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Babenhausen: Junger Eritreer berichtet von seiner dramatischen Flucht

Babenhausen

Junger Eritreer berichtet von seiner dramatischen Flucht

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    Zahlreiche Besucher, darunter Asylbewerber aus Babenhausen und Umgebung, zeigten nicht nur durch aufmerksames Zuhören, sondern auch mit detaillierten Fragen ihr Interesse an der Lesung von Zekarias Kebraeb aus seinem Buch „Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn“.
    Zahlreiche Besucher, darunter Asylbewerber aus Babenhausen und Umgebung, zeigten nicht nur durch aufmerksames Zuhören, sondern auch mit detaillierten Fragen ihr Interesse an der Lesung von Zekarias Kebraeb aus seinem Buch „Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn“. Foto: Claudia Bader

    Schon als Fünfjähriger hat Zekarias Kebraeb von einem besseren Leben geträumt und – wenn er ein Flugzeug gesehen hat – mit den anderen Kindern geschrien: „Bitte, nimm uns mit nach Europa!“ Hinter diesem Wunsch stand die Sehnsucht nach Freiheit, die es in Eritrea nicht gibt. Um dem lebenslangen Militärdienst in seinem Heimatland zu entgehen, ist Kebraeb im Jahr 2002 aus

    Auf Einladung von Adi Hoesle vom Verein „Menschen begegnen Menschen“ (MbM) las der heute in Nürnberg lebende Kebraeb im evangelischen Gemeindehaus in Babenhausen. Mit seiner Lebensgeschichte gab er einen Einblick in die politische Situation und die Lebensbedingungen, die sein Heimatland Eritrea seinen Bewohnern bietet, und die Gründe, die die Menschen in diesem afrikanischen Staat zur Flucht zwingen. Hoesle zeigte sich erfreut über die stattliche Zahl von Besuchern, darunter Asylbewerber aus

    Während die Bevölkerung Eritreas am Hungertuch nage, verschleudere Staatspräsident Isayas Afewerki das Geld für Waffen, beschrieb Kebraeb die Situation in Eritrea. Alle Schulabgänger würden in den Militärdienst eingezogen, die meisten ein Leben lang. Die jungen Leute hätten keine Chance, einen Beruf zu wählen und eine Ausbildung zu absolvieren. „Aus dem einst freien Land am Horn von Afrika ist ein Militärgefängnis geworden“, so Kebraeb. Um diesem zu entkommen, verließen derzeit rund 5000 junge Eritreer jeden Monat ihre Heimat. „Das einzige Entkommen ist die Flucht“, sagte der 31-Jährige. Auch er hat sie im Jahr 2002 gewagt. Mit einem gefälschten Militärausweis und Geld, das ihm sein in Amerika lebender Bruder geschickt hat, ist er im Alter von 17 Jahren in den Sudan geflohen. Dort gelangte er mit Hilfe der katholischen Kirche in die Hauptstadt Khartum. Da in diesem Land keine Flüchtlinge geduldet werden, suchte sich Kebraeb einen Schlepper, der ihn nach Äthiopien brachte. In der libyschen Wüste wäre er beinahe verdurstet. „Ich wollte nur noch sterben, habe mit Gott gehadert und dank meiner Mitflüchtlinge überlebt“, erinnert sich der gläubige Christ. Auch während der 48-stündigen Überquerung des Mittelmeers in einem Schlepperboot sei er dem Tod sehr nahe gewesen. Vor Malta wurde er gerettet und in eine Asylantenunterkunft in Kalabrien gebracht.

    Mit 240 Euro in der Tasche und einer Fahrkarte ist Kebraeb zum ersten Mal in seinem Leben in einen Zug gestiegen und schließlich in Mailand angekommen, wo eine herbe Ernüchterung auf ihn wartete: Als er einen Obdachlosen sah, der im Müll nach Nahrung suchte, konnte er nicht glauben, im vermeintlichen „Paradies Europa“ angekommen zu sein. „Ich hatte weder eine Ahnung von Rassismus und Grenzpolizisten noch von Abschiebung, Gefängnissen, Asylheimen oder Arbeitsverbot“. Nach schlechten Erfahrungen in Italien und der Schweiz zog es den jungen Eritreer nach Skandinavien. Er buchte ein Ticket über Paris und Belgien und wurde ausgerechnet in Deutschland, das er nur im Norden streifen wollte, wegen illegaler Einreise inhaftiert. Es folgte ein langer Kampf mit Ausländerbehörden. „Obwohl ich anfangs gleich wieder weg wollte, bin ich geblieben und seit 2013 Deutscher.“

    Auf Anregung der Journalistin Marianne Moesle schrieb Kebraeb von 2009 bis 2011 die Geschichte seiner Flucht und wurde als Flüchtling anerkannt. „Auf einmal wurde mein Leben anders. Ich wurde zu Talkshows und Lesungen eingeladen“, sagt der Buchautor. Heute arbeitet er bei der Deutschlandstiftung Integration und ist für Frontex, die Europäische Agentur für operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, unterwegs. „Früher war mein Leben noch langweilig, heute ist mein Zeitplan eng“, sagte Kebraeb. Trotzdem stellte er sich anschließend den Fragen der Besucher und nahm sich Zeit zum Signieren seiner Bücher.

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