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Rückpass: Nackt und unschuldig

Rückpass

Nackt und unschuldig

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    Seltenes Schauspiel: Ein Flitzer läuft über den Rasen des Stadions in Memmingen. Am Sonntag sorgten bisher unbekannte Männer für eine derartige Einlage im heimischen Fußball-Unterhaus – beim Spiel Neuburg gegen Langenhaslach.
    Seltenes Schauspiel: Ein Flitzer läuft über den Rasen des Stadions in Memmingen. Am Sonntag sorgten bisher unbekannte Männer für eine derartige Einlage im heimischen Fußball-Unterhaus – beim Spiel Neuburg gegen Langenhaslach. Foto: Archivfoto: Ralf Lienert

    Günzburg Auch ein paar Tage nach einem total verrückten Fußball-Wochenende stehen die Fans in der Region vor Rätseln. Wer waren die Männer, die beim Spiel in Neuburg eine Flitzer-Einlage auf den Rasen legten und dann wieder verschwanden? Wer verursachte den Spielabbruch in Billenhausen?

    Eine wirklich ungetrübte Sicht auf die Ereignisse war bis gestern Abend nicht möglich. Zu vermuten ist nach Recherchen unserer Zeitung allerdings, dass die Aktion in Neuburg das Produkt einer Wette war und dass sich die Geschehnisse in Billenhausen einzig und allein an der immer jungen Frage entzündeten, ob der Unparteiische mit seinen Entscheidungen völlig richtig oder voll daneben lag.

    Unstrittig ist, dass die Einlage während der Partie der B-Klasse West 2 zwischen Neuburg und Langenhaslach selten erlebten Glanz ins Fußball-Unterhaus brachte. Nach Augenzeugenberichten erschienen aus dem Nichts zwei nur mit Kopfhauben bekleidete Männer, rannten bis kurz vor den Platz, warfen bengalische Feuer auf den Boden, riefen „Wir sind keine Hooligans“ und verschwanden blitzschnell wieder hinter dem Wall, über den sie gekommen waren. Einzelne Beobachter waren sich einig, dass die Männer in einem Auto mit Mindelheimer Kennzeichen davonbrausten. Falls es so war, könnten sie ihre Aktion mehr oder weniger „zufällig“ in Neuburg gestartet haben. Wie auch immer: Der Langenhaslacher Trainer Gerhard Grünwied schmunzelte gestern noch über die Szene und sagte: „Es hat allen Spaß gemacht, Zuschauern wie Spielern.“

    Derselben Ansicht ist Martin Gediehn, seit vergangenem Freitag Ex-Abteilungsleiter beim SV Neuburg. „Da war nichts Aggressives oder Provokatives“, führt er aus. Das Umfeld des gastgebenden Vereins habe zunächst vermutet, die Flitzer-Einlage sei eine Retourkutsche aus Langenhaslach für einen Faschingsscherz, den sich die Neuburger vor geraumer Zeit geleistet hatten. Diese Deutung verneinten die Gäste allerdings.

    Überhaupt nicht lustig ging es dagegen beim Spiel der B-Klasse West 2 zwischen Billenhausen und Türk Genclerbirligi zu. Nach insgesamt vier Platzverweisen für die Gäste aus Günzburg ging dermaßen die Post ab, dass Schiedsrichter Ernst Hontschik die Begegnung abbrach. Aus Sicht des Billenhauser Abteilungsleiters Tobias Broll handelte der Unparteiische damit richtig, denn: „Wir haben schon oft gegen türkische Mannschaften gespielt. Aber so was habe ich noch nicht erlebt. Das war echt krass.“

    In seiner Zusammenfassung der Geschehnisse betont der SV-Spartenchef, dass zwischen den beiden Mannschaften auf dem Platz oder unter den Zuschauern am Spielfeldrand eigentlich nichts vorgefallen sei. Die Gäste-Fußballer hätten sich jedoch schon in Durchgang eins derart über die Leistung des Schiedsrichters erregt, dass Hontschik in der Halbzeitpause vorsorglich nachfragte, ob der SV Sicherheitspersonal zur Stelle habe (nach Brolls Worten waren fünf Mann mit Armbinden als Ordner ausgewiesen). Der Funktionär über die Minuten nach dem Seitenwechsel: „Die Platzverweise kamen allesamt nach Aktionen, bei denen es nichts zu deuteln gab. Kurz nach unserem 2:0 ist die Sache ausgeartet. Das Publikum war jetzt auch voll dabei, Flaschen flogen aufs Spielfeld.“ Weil die SV-Verantwortlichen nach dem Spielabbruch um die Sicherheit des Schiedsrichters fürchteten, verständigten sie laut Broll die Polizei, die kurz danach mit zwei Beamten vor Ort war. Mit deren Hilfe beruhigte sich die Stimmung dann schnell.

    So weit, so klar die Darstellung der Ereignisse aus Sicht des gastgebenden Vereins. Die Gäste-Perspektive sieht grundlegend anders aus. A-Jugendtrainer Taner Sönmez war zwar nicht selbst vor Ort, er hat nach eigener Aussage aber mit so vielen Augenzeugen gesprochen, dass er im Namen der TGB-Verantwortlichen ein Bild der Ereignisse malen kann. Im Beisein des Vereinsvorsitzenden Engin Celepci führt er aus: „Der Schiedsrichter hat das Spiel kaputt gemacht. Er hat Karten verteilt, wo nichts war. Dass das 2:0 ein Abseits-Tor war, hat jeder gesehen und sogar die Zuschauer der Billenhauser haben über diese Entscheidung gelacht. Da habe ich schon ein Stück weit Verständnis, wenn unsere Spieler und Zuschauer auf 180 kommen.“

    Nach Angaben von Sönmez sucht TGB immer wieder den Dialog mit Verbandsmitarbeitern, weil sich der Verein von den Unparteiischen benachteiligt fühlt. „Aber da tut sich nichts“, sagt er enttäuscht. Dabei gibt es, so der A-Jugendtrainer weiter, selbst in den Reihen vieler gegnerischer Mannschaften Fürsprecher. „Die bestätigen uns immer wieder, dass wir ein Problem haben mit den Schiedsrichtern.“

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