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Hohe Strompreise: Wie die Energiekonzerne in der Krise ungestört Kasse machen

Hohe Strompreise

Wie die Energiekonzerne in der Krise ungestört Kasse machen

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    RWE-Braunkohlekraftwerk Neurath: Normalen Gewinn laut Branchenexperten verzehnfacht.
    RWE-Braunkohlekraftwerk Neurath: Normalen Gewinn laut Branchenexperten verzehnfacht. Foto:  Oliver Berg, dpa

    Die Energiekrise hat den Energiekonzernen nicht geschadet. Im Gegenteil, die explodierenden Strompreise haben den Energieriesen gewaltige Gewinne beschert: Der Konzern RWE, der in Nordrhein-Westfalen große Braunkohlekraftwerke samt Tagebau betreibt, steigerte einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen im Vergleich zum Vorkriegsjahr 2021 um mehr als 70 Prozent auf über sechs Milliarden Euro. Deutschlands größter Energiekonzern Eon kam sogar auf acht Milliarden Euro und Vattenfall steigerte international sein bereinigtes Ergebnis um 20 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro.

    Ab 40 Cent überweist der Staat den Versorgern Geld

    Der explodierende Gaspreis infolge des Ukraine-Kriegs und des Lieferstopps aus Russland hat durch die Preismechanismen im Stromgroßhandel auch die Einnahmen der Erzeuger von Kohlestrom und den erneuerbaren Energien gewaltig mit nach oben gezogen. Zudem erhöhten zahlreiche Versorger zum Jahreswechsel ihre Preise teils um mehr das Doppelte. Ab 40 Cent springt der Bund mit der Strompreisbremse ein: Für 80 Prozent der Summe des Verbrauchs vom Vorjahr überweist er den Versorgern alles, was die 40 Cent übersteigt. 

    Auch wenn angesichts der sinkenden Börsenpreise die allein für den Strompreisdeckel für dieses Jahr eingeplanten 43 Milliarden Euro deutlich geringer ausfallen werden, reißen die Energiehilfen ein gewaltiges Loch in die Staatskasse. Insgesamt 200 Milliarden hat der Bund für den sogenannten „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ reserviert. 

    Energieerzeuger sitzen auf Milliardengewinnen

    Eigentlich hatte die Bundesregierung vergangenes Jahr versprochen, die Energieerzeuger angesichts deren hoher Sondergewinne mit in die Pflicht bei der Finanzierung der Energiepreisbremsen zu nehmen. Allein die Betreiber der Wind- und Photovoltaik-Anlagen haben 2022 nach Branchenschätzungen neun Milliarden Euro mehr Gewinn gemacht, weil sie ähnlich hoch entlohnt wurden wie Gaskraftwerksbetreiber. 

    In Summe noch viel höher dürften die Sondergewinne der Kohlekraftwerksbetreiber ausgefallen sein.. „Sie haben im Jahr 2022 tatsächlich das Zehnfache ihres normalen Gewinnes in den Vorjahren gemacht", sagte kürzlich der Energieexperte Tobias Federico des Branchenberatungsunternehmen Energy Brainpool jüngst dem ZDF-Magazin Frontal.

    Lange wurde deshalb vergangenes Jahr über eine sogenannte „Übergewinnsteuer“ diskutiert. Sie fand in der Ampel vor allem bei SPD und Grünen Unterstützung, stieß bei der FDP jedoch auf Ablehnung. Am Ende einigte sich die Koalition auf eine „Abschöpfung von Zufallsgewinnen“. Inzwischen ist jedoch klar, dass der Staat dabei wenig Geld zurückbekommt: Energieexperte Federico erwartet, dass Kohlekraftwerksbetreiber maximal 1,8 Milliarden Euro von ihren Gewinnen abtreten müssen und das nur für 2023 und nicht das Boomjahr 2022: „Davon wird nichts abgeschöpft, weil das Gesetz da noch nicht galt“, sagte Federico. „Wir haben aber tatsächlich jetzt, im Jahr 2023, die Erwartung, dass die Kraftwerksbetreiber noch mal etwa das Siebenfache ihres üblichen Gewinnes machen werden."

    Habeck lässt Regelung zur „Abschöpfung von Zufallsgewinnen“ auslaufen

    Von Wind- und Solarenergieerzeugern würden nach Schätzung des Erneuerbare-Energie-Verbands 250 Millionen Euro dazukommen, sodass die „Abschöpfung von Zufallsgewinnen“ im besten Fall auf etwas über zwei Milliarden Euro kommen könnte. Allerdings hat Wirtschaftsminister Habeck bereits im März erklärt, dass die Regelung kaum noch wirke und eigentlich überflüssig sei: "Jetzt im Moment ist gar nichts mehr abzuschöpfen, da sich die Märkte schon wieder beruhigt haben", sagte der Grünen-Politiker damals. "Ein bürokratisches Instrument, das keinen Effekt mehr hat, brauchen wir auch nicht mehr. Deswegen können wir es meiner Ansicht nach Mitte des Jahres auslaufen lassen."

    Der Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch, der schon vergangenes Jahr vor Konstruktionsfehler der Energiepreisbremsen und der Gewinnabschöpfung gewarnt hatte, sieht sich bestätigt: „Es ist ein doppelter Offenbarungseid des Wirtschaftsministers“, kritisiert er. „Die Abschöpfung der angeblichen Zufallsgewinne, die nicht zufällig, sondern kühl kalkuliert entstehen, fallen mutmaßlich deutlich geringer aus als versprochen. Gleichzeitig unternimmt die Bundesregierung nichts gegen die Preistreiberei der Energiekonzerne.“ Die Menschen würden im Regen stehen gelassen. 

    Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch fordert Stromkosten-Senkungsplan

    "Wir haben in Deutschland für private Verbraucher und Unternehmen deutlich zu hohe Energiekosten“, kritisiert Bartsch. Die vom Markt und den Börsenpreisen weitgehend entkoppelten Energiepreise überforderten Familien und Industrie gleichermaßen. „Wir brauchen einen beherzten Stromkosten-Senkungsplan der Bundesregierung für das gesamte Land“, fordert der Linke. „Ausschließlich über den Industriestrompreis zu diskutieren, reicht nicht aus. Es muss gehandelt werden.“

    Die Energiepreise in Deutschland sanken zuletzt. Nun wurden jedoch die letzten Atommeiler außer Betrieb genommen. Was bedeutet das für die Entwicklung?

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