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Altenstadt: Das Wunderwasser aus Bergenstetten half dem Grafen nicht

Altenstadt

Das Wunderwasser aus Bergenstetten half dem Grafen nicht

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    Zwischen Bergenstetten und Dattenhausen steht die Heilbachkapelle. Ein Graf wollte damit seine Finanzen sanieren.
    Zwischen Bergenstetten und Dattenhausen steht die Heilbachkapelle. Ein Graf wollte damit seine Finanzen sanieren. Foto: Ralph Manhalter

    Ob die Gesundung seiner Untertanen dem Grafen Ferdinand von Limburg-Styrum tatsächlich so am Herzen lag? Immerhin lag die Herrschaft Illereichen, welcher er vorstand, wirtschaftlich am Boden, die Bevölkerung klagte über Ausbeutung und die Gotteshäuser in dem kleinen Territorium befanden sich in einem üblen Zustand. Nun, vielleicht hatte der jüngste Sohn der berühmt-berüchtigten Gräfin Marianne auch das, was heute eine Vision genannt wird: Ein Bad, gespeist mit heilsamen Wasser, mit einer Ausstrahlung weit über die Grenzen der reichsfreien, aber beengten Herrschaft Illereichen hinaus.

    Der Graf von Limburg-Styrum in finanziellen Nöten

    So geschah es im Jahre 1756, übrigens dem Geburtsjahr Mozarts, dass Ferdinand zunächst ohne kirchliche Lizenz eine kleine Kapelle an der Flurgrenze von Bergenstetten gegen Dattenhausen errichten ließ. Damit schien aber auch schon das Ende der weitläufigen Pläne erreicht. Die enorme Verschuldung des Limburg-Styrumschen Ländchens bedrängte den Grafen, das gesamte Territorium zu veräußern. Interessenten gab es zuhauf, dennoch konnte Fredinand, wenn auch unter Auflagen, das Gebiet noch einige Jahre halten, bis Illereichen schließlich 1772 an den Reichsgrafen Karl Josef von Palm veräußert wurde.

    Wenn auch die Badegäste ausblieben, sollte sich die kleine Kapelle dennoch zu einem Anziehungspunkt der besonderen Art entwickeln. Der namesgebende Heilbach wurde nämlich durch die Kapelle geführt, wo er durch Röhren geleitet, von hinten durch die Wundmale Christi hervorquoll. Davor befand sich ein Brunnenbecken, das zur Aufnahme des nun von vielen als wundertätig angesehenen Wassers diente. So verwundert es kaum, dass tiefgläubige Menschen begannen, zur Kapelle zu pilgern.

    Die Bergenstetter hängen an ihrer Kapelle

    Auf Drängen des damaligen Pfarrers von Illereichen, Johann Heinrich von Golling, wurde die Wallfahrt um 1782 verboten, wie Edeltraut Göttinger in einem Aufsatz über die Heilbachkapelle zu berichten weiß. Später, so heißt es darin weiter, sei das Gotteshaus in den Besitz von Kaspar Nägele übergegangen, welcher es 1860 abreißen und an einer anderen Stelle neu errichten lassen wollte. Die Einwohner waren offenbar von diesen Plänen alles andere als begeistert, legten sich schwer ins Zeug und finanzierten sowie besorgten einen Neubau am alten Platz. Im Stil der Zeit entschieden sich die fleißigen Bürgerinnen und Bürger für eine Kapelle im neugotischen Stil.

    Früher floss der Heilbach durch die Kapelle, heute wird er daran vorbei geleitet.
    Früher floss der Heilbach durch die Kapelle, heute wird er daran vorbei geleitet. Foto: Ralph Manhalter

    Als im Rahmen des Straßenbaus im Jahr 1970 der Baugrund zu versumpfen und gar der Giebel einzustürzen drohte, entschloss sich der Bergenstetter Franz Kolb, zwischenzeitlich Besitzer der Kapelle, das Bauwerk zu sichern und eine umfassende Restaurierung vorzunehmen. Wie auf einer Gedenktafel im Vorraum der Kapelle zu vernehmen ist, erfolgte diese Maßnahme durch die Altenstadter Firma Josef Müller, wobei die Skulptur vom Illertisser Maler Albert Vogt und die Deckengemälde von Wilfried Bernegger aus Lechbruck fachgerecht restauriert wurden. Besagte Inschrift weist dann noch auf eine ehemalige Hofstelle hin, welche sich einst, lange vor Graf Ferdinands Visionen, an dieser Stelle befunden haben soll.

    Bergenstetten: Stand dort einst ein Siechenhaus?

    Hierzu passt möglicherweise eine Sage, wonach am heutigen Platz der Kapelle vormals ein Haus für unheilbar Kranke gelegen hätte. Ab und an wären mitleidige Bewohner der umliegenden Dörfer vorbeigekommen um den Siechenden etwas Essen und Trinken zu bringen. Um sich nicht der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen, wurden Nahrung und Getränk mit langen Stecken durch eine Öffnung an der Wand gereicht.

    Siechenhäuser lagen stets am Rande einer Siedlung, eine Unterbringung Schwerstkranker auf dem freien Feld erscheint jedoch eher unwahrscheinlich. Die einst als wundertätig erachtete Figur des Auferstandenen bekam nach dem Unterbinden der Wallfahrtstätigkeiten im Rahmen der Aufklärung neue Hände verpasst. Das zuvor dadurch sprudelnde Wasser wird heute in einem Rinnsal an der Kapelle vorbeigeleitet. Allein der Name „Badhauser Wald“ mag noch an die einst hochfliegenden Pläne des Grafen Ferdinand erinnern.

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