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Fußball: Schiedsrichter-Obmann Thomas Müller: „Die Message ist, dass wir ein geiles Hobby bieten“

Fußball

Schiedsrichter-Obmann Thomas Müller: „Die Message ist, dass wir ein geiles Hobby bieten“

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    Thomas Müller aus Thannhausen ist Schiedsrichter-Obmann der Gruppe West. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt, neue Unparteiische für die Zukunft des Amateurfußballs zu gewinnen.
    Thomas Müller aus Thannhausen ist Schiedsrichter-Obmann der Gruppe West. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt, neue Unparteiische für die Zukunft des Amateurfußballs zu gewinnen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Seit einem Jahr sind Sie nun Obmann der Schiedsrichtergruppe West im Fußball-Bezirk Schwaben. Die ersten Monate Ihrer Tätigkeit überlagerte noch die Corona-Pandemie als allgegenwärtiges Hauptthema, inzwischen ist Amateurfußball aber längst wieder Alltagsgeschäft. Was hatten Sie sich vorgenommen – und wie läuft’s bisher, Herr Müller?

    Thomas Müller: Ich hatte ja zuvor schon in verschiedenen Verbänden gearbeitet und war auch im Ausschuss der Gruppe West tätig gewesen, als Robert Zeller noch Obmann war. Als mich die Kollegen dann fragten, ob ich mir zutrauen würde, mehr Jugend und neue Ansätze ins Schiedsrichterwesen zu bringen, war meine Entscheidung klar. Auch, weil ich das Vertrauen der ganzen Gruppe spürte. Nun möchte ich einen Schritt weitergehen, damit wir uns verändern.

    Und das bedeutet konkret?

    Es geht unter anderem um Social Media und die Außendarstellung der Gruppe, vielleicht auch darum, gerade für die jungen Schiedsrichter ein anderer Typ Ansprechpartner zu sein. Einer, der altersmäßig nicht zu weit weg ist von ihnen. Gleichzeitig möchte ich mich natürlich um die älteren Kameraden kümmern, Traditionen weiterleben und ein bisschen auffrischen.

    Wie viele Spiele ungefähr leitet denn ein Schiedsrichter in der Gruppe West pro Jahr?

    Müller: Es ist nicht ungewöhnlich, dass Schiedsrichter 70 bis 100 Spiele in einem Jahr haben. Im Durchschnitt dürften es so 30 bis 40 sein. Rekordhalter unter den Aktiven ist übrigens Anton Höfner mit mehr als 3000 Spielen.

    Nur etwa 35 Kernschiedsrichter im Landkreis Günzburg

    Und wie viele Schiedsrichter gibt es in der Gruppe?

    Müller: Aktuell 138, von denen jedoch 48 passiv, also nicht mehr im Einsatz sind. Kernschiedsrichter besitzen wir circa 35. Auf die können wir bauen. Allerdings stagniert die Entwicklung. Unsere älteren Kollegen sind uns treu, aber der Nachwuchs fehlt. Wir hoffen, mit unserem nun anstehenden Neulingskurs neue Kollegen zu gewinnen.

    Wann und wo findet dieser Kurs statt?

    Müller: Vom 2. bis 4. Dezember 2022 im Vereinsheim des TSV Burgau. Erfreulicher Weise liegen uns schon 19 Anmeldungen vor. Es kann aber noch jeder Interessent vorbeikommen oder sich vorab anmelden – per Mail an t.mueller@bfv-schwaben.de oder über unsere Social Media-Kanäle.

    Und ein Schiedsrichter-Frischling steht hinterher nicht allein da, wenn er oder sie nach dem Neulingskurs dabei bleiben will?

    Müller: Wir versuchen, von Anfang an nah bei den Interessenten zu sein. Auch nach Ablegen der Prüfung werden sie bei uns von erfahrenen Schiedsrichtern über die ersten Spiele betreut. Wir haben dafür unter anderem eine Fördergruppe, da ist der Altersdurchschnitt etwa 17, 18 Jahre.

    Für die B-Klassen fehlt das Personal

    Nicht nur im Landkreis Günzburg gibt es an der Basis weit mehr Begegnungen als Unparteiische. Es soll schon Wochenenden gegeben haben, an denen kein einziges Spiel der B-Klassen besetzt werden konnte. Ist das korrekt?

    Müller: Das passiert aktuell sogar regelmäßig. Für die B-Klassen fehlt uns einfach das Personal. Es gibt nicht genügend Schiedsrichter und nicht jeder Schiedsrichter will jedes Wochenende pfeifen. Dafür ist es ja ein Hobby. Wir versuchen aber unverdrossen, aufstiegsberechtigte Mannschaften – auch in der Jugend – zu besetzen.

    Bei den ganz Kleinen bis hinauf zur E-Jugend soll es nun ganz ohne Unparteiische funktionieren. Ist das ein Modell mit Zukunft oder ein frommer Wunsch?

    Müller: Im Grunde finde ich das spannend. Mal sehen, wie die Kinder untereinander klarkommen, wenn sie das fair regeln sollen.

    Aggressionen und Beleidigungen

    Ende Oktober 2022 ist ein junger Schiedsrichter bei einem Kreisklasse-Spiel in Konzenberg derart massiv bedrängt worden, dass er sich nur mit der Entscheidung zum Abbruch zu helfen wusste.

    Müller: Das war in dieser Ausprägung der erste Fall seit langer Zeit und es ist auf jeden Fall positiv, dass so etwas sehr selten vorkommt. Ob das ein junger oder ein erfahrener Schiri war, ist in diesem Fall auch egal. Wichtiger ist aus meiner Warte zu betonen, dass es nicht immer nur körperliche Gewalt ist, die sich verheerend auswirkt. Was bei uns viel eher an der Tagesordnung ist, sind verbale Aggressionen, Beleidigungen, Diskriminierungen. Da muss man was tun, damit die Jungs und Mädels alle weiterhin mit Spaß ihrem Hobby nachgehen können.

    Gibt es auf den Fußballplätzen im Landkreis Günzburg ein grundsätzliches Gewalt- oder Fremdenfeindlichkeitsproblem?

    Müller: Das kann ich ganz klar verneinen. Wir haben einige Schiedsrichter mit Migrationshintergrund, die hoch angesehen sind in der Region. Ich selbst bin seit 22 Jahren Schiedsrichter und hatte noch nie ein Problem mit türkischen, russischen oder anderen Mannschaften mit Migrationshintergrund. Es ist eher so, dass man auch über die sozialen Medien viel Negatives aus ganz Deutschland mitbekommt. Das projizieren die Leute dann auf unsere Gegend. Es ist aber wirklich nicht die große Masse und speziell im Kreis Günzburg eigentlich kein Thema. Wir haben vielmehr ein sehr gutes, freundschaftliches Verhältnis zu den Vereinen, pflegen einen offenen Dialog mit ihnen.

    Abbruch, sobald sich ein Schiedsrichter bedroht fühlt

    Losgelöst vom konkreten Fall in Konzenberg: Wann sollte ein Unparteiischer ein Spiel abbrechen?

    Müller: Sobald sich der Schiedsrichter bedroht fühlt, ist die Grenze erreicht, dass er seinem Hobby nicht mehr nachgehen muss und auch nicht soll. Falls ein Schiedsrichter gar körperlich angegangen wird und dann das Spiel trotzdem weiterführt, ist das sogar das falsche Signal.

    Äußerte sich im Umfeld des Spielabbruchs in Konzenberg besorgt um die Zukunft des Schiedsrichterwesens: Stefan Spahn (SG Kammeltal).
    Äußerte sich im Umfeld des Spielabbruchs in Konzenberg besorgt um die Zukunft des Schiedsrichterwesens: Stefan Spahn (SG Kammeltal). Foto: Ernst Mayer (Archivbild)

    Besorgte Freunde des heimischen Fußballs, unter anderem Balthasar Zahler (SV Röfingen) und Stefan Spahn (SG Kammeltal), äußerten sich im Umfeld des benannten Ereignisses besorgt um die Zukunft des Schiedsrichterwesens. Ereignisse wie diese wirken sich kaum werbend für den Job des Unparteiischen aus, argumentieren sie.

    Müller: Das ist ein ganz großes Thema bei uns und deshalb müssen wir trotz einiger negativer Einzelfälle immer wieder die positiven Aspekte in den Vordergrund rücken. Die klare Message in den vergangenen Jahren war und ist, dass wir ein geiles Hobby bieten, dass ich als Schiedsrichter tolle Menschen kennenlernen und mich in meiner Persönlichkeit weiterbilden kann. Außerdem kann ich als Schiedsrichter eine Karriere starten, vielleicht irgendwann Spiele in Ligen leiten, in die ich als Fußballer nie gekommen wäre. Und man bekommt freien Eintritt zu Spielen im DFB-Gebiet – auch in der Bundesliga.

    Der Württembergische Fußballverband hat unlängst böse Briefe und satte Rechnungen an jene Vereine verschickt, die ihr Pflichtkontingent an Unparteiischen nicht erfüllen. In Bayern gibt es das grundsätzlich auch. Von welchen Summen sprechen wir da?

    Müller: Im Bayerischen Fußball-Verband sind das so um die 50 Euro für jeden nicht gestellten Schiedsrichter. Das ist über die Finanzordnung des BFV transparent und klar und öffentlich geregelt.

    Geldstrafen helfen offenbar nicht weiter

    Es scheint die Vereine aber nicht dramatisch zu beeindrucken.

    Müller: Das ist korrekt.

    Weil das jenseits der Grenze offenbar auch so ist, möchte der WFV im Bezirk Donau/Iller jetzt aktiver und vor allem direkter als bisher um neue Unparteiische werben. Ein Modell auch für hier?

    Müller: Wir verfolgen aktuell zwei große Themen. Unser monatliches Schiedsrichtertraining absolvieren wir bei den Vereinen. Da lassen wir uns an Tagen einladen, wenn die Erste oder die Jugend trainiert. Die dürfen bei uns zuschauen und dann auch am Gespräch teilnehmen. Das läuft gut. Bisher leider nicht erfolgreich war, dass ich mich angeboten habe für einen runden Tisch, zu dem ich komme und Interesse wecken möchte, was dieses Hobby kann. Da habe ich leider noch gar kein Feedback erhalten von den Vereinen.

    Leben mit einem berühmten Namen

    Ein anderes Thema: Wie lebt es sich eigentlich mit dem Namen eines FC Bayern-Stars und deutschen Fußball-Nationalspielers?

    Müller: Tatsächlich ist das oft ein Eisbrecher, wenn man wie ich beruflich viel mit Kunden zu tun hat.

    Gute gelaunt in der Wüste: Der deutsche Fußball-Nationalspieler Thomas Müller (FC Bayern München) hebt grüßend die Hand.
    Gute gelaunt in der Wüste: Der deutsche Fußball-Nationalspieler Thomas Müller (FC Bayern München) hebt grüßend die Hand. Foto: Christian Charisius/dpa

    Wenn wir schon dabei sind: Der andere Thomas Müller fährt ja mit nach Katar. Was halten Sie denn von ihm - und von dieser Winter-Weltmeisterschaft in der Wüste?

    Müller: Thomas Müller ist ein toller Typ, sehr bodenständig, entsprechend sympathisch und was er erreicht hat, auch im sozialen Bereich, finde ich eine großartige Geschichte. Da wir zusätzlich beinahe das gleiche Alter haben, begleitet mich das schon extrem. Zur WM muss ich sagen, dass mir erst am vergangenen Wochenende so richtig aufgefallen ist, dass die jetzt losgeht. Das Feeling fehlt noch ein bisschen. Vielleicht liegt das mit daran, dass ich es wie viele andere kritisch sehe, eine Fußball-WM in Katar stattfinden zu lassen. Anschauen werde ich mir das aber schon.

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