In der Vielzahl der Gebirgsflüsse, die der Donau entgegenströmen, ist die Iller ein besonderes Juwel. Sie prägt mit ihrer Wasserkraft Landschaften, Städte und Gemeinden, gibt ihnen ein unverwechselbares Gesicht. Aber der Fluss hat auch seine Launen. Bei Hochwasser war er jahrelang unberechenbar. Wasserfluten verwüsteten Äcker und Felder und machten auch vor den Siedlungen nicht halt. Ein Lied davon können die Bewohner von Illerzell singen.
Erinnert sei an das verheerende Hochwasser von 1999. Schutz vor der unberechenbaren Iller lautete das Gebot der Stunde. Dafür wurde viel Geld investiert. Aber man wollte auch berücksichtigen, dass die Iller wieder zu einem lebendigen naturnahen Fluss werden sollte mit Laichplätzen für Fische und mehr Lebensraum für ufernahe Vegetation. Das soll mit dem Projekt „Agile Iller“ erreicht werden, das nach längerem Vorlauf 2017 auf den Weg gebracht wurde. Dafür haben der Freistaat Bayern und das Land Baden-Württemberg, die das Projekt gemeinsam tragen, 70 Millionen Euro bereitgestellt.
Hochwassersituation an der Iller wird sich nicht verschlechtern
Die Planungen sehen 59 Umbaumaßnahmen vor. So werden Fische wieder die Iller hinauf wandern können und es werden neue Seitenarme geschaffen. Aber genau das löst bei den Illerzeller Bewohnern Befürchtungen aus. Doch dazu sagt der Projektleiter Agile Iller vom Wasserwirtschaftamt Kempten, Jonas Meinzer, „die Seitenarme werden durch Ein- und Auslassbauwerke im Hochwasserfall von der Iller abgeriegelt. Es befindet sich dann kein Abfluss in diesen Bereichen. Die Hochwassersituation wird definitiv nicht verschlechtert. Dies ist stets Bedingung bei unseren wasserbaulichen Vorhaben.“ Die Iller, so Meinzer, ist durch die Vielzahl der Querbauwerke geprägt von Staubereichen. Diese fehlende Dynamik soll in den Seitengewässern wiederhergestellt werden. Diese bieten nämlich verloren gegangene Lebensräume und Rückzugsorte für Fische bei Hochwasser.
Die Iller als Wasserautobahn
„Vereinfacht kann gesagt werden, je mehr Vielfalt in der Gewässerstruktur, desto mehr Artenvielfalt erreichen wir. Im jetzigen Zustand stellt die Iller eine sehr monotone Wasserautobahn dar.“ Das ursprünglich natürliche Gefälle wird als Folge der Illerbegradigung zu großen Teilen durch die errichteten Querbauwerke abgebaut. So entstanden Flussabschnitte mit niedrigem Gefälle und damit gingen die voralpinen Fließgewässereigenschaften verloren. Durch den Bau von Seitenarmen, so Meinzer, wird versucht einen erweiterten Fließgewässer-Lebensraum mit natürlichen Sohllagen und Funktionen als Lebensraum zu schaffen. „Das ermöglicht eine Annäherung an den verzweigten Gewässerlauf mit seinen zahlreichen Nebenrinnen“, erklärt Meinzer.
Oberste Priorität bei dem Projekt Agile Iller hat aber die Herstellung der Ökologischen Durchgängigkeit – sprich der Umbau der Querbauwerke in Rampen. „Dies wird drei bis vier Jahre dauern“, sagt Jonas Meinzer und erklärt am Abschnitt bei Illerzell: "Die Seitengewässer werden dann im nachfolgenden Schritt geplant und hergestellt. Eine Umsetzung wird daher wahrscheinlich nicht in den nächsten fünf Jahren erfolgen. Da müssen wir uns noch ein wenig gedulden.“
Iller Renaturierung: Unklar, ob zehn Jahre wirklich reichen
Das Gesamt-Projekt Agile Iller soll in einem Zeitraum von zehn Jahren verwirklicht werden, aber ob dieser Termin eingehalten werden kann, sei nicht sicher, meint Gunther Wölfle vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth. „Ursprünglich gingen wir davon aus, die Maßnahmen innerhalb von zehn Jahren umzusetzen. Ob dies aufgrund langwieriger Planungsabläufe und Verfahren gelingt, bleibt abzuwarten.“ Wölfle weist darauf hin, dass die Iller-Renaturierung im Bereich Vöhringen mit den bereits abgeschlossenen und sichtbaren Maßnahmen schon vor 2017 begonnen wurde, also bevor das Projekt Agile Iller startete. „Aus Konformitätsgründen wurde dieses Stück der Renaturierung in das Gesamtprojekt Agile Iller integriert“, erklärt Wölfle. Freunde des Flusses wissen dies zu schätzen. Denn bei Niedrigwasser bietet sich großen und kleinen Leuten ein wunderschönes Naherholungsgebiet.
Die Europäische Union hat Wasserrichtlinien erlassen, nach denen der Durchgängigkeit eines Flusses oberste Priorität einzuräumen ist. Darauf weist Meinzer hin. So finden Fische erneut ihren Lebensraum und die Artenvielfalt nimmt wieder zu. Ziel ist es, der Iller dadurch zu einem befriedigenden Zustand zu verhelfen. Auch Uferbereiche werden neu gestaltet. Meinzer: „Eine agile Iller schafft mit neuen Zugängen wieder ein Naturerlebnis, so kann man lernen den Fluss zu begreifen und zu erleben.“
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