Er ist eine Attraktion für Naschkatzen direkt auf dem Rathausplatz in Bellenberg: der farbenfrohe Eisautomat von Cornelia und Lorenz Hirschberg. Für die beiden Schausteller aus der Großfamilie der Hirschbergs rund um Illertissen ist das Gerät auch ein Hoffnungsschimmer in der Corona-Krise. Sie erzählen, wie es zum Einfall kam.
Schausteller-Familie Hirschberg: In der Krise ist Kreativität gefragt
Wenn Schausteller nicht mehr reisen dürfen, sind sie in ihrer Existenz bedroht. Und Existenzängste haben die Hirschbergs durch den Lockdown und den ganzen Sommer 2020 über begleitet. Normalerweise sind sie die meiste Zeit im Jahr mit ihrem Kinderkarussell und einem Schokofrüchteverkauf zwischen Freiburg, Stuttgart und Abensberg unterwegs. Stattdessen herrscht jetzt bedrohlicher Stillstand. „Zu tun gibt es immer etwas, nur dass wir dabei nichts verdienen, wogegen die laufenden Kosten bleiben“, sagt Lorenz Hirschberg.
So haben sie zum Beispiel für die nötige TÜV-Abnahme ihr Karussell im Hof aufgebaut. Als sich im Herbst abzeichnete, dass auch das Weihnachtsgeschäft ausfallen würde, machten sie sich auf die Suche nach alternativen Einnahmequellen. Sie ließen sich von den Mitnahmeautomaten inspirieren, die derzeit ihre Renaissance erleben. Die Idee zum Eisautomaten war geboren.
So entstand der Eisautomat in Bellenberg
„Wir haben uns fest vorgenommen, nicht unterzugehen und die Krise für etwas Neues zu nützen“, sagt Lorenz Hirschberg. Seine Schaustellerfamilie besteht in der fünften Generation und lässt sich bis auf das Jahr 1868 zurückführen. Die Vorfahren wohnten in Elsaß-Lothringen und reisten als Moritaten- und Bänkelsänger umher. Die Familiengeschichte geht Lorenz Hirschberg selbstbewusst über die Lippen. Als Schausteller hätten sie sich schon öfter den Realitäten anpassen müssen, sagt er. „Aber dass es keine Volksfeste und Märkte mehr gibt, hätten wir niemals gedacht“, ergänzt seine Frau Cornelia. Doch deswegen ihre Unabhängigkeit aufgeben? Das stehe überhaupt nicht zur Debatte. „Nicht, wenn man die Selbstständigkeit gewöhnt ist.“
In die Entwicklung des Eisautomaten haben sie viel Herzblut gesteckt, ebenso Geld. Mit von der Partie war Cousin Christian von Berg aus Stuttgart. Passenderweise firmiert die „automatische Eisdiele“, die ihre Ware aus einer Manufaktur bezieht, welche Eis nach original italienischer Rezeptur zubereitet, unter dem Namen Eisberg. „Ein Berg ist also immer dabei“, sagt Hirschberg schmunzelnd. Die Hirschbergs kreierten ein türkisgestreiftes Design, das Logo und den Werbeslogan. „Ist Dir heiß, zieh ein Eis“, lockt ein Aufdruck. Zehn Sorten werden angeboten, von Schoko, Vanille und Erdbeere bis zu Salz-Karamell und Cookies.
Steht bald auch ein Eisautomat in Illertissen?
Die Geschäftsidee scheint aufzugehen, in Senden-Ay steht ebenfalls schon ein Modell und ein weiteres ist bestellt. Auch Cousin Christian von Berg hat in Bad Cannstatt sowie in Waiblingen Erfolg mit seinen Tiefkühlgeräten. Hirschberg erklärt, er suche seine Standorte so aus, dass er mit der örtlichen Gastronomie nicht in Konkurrenz gerate. „Es muss für alle passen“, findet er. In Bellenberg habe er den Platz und auch nötigen Stromanschluss – der Zähler läuft natürlich auf die Hirschbergs – dank Bürgermeisterin Susanne Schewetzky erhalten. Für den dritten Automaten stehe er in Verhandlung mit Bürgermeister Jürgen Eisen. Vielleicht kann ein Gerät in einem Illertisser Stadtteil aufgestellt werden.
Auch, wenn sich abzeichnet, dass ein weiteres Standbein in ihrem Schaustellerdasein hinzugekommen ist, hoffen Cornelia und Lorenz Hirschberg, bald wieder losziehen zu können. Der Illertisser Herbstmarkt wäre ihr Wunsch. Das Automatengeschäft läuft dann parallel weiter. „Womöglich irgendwann mit eigener Eismanufaktur, schließlich sind wir zu viert mit unseren beiden Söhnen“, blicken die beiden schon voraus.