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Wettenhausen: Hermann Hutter kritisiert die Wirtschaftspolitik der Ampel scharf

Wettenhausen

Hermann Hutter kritisiert die Wirtschaftspolitik der Ampel scharf

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    Zum Johannisempfang der Günzburger IHK-Regionalversammlung im Kaisersaal des Klosters Wettenhausen waren etwa 250 Gäste geladen.
    Zum Johannisempfang der Günzburger IHK-Regionalversammlung im Kaisersaal des Klosters Wettenhausen waren etwa 250 Gäste geladen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Die "Zutaten" haben sich bewährt: Man nehme ein altehrwürdiges Gebäude, lade Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ein, engagiere einen Vortragsredner, der auch etwas zu sagen hat – fertig ist der Johannisempfang der Günzburger Regionalversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK). Ob während des sich anschließenden lockeren Austauschs im Kreuzgang und im Innenhof des Klosters Wettenhausen Geschäfte angebahnt wurden, ist nicht bekannt. Jedenfalls war ausreichend Gelegenheit, sich als Unternehmer zu vergewissern, dass es anderen derzeit auch nicht besser geht als einem selbst. 

    Hermann Hutter sparte nicht mit Kritik an der aktuellen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.
    Hermann Hutter sparte nicht mit Kritik an der aktuellen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Foto: Bernhard Weizenegger

    "Wir stehen vor großen disruptiven Herausforderungen", kam Hermann Hutter in seiner Ansprache vor 250 geladenen Gästen im Kaisersaal des Klosters gleich auf den Punkt. "Disruptiv" bedeutet "tiefgreifend", "einschneidend". Unter "Wir" versteht der Vorsitzende der Regionalversammlung die Gesellschaft ganz allgemein und die Wirtschaft in der Region im Besonderen. 

    Hutter: Die Politik hört unsere Sorgen nicht

    Mit der aktuellen deutschen Wirtschaftspolitik ging Hutter hart ins Gericht. Es sei eine Politik, "die meines Erachtens oft nicht zuhört". Dies äußere sich unter anderem darin, dass zu wenig Verständnis und Gespür vorhanden sei, zu erkennen, dass die Betriebe "unter einer überbordenden Bürokratie, hohen Steuern und immer neuen Gesetzen" litten. Zu den jüngsten zählt das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, das großen Firmen mit 3000 und mehr Mitarbeitenden auferlegt, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten innerhalb der Lieferketten sicherzustellen. Für Hutter ist klar, dass die Großen etwa von ihren Zulieferern dies ebenso verlangen werden. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung habe diesen Umstand als "Sargnagel für den kleinen Mittelstand" bezeichnet, zitierte Hermann Hutter. Das alles bringe die Standortdebatte richtig in Fahrt. "Wer will noch in Deutschland investieren?", fragte der Regionalversammlungsvorsitzende. 

    Wettenhauser Stuhlnachbarn mit augenscheinlich guter Laune: der fraktionslose Landtagsabgeordnete Alfred Sauter (links) und Günzburgs OB Gerhard Jauernig.
    Wettenhauser Stuhlnachbarn mit augenscheinlich guter Laune: der fraktionslose Landtagsabgeordnete Alfred Sauter (links) und Günzburgs OB Gerhard Jauernig. Foto: Bernhard Weizenegger

    Eine Schieflage erkennt er auch zwischen Großindustrien und mittelständischen Wirtschaftsunternehmen. Als Beispiel nannte er die beabsichtige Ansiedlung des Chip-Giganten Intel bei Magdeburg, die Wirtschaftsminister Robert Habeck mit einer Förderung in Höhe von 9,9 Milliarden Euro versüßen wolle. Und dann sieht der Günzburger Geschäftsmann, der unter anderem für einen Spieleverlag verantwortlich ist, viele kleine Firmen, die einen Teil ihrer Corona-Soforthilfe aus verschiedensten Gründen zurückzahlen sollen. Da passt etwas für Hutter nicht. 

    Bezahlbarer Wohnraum und Arbeitskräfte fehlen

    Fehlender bezahlbarer Wohnraum und ein dauerhafter Arbeitskräftemangel, eine zu geringe Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt seien weitere negative Faktoren. Dazu komme ein "mit wesentlichen Fehlern behaftetes Heizungsgesetz", das die Ampelkoalition nun unbedingt auf den Weg bringen wolle. Dies zeige nur: "Hier wird Politik mit der Brechstange gemacht." All diese Rahmenbedingungen belasten aus Sicht des Vorsitzenden der IHK-Regionalversammlung den Wirtschaftsstandort Deutschland. "Das deutsche Erfolgsmodell ist in Gefahr", sagte Hutter. 

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    Beim Johannisempfang im Koster Wettenhausen sprach Prof. Dr. Volker Busch über Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz und menschliche Stärken.

    Dass er nach eigenen Worten positiver aus dem Abend geht, als er hineingegangen ist, das sei ein Verdienst von Prof. Dr. Volker Busch. Der ist Facharzt für Neurologie sowie Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg. Leidenschaftlich befasst er sich als Autor und Vortragredner mit Geist und Gehirn. In Wettenhausen beschäftigte sich Busch mit der Frage, ob nun der Kopf, der Bauch oder der Algorithmus in Zukunft die (besseren) Entscheidungen trifft. 

    Künstliche Intelligenz: Wie Mensch und Maschine Partner werden können

    Mit der richtigen Prise Humor und dem Grundgedanken, nicht missionarisch auftreten und künstliche Intelligenz (KI) verteufeln zu wollen, zog er die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich. Busch sieht die Möglichkeit, wenn die Rollenverteilungen wohlverstanden sind und entsprechend gehandelt wird, dass Mensch und Maschine zu Partnern werden können, die sich gegenseitig ergänzten. Dabei dürfe man sich nicht blindlings in die Arme der KI werfen. Sonst sieht das so aus: Ungeprüfte Informationen aus dem Netz würden gesucht, genutzt und zu etwas Neuem verbunden, das wiederum in Netz publiziert werde. Wenn's dumm läuft, sei das nichts anderes als eine "Vervielfältigung von Blödsinn". 

    Der Vortrag von Prof. Volker Busch hatte nicht zum Ziel – wie mit diesem Anfangsbild suggeriert – sich für die Maschine oder den Menschen zu entscheiden. Vielmehr geht es ihm um ein wohlverstandenes Miteinander von Mensch und Maschine.
    Der Vortrag von Prof. Volker Busch hatte nicht zum Ziel – wie mit diesem Anfangsbild suggeriert – sich für die Maschine oder den Menschen zu entscheiden. Vielmehr geht es ihm um ein wohlverstandenes Miteinander von Mensch und Maschine. Foto: Bernhard Weizenegger

    Der Wissenschaftler sprach von "Informationsinzest", da die Information es mit sich selbst treibe und "kein Korrektiv da ist". Ein Beispiel aus seiner Studentengruppe illustrierte, wozu bedingungslose Technikgläubigkeit führe. Busch bat die Studierenden, ihm zu sagen, wie das Wetter in der nächsten halben Stunde werde. Alle senkten den Kopf und bedienten auf dem Smartphone eine entsprechende App. Niemand ist auf die Idee gekommen, sich seines Verstandes zu bedienen, den Blick zu heben und den Himmel zu betrachten. 

    Hirnforscher: Informationen sind nicht mit Wissen gleichzusetzen

    Busch sieht die Maschinen im Vorteil, Muster zu erkennen und den großen Überblick zu haben. Das aber habe weder etwas mit Denken noch mit Erfahrungen zu tun. "Die KI besitzt dies nicht." Eine Unmenge an Informationen sei keinesfalls gleichzusetzen mit Wissen. Das werde erst in einer Kombination von Information und Erfahrung produziert. 

    Passend zum Vortrag präsentierte der Burgauer Musikproduzent Hermann Skibbe ein Stück ("You Got Me"), das nach bestimmten Vorgaben und mithilfe Künstlicher Intelligenz entstanden ist. Ein Stück Experimentalmusik (Gesang: Alexandra Jörg, Klavier: Dominik Wiedenmann, Gitarre:

    Kreislaufschwäche im Kaisersaal

    Am Dienstagabend wurde nicht nur der Redner, sondern auch der Arzt Busch benötigt. Der stürmte kurz vor Ende seines Vortrages von der Bühne, nachdem er gebeten worden war, jemandem im hinteren Bereich des Kaisersaals zu helfen. Die Kreislaufschwäche war zum Glück schnell überwunden. 

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