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Babenhausen: Sudhaus-Abriss weckt Erinnerungen an die Fuggerbrauerei in Babenhausen

Babenhausen

Sudhaus-Abriss weckt Erinnerungen an die Fuggerbrauerei in Babenhausen

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    BBlick in die gute, alte und bierselige Zeit: Dies ist eine alte Aufnahme des Brauereihofs in Babenhausen.
    BBlick in die gute, alte und bierselige Zeit: Dies ist eine alte Aufnahme des Brauereihofs in Babenhausen. Foto: Fritz Settele

    Fast auf den Tag genau 40 Jahre ist es her, dass Brauer und Mälzer Luis Martin den letzten Sud für das Fuggerbier angesetzt hat – ein Märzen. Das Sudhaus auf dem Schlossgelände in Babenhausen war seine Arbeitsstätte, nachdem er 1953 seine Lehre in der Fürst-Fugger-Brauerei angetreten hatte. Nun wird das zuletzt genutzte, später brach liegende Gebäude dem Erdboden gleich gemacht, um Platz für die "Kita im Schloss" zu schaffen. Etwas Wehmut macht sich bei ihm breit.

    Die Geschichte der Fuggerbrauerei erstreckt sich über beinahe 500 Jahre. Dem Buch „Handwerk, Handel und Gewerbe in Babenhausen“ des Heimatforschers Dieter Spindler ist zu entnehmen, dass sie die „älteste Brauerei im Markt" war. Gegründet wurde sie 1505 von den Rechbergern. 1538 übernahm Anton Fugger sie beim Kauf der Herrschaft und des Schlosses. Umgehend wurden damals eigene Wasserleitungen aus dem Griesbachwald angelegt. Bereits 1687 wurde für die Bierbrauer zusammen mit den Bäckern und Müllern eine eigene Zunftordnung samt Zunftzeichen - mit dem Heiligen Jakob - erstellt.

    Gebraut wurde nach dem Bayerischen Reinheitsgebot. Weizen und Gerste, aber auch der Hopfen stammten einst aus der näheren Umgebung. Letzteres belegt ein Eintrag im Fugger'schen Rentamt aus dem Jahr 1869, als „noch Tausende von gebrauchten Hopfenstangen“ zum Verkauf angeboten wurden. Ein paar Jahre zuvor, 1807, hatte der Fugger'sche Leibarzt Dr. Grueber davon gesprochen, dass „das aus Wasser gebraute ordinäre Bier das Favorit-Getränk der Bevölkerung“ sei. Bisweilen wurde es auch warm und mit Butter und Eiern vermischt den Kindbetterinnen zur Stärkung verabreicht.

    Nach Dieter Spindlers Worten stellte man in der Fuggerbrauerei bis zu deren endgültiger Schließung Bier nach Jahrhunderte alten Rezepten her. Man hat streng auf die Qualität geachtet, wobei Strafen für den "Einsatz von Bierverfälschungsmitteln und Mitteln zur Wiederherstellung von schalem, trübem oder saurem Bier" verhängt wurden. Graf Anselm Maria Fugger ordnete selbst an, dass der Braumeister das Bier verantwortungsbewusst abzugeben hat. In den Brauereihof kamen aber nicht nur Biertrinker als Abholer, sondern auch heimische Landwirte, um den „Abfall des Brauwesens", den Treber, als Tierfutter zu nutzen. Auch in die Babenhauser Gemeindekasse spülte das Bier in vielfältiger Weise Geld - beispielsweise in Form eines Bierpfennigs (1881), einer Biersteuer (1935) oder eines Kriegszuschlags (1939).

    Zunächst wurde das Fuggerbier "über die Gasse" verkauft

    Und wie kühlte man das Bier einst ohne Strom? Dies geschah neben dem gefrorenen Wasser vom Eisgalgen und mit Eis aus dem Fuggerweiher, welches Pferdegespanne mit entsprechenden Stollen unter den Hufen den Berg hinauf gezogen hatten. Nicht nur dies, sondern auch die Auslieferung änderte sich mit der Zeit.

    Wurde früher „über die Gasse verkauft“, kam später ein Heimservice hinzu. Das Fuggerbier legte weite Wege zurück. Wie sich der ehemalige Mitarbeiter Rudolf Dreyer erinnert, wurden nicht nur Getränkemärkte im schwäbischen Raum beliefert. Seine weitesten Fahrten führten ihn nach Moosburg an der Isar, Lahr im Schwarzwald und nicht zuletzt zur Niederlassung im hessischen Idstein - im wahrsten Sinne des Wortes eine Tagesreise.

    Eine Rarität stellt dieses Emailschild aus der Vorkriegszeit dar.
    Eine Rarität stellt dieses Emailschild aus der Vorkriegszeit dar. Foto: Fritz Settele

    Dreyers Name ist zudem aufs Engste mit der Babenhauser Fuggerfußballmannschaft verbunden. Generell fanden sich unter den Arbeitern und Angestellten der Brauerei zuletzt einige hervorragende Fußballer - zum Beispiel auch Stammtorhüter Jürgen „Gige“ Rugel. Ebenso kickten einige „gute Kunden“ mit. Ein Sieg gegen eine Betriebsmannschaft in Coburg ragte heraus. Legendär waren auch die Babenhauser Festwochen mit extra starkem Fuggerbier.

    1980 gab es schlechte Nachrichten für die Fuggerbrauerei Babenhausen

    Gegen Ende der 1970er-Jahre läutete allmählich das Totenglöcklein für die Fuggerbrauerei. Noch am 22. Februar 1980, so der damalige Betriebsratsvorsitzende Paul Gutmann in einem späteren Gespräch mit der IZ, sei ihm seitens der Firmenleitung versichert worden, „dass keinerlei Verkaufsabsichten bestünden“. Bereits am 25. Juli des gleichen Jahres gab es laut Gutmann „eine kalte Dusche", wurde doch bekannt, dass zum Monatswechsel aus Gründen der wirtschaftlich aussichtslosen Lage der Verkauf an die Löwenbrauerei München besiegelt sei.

    Fast unmittelbar danach wurde alles, was an die Fuggerbrauerei erinnerte, beispielsweise Gläser, Krüge und andere Artikel, weitgehend von den „Löwen“ im Brauereihof zertrümmert. Zwar wurde seitens des neuen Besitzers betont, dass sich an der Arbeitslage nichts ändern werde und dass der Brauereibetrieb weiterlaufen solle. Doch dies handelte sich nach den Worten des damaligen Brauers und Mälzers Luis Martin „lediglich um eine Vertröstungsaktion“. Wie richtig er lag, erklärte später der Betriebsratsvorsitzende Gutmann, als „Ende des Jahres die Bombe platzte und er den Betriebsangehörigen am 3. Dezember 1980 reinen Wein einschenken musste.“ Da aber die Belegschaft laut Gutmann zu 100 Prozent organisiert war, konnte zumindest ein solider Sozialplan ausgehandelt werden.

    Das waren noch Zeiten, als ein Bier 1,50 Mark kostete.
    Das waren noch Zeiten, als ein Bier 1,50 Mark kostete. Foto: Fritz Settele

    Bis zuletzt, vor allem in der Brauerei-Endphase, hat unter anderem Siggi Schöpf die Fuggerwirtschaften und Privathaushalte in Babenhausen und der Umgebung mit Fuggerbier beliefert. Als einziger blieb er dem Getränkevertrieb bis heute treu. Nach der Beendigung der Brauereiaktivitäten verdingte er sich noch zwei Jahre bei der Nachfolgefirma, der Löwenbrauerei München. Doch dann war für ihn endgültig Schluss. Kurzzeitig lagerte er Getränke im Fugger'schen Zehentstadel, um in der Folge selbst einen Getränkemarkt in Babenhausen zu bauen.

    Auch Bürgermeister Otto Göppel ist die Zeit des Fuggerbiers im Gedächtnis geblieben, denn dieses wurde in der (Familien-) Wirtschaft „Zum Sportplatz“ über Generationen ausgeschenkt. Derzeit wird ein Teil der früheren Brauerei auf dem Schlossgelände abgerissen, um dort Platz für die geplante "Kita im Schloss" zu machen, die in Kooperation mit der Marktgemeinde und des Hauses Fugger entsteht. Göppel hält diese Entscheidung für absolut richtig - trotz vieler Erinnerungen.

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