Bis die ersten Bagger rollen und die Bauarbeiten für die neue ICE-Strecke Ulm-Augsburg beginnen, kann es noch Jahre dauern. Doch was feststeht: Bis 2024 soll eine Vorzugsvariante entwickelt werden, über die am Ende das Parlament abstimmen muss. Auch wenn es noch Monate hin sind, scheint es so, als würde sich langsam eine Art Vorzugstrasse herauskristallisieren. Diese könnte vor allem im Kreis Günzburg für Widerstand sorgen. Nicht nur bei den Anliegern, sondern vor allem im Bereich des Natur- und Umweltschutzes.
Vier Trassenvarianten stehen für die ICE-Strecke zur Auswahl. Jetzt hat sich der Regionalverband Donau – Iller für eine Strecke positioniert. In einer Sitzung vergangene Woche haben sich die Mitglieder des Verbands einstimmig für die Trassenvariante "violett" ausgesprochen. Stimmberechtigt waren 19 Personen. Wie Verbandsdirektor Markus Riethe auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt, hat es keine Diskussionen gegeben. Dass es sich zwischen den Varianten, die weitestgehend parallel zur Autobahn verlaufen, entscheiden werde, sei "wirklich keine Überraschung". Demnach heißt es in der Vorlage des Verbands, die violette Strecke werde "nachdrücklich unterstützt". Weiter steht darin: "Als Alternative mit etwas höheren raumordnerischen Konflikten wird Variante orange unterstützt. Die Trassenvarianten türkis und blau-grün werden aufgrund ihres im Vergleich höheren Konfliktpotenzials in der Region nicht befürwortet."
Für die violettfarbene Variante mit der Option "an Bestandsstrecke" würden sich "unter regionalplanerischen Aspekten die geringsten Konflikte" und die "unerheblichste Flächenneuzerschneidung" ergeben. Diese Trasse hat die längste Fahrstrecke mit einer geplanten Fahrzeit von 26 Minuten, über Günzburg dauert es 40 Minuten. Zum Vergleich: Auf der schnellsten Variante (türkis) sind es 23 Minuten.
Konfliktpotenzial birgt die lila Trasse im Kreis Günzburg
Die Trasse violett weist zwei verschiedene Trassierungsvorschläge auf, die sich im Bereich um Burlafingen unterscheiden. Die Option "an der Bestandsstrecke" führt von Offenhausen bis nach Nersingen entlang der bestehenden Strecke. Die Option "Burlafingen" zweigt bei Offenhausen von der Bestandsstrecke Richtung Osten ab und läuft bis zur B10. Nordöstlich der AS Nersingen treffen beide Optionen wieder zusammen und verlaufen weiter entlang der A8. Dabei hat die Burlafinger Variante die größeren Beeinträchtigungen für Natur und Landschaft.
Vor allem im Bereich zwischen Unterfahlheim und Leipheim gibt es großes Konfliktpotenzial. Hier überlagern sich ein Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet, FFH-Gebiet, Ramsargebiet und ein geplantes Vorranggebiet für Naturschutz- und Landschaftspflege. Auch das erwähnt der Regionalverband in seinen Unterlagen. Dennoch dürften laut dessen Angaben Landwirtschaft als auch Wälder vergleichsweise weniger beansprucht werden als bei den anderen Varianten. "Egal, wie man sich am Ende entscheidet, es wird bei solchen Projekten immer negativ Betroffene geben", sagt Riethe.
Bahnstrecke Ulm–Augsburg: Bundestag soll 2025 über Vorzugstrasse entscheiden
Welche Entscheidungskraft die Position des Regionalverbandes Donau-Iller hat, wird sich spätestens im Bundestag zeigen. "Für die Raumverträglichkeitsprüfung spielt unsere Festlegung eine wichtige Rolle", so der Verbandsdirektor. Auch Landrat Hans Reichhart war als Verbandsvorsitzender an dem Entschluss beteiligt. Neben Reichhart waren aus dem Kreis Günzburg die Bürgermeister Tobias Bühler (Gundremmingen) sowie Robert Strobel (Ichenhausen) und Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig unter den Stimmberechtigten. Wer ebenfalls für diesen Entschluss gestimmt hat: Bundestagsabgeordneter Alexander Engelhard (CSU).
Und auf der Gegenseite? Neben Leipheim haben sich einst auch Burgau, Jettingen-Scheppach und Bubesheim gegen die lilafarbene Trasse ausgesprochen. Vor allem die Natur- und Landschaftsschutzgebiete, wie das Wasserschutzgebiet bei Bubesheim, wären von dieser Strecke betroffen. Vor einigen Monaten äußerte sich Bubesheims Bürgermeister Gerhard Sobczyk zur violetten Trasse in einer Bürgerversammlung: "Ich bin Techniker und Realist und meine deshalb, dass wir die Trasse nicht verhindern können. Die 50 Kilometer zwischen Paris und Budapest sind ein Klacks auf diese lange Strecke gesehen. Dieser Kelch geht an Bubesheim nicht vorüber."
Wie geht es jetzt weiter? Ende Februar 2023 reichte die Deutsche Bahn alle erforderlichen Unterlagen zur Einleitung des Raumordnungsverfahrens bei der Regierung von Schwaben ein. Diese prüft nun die Unterlagen auf Vollständigkeit und leitet im Anschluss das Verfahren ein. Die Geschäftsstelle des Regionalverbandes Donau – Iller rechnet mit Beginn des Verfahrens im April 2023.