtete stattdessen die Abstürzenden Brieftauben, die zumindest ein paar Jahre lang den Erfolg einkassierten, den die Taucher hätten haben können. „Wir haben’s damals nicht kapiert“, sagen sie heute. Ihnen ging es hauptsächlich um das Fest auf der Bühne, wie Pete Ehm meint. Dort zogen sie sich mit derbem Schwäbisch gegenseitig auf, nach dem Motto: „Du hasch gar koin Intellekt, du hasch an Dialekt“.

    Und dann kamen noch persönliche Eitelkeiten und Nervereien dazu, sodass sich ausgerechnet Lautsprecher Elmar Kaufer schließlich davon machte. Damit war ein Gutteil des Wahnsinns dahin, der zu den Tauchern gehörte wie der Schaum aufs Bier. Sein Nachfolger konnte zwar besser singen, doch das war wirklich nicht das, was die Band brauchte. Es dauerte nicht lange und sie war Geschichte – bis jetzt: Zum Traube-Jubiläum haben sich die verbliebenen Drei wieder zusammengetan, sich mit Manne Häusler einen Ersatztrommler für den eigentlich unersetzlichen Harry geholt, und wollen noch einmal ein wenig die alten Zeiten hochleben lassen.

    Wie es war, als sie sich da erste Mal wieder in einem Proberaum trafen? „Wie heimkommen.“ Genau, und der Wahnsinn als fünfter Mann hockte ebenfalls schon wieder in seiner Ecke, denn gut leserliche Textblätter hatte Elmar nicht mitgebracht, dafür das Booklet der Debüt-Platte – doch leider nur im CD-Format mit winziger Schrift und damit kaum zu erkennen. Das wäre auch noch so eine Anekdote, welche die drei Ausrufezeichen alias Elmar, Pete und Winnie auf einer Bühne erzählen könnten.

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