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Babenhausen: Welche Spuren der "Wasserdoktor" Sebastian Kneipp in Babenhausen hinterließ

Babenhausen

Welche Spuren der "Wasserdoktor" Sebastian Kneipp in Babenhausen hinterließ

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    Am ehemaligen Polizeihaus weist eine Gedenktafel auf die Vorladung von Pfarrer Sebastian Kneipp hin.
    Am ehemaligen Polizeihaus weist eine Gedenktafel auf die Vorladung von Pfarrer Sebastian Kneipp hin. Foto: Fritz Settele

    "Sebastian Kneipp wurde 1854 vom Landrichter in Babenhausen wegen Kurpfuscherei mit dem Wasser zu zwei Gulden Polizeistrafe verurteilt!" So steht es auf zwei Gedenktafeln im Fuggermarkt. Der weltberühmte "Wasserdoktor", der vor genau 200 Jahren - am 17. Mai 1821 - in Stephansried bei Ottobeuren geboren wurde, geriet seinerzeit als Kaplan in Boos mit der örtlichen Justiz in Konflikt. Doch stimmt es wirklich, dass er im sogenannten Polizeihaus in Babenhausen zu einer Geldstrafe verurteilt wurde?

    Laut der Vorsitzenden des Historischen Vereins Babenhausen, Barbara Kreuzpointner, ist die Geldstrafe dem Reich der Legenden zuzuordnen. Auch der Booser Heimatforscher Herbert Schlatterer sagt, dass die Strafe auf einem nicht ganz wahrheitsgetreuen Roman basiere. Leider tauche dieser Irrtum in vielen späteren Veröffentlichungen auf. Belegt ist hingegen, dass Sebastian Kneipp auf Anzeige des Babenhauser Apothekers Semmelbauer und des Fellheimer Arztes Dr. Mannheimer vor dem Landgericht in Babenhausen erscheinen musste.

    Heimatbuch der Gemeinde Boos befasst sich mit Sebastian Kneipp

    Kneipp hatte sich in der Zeit als Kaplan in Boos "vielfach mit dem Kurieren beschäftigt", was auch auf Argwohn stieß. Im Heimatbuch der Gemeinde, einer mehr als 800-seitigen Chronik, widmet Schlatterer dem heute weltberühmten Sebastian Kneipp ein umfangreiches Kapitel. Der Seelsorger hatte demnach in und um Boos "immer wieder Kontakt zu kranken und hilflosen Menschen, welche überwiegend arm waren, und sich aus finanziellen Gründen nicht vom Fellheimer Arzt behandeln lassen konnten". Er empfahl Hausmittel, riet zu Waschungen und Heilbädern.

    Am 100. Todestag von Sebastian Kneipp stellte die Marktgemeinde Babenhausen an der Wassertretanlage eine Erinnerungssäule auf.
    Am 100. Todestag von Sebastian Kneipp stellte die Marktgemeinde Babenhausen an der Wassertretanlage eine Erinnerungssäule auf. Foto: Fritz Settele

    Vor Gericht führte Kneipp aus, dass es sich bei den Kranken, die er beraten hatte, nur um solche gehandelt habe, die "nach längeren oder gar jahrelangen Anwendungen ärztlicher Mittel wenig oder gar keine Hilfe" gefunden hatten und von den Ärzten abgewiesen worden waren. Er soll gesagt haben: "Nicht Vorliebe und Interesse, sondern Mitleid mit den Unglücklichen hat mich veranlasst, den Versuch mit dem Wasser zu machen." Die heilende Kraft des Wassers hatte Kneipp während seines Studiums am eigenen Leib erfahren, war er doch an Tuberkulose erkrankt. Er kurierte dies mitunter durch Bäder in der eiskalten Donau.

    Die Verhandlung vor dem Landrichter Bacherlein muss dem Bericht Kneipps zufolge recht menschlich und vertrauensvoll verlaufen sein, denn gleich nachdem der Pfarrer seine Beweggründe hervorgebracht hatte, kam Bacherlin mit persönlichen Gesundheitsbeschwerden an und erbat ein Mittel gegen sein Rheumaleiden. Auch dafür hatte der Wasserdoktor Anwendungen parat. Gerichtsarzt Dr. Betzenhofer schloss den "Fall Kneipp" vor der weltlichen Justiz damit ab, dass er dem Pfarrer sagte: "Erteilen Sie weiter gute Ratschläge, ein gutes Hausmittel anraten darf zuletzt jedes alte Weib."

    Kneipp wurde aus Babenhausen und Boos vom Bischof versetzt

    Der Bischöfliche Dekan Königsberger empfahl Kneipp "beim Anraten seiner Wassermittel große Um- und Vorsicht, um sich nicht wegen zu später ärztlicher Behandlung oder der zu späten Einnahme von verordneten Arzneien der Anschuldigung fahrlässiger Tötung schuldig zu machen". Um weiteren Ärger im Raum Babenhausen/Boos zu vermeiden, wurde Kneipp vom Augsburger Bischof als Hausgeistlicher und Beichtvater in das Kloster der Dominikanerinnen in Bad Wörishofen versetzt. Aber auch die Klostermauern, so der frühere Heimatpfleger Ludwig Zedelmaier, "waren kein Hindernis für den Siegeszug der Naturheillehre von Sebastian Kneipp". Dieses ganzheitliche Gesundheitskonzept basiert auf fünf Säulen: Wasser, Ernährung, Bewegung, Lebensordnung und Kräuter.

    Diese Aufnahme ist um 1910 entstanden: eine Babenhauser Besuchergruppe vor dem Kneipp-Denkmal in Bad Wörishofen.
    Diese Aufnahme ist um 1910 entstanden: eine Babenhauser Besuchergruppe vor dem Kneipp-Denkmal in Bad Wörishofen. Foto: Dieter Spindler (Repro)

    Kneipps Lehre begleitet Babenhausen bis heute: So wurde dort 1953 ein Kneipp-Verein gegründet und 1956 an der Promenade an der Günz eine Wassertretanlage eingeweiht. Im Ortsteil Klosterbeuren entstand am Rand des Otterwaldes, den Kneipp von Boos aus oft besucht hat, ebenfalls eine solche Anlage an einer Waldquelle. Ein Heimatfreund errichtete einen Bildstock und schrieb darauf: "Wer Not an Leib und Seel, der trink aus dieser Quell."

    "Guter Hirte" in Babenhausen erhielt Auszeichnung "Kneippkindergarten"

    1997, anlässlich des 100. Todestages von Sebastian Kneipp, stellte die Marktgemeinde an der Wassertretanlage in Babenhausen einen Gedenkstein auf. Allerdings wies der damalige Vizepräsident des Deutschen Kneippbunds, Ludwig Scharpf, darauf hin, dass die darauf vermerkte Jahreszahl 1851 für die Verhandlung vor dem Landgericht nicht passen kann. Der Termin müsse später gewesen sein.

    Die Lehre des Pfarrers stand außerdem im Zentrum vieler Unterallgäuer Gesundheitswochen, an denen sich Babenhausen von Anfang an beteiligte. Auch die örtliche Volkshochschule und die Arbeiterwohlfahrt nahmen stets gerne Teile des Kneippschen Kanons in ihre Programme auf. 2007 wurde der Kindergarten Guter Hirte als "Kneippkindergarten" eingestuft. Und wer das Leben von Sebastian Kneipp einmal auf schauspielerische Weise ergründen will, dem sei eine Aufführung des Schauspielers und Café-Fahrenschon-Besitzers Fred Strittmatter empfohlen, aus dessen Feder das Stück "Kneipp Solo" stammt, das er gekonnt selbst in Szene setzt.

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