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Interview: Plädoyer für eine Sportart

Interview

Plädoyer für eine Sportart

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    Vorfreude pur: Wenn’s um Hallenfußball geht, ist Karl Dirr immer dabei. Für die Schwaben-Vorrunde in Günzburg hofft er auf große Spiele und eine tolle Kulisse. Kritikern hält er einige Argumente „pro Hallenfußball“ entgegen – als Fan, nicht als Funktionär des SC Bubesheim.
    Vorfreude pur: Wenn’s um Hallenfußball geht, ist Karl Dirr immer dabei. Für die Schwaben-Vorrunde in Günzburg hofft er auf große Spiele und eine tolle Kulisse. Kritikern hält er einige Argumente „pro Hallenfußball“ entgegen – als Fan, nicht als Funktionär des SC Bubesheim. Foto: Foto: Bernhard Weizenegger

    Günzburg Zum 33. Mal wird in diesem Winter die Schwäbische Meisterschaft im Hallenfußball ausgetragen, zum zweiten Mal hintereinander steigt die Endrunde in Günzburg. Weil am 14. Januar nur acht Mannschaften dabei sein können, steht vor dem großen Finale die Qualifikation. Heute Abend messen sich beim regionalen Vorrunden-Turnier in der Rebayhalle sechs Mannschaften. Nur eine von ihnen wird erneut zu Gast sein, wenn es zwei Wochen später an gleicher Stelle um den Titel geht (siehe So läuft das Turnier).

    Wo sich die einen auf Spannung pur freuen, stellen andere den Hallenfußball insgesamt auf den Prüfstand. Das bleibt selbst den größten Verfechtern dieser Sportart nicht verborgen. Zu ihnen zählt Karl Dirr, Abteilungsleiter des für beide Günzburger Turniere gastgebenden Bezirksligisten SC Bubesheim.

    Athletik statt Spielkultur, leere Tribünen statt Gänsehaut-Atmosphäre: Das bemängeln Kritiker seit Jahren. Sie dagegen halten die Fahne des Hallenfußballs standhaft in den Wind. Warum eigentlich?

    Dirr: Ich behaupte, dass der Hallenfußball lebt. Die Spielweise hat sich halt geändert, die Athletik steht heute viel mehr im Vordergrund, es wird auch aggressiver gespielt als früher. Aber es wird trotzdem noch schöner und teilweise sogar begeisternder Hallenfußball geboten. Dass es mal in einigen Spielen einen Durchhänger gibt, war doch früher genau so. Wir können doch nicht sagen, da hat’s ausschließlich tolle Spiele gegeben. Und wenn wir uns ständig über die Rastellis von damals unterhalten: Ich weiß nicht, ob die heute im modernen Fußball noch so dominant wären.

    Das Publikum sieht’s offenbar anders. Bei Ihrem eigenen Turnier vor wenigen Wochen verloren sich, wohlwollend formuliert, 150 Besucher in der Rebayhalle – und das trotz wirklich starker Besetzung.

    Dirr: Das war natürlich enttäuschend. Aber vor allem die Schwäbische Hallenmeisterschaft zeigt doch über all die Jahre, dass Qualität und Spannung von den Fans sehr gut angenommen werden. Es kommen doch nicht 2000 Zuschauer in eine Halle, wenn da nichts geboten ist. Und wer im vergangenen Winter bei der Endrunde in Günzburg dabei war, hat ein Fest erlebt. Das eigentliche Problem könnte ein anderes sein: Es findet inzwischen eine unglaubliche Zahl an Turnieren statt, wir sprechen hier zum Beispiel von mehr als 300 Junioren-Hallenturnieren allein in Schwaben. Dass da ein gewisser Sättigungsgrad da ist, ist doch klar, und dass dann der Zuschauer hergeht und sich die Sahnehäppchen herauspickt, ist auch nachvollziehbar.

    Nun will ja nicht jeder Kritiker den Hallenfußball komplett abschaffen. Aber es gab und gibt viele Vorschläge für Reformen. Wo könnten Sie sich Änderungen vorstellen?

    Dirr: Vielleicht wäre der spielende Torwart eine überlegenswerte Variante. Er könnte in Ballbesitz Überzahl-Situationen schaffen. Aber eigentlich möchte ich gar nicht vom Reglement sprechen. Vielleicht fehlt uns allen ein Schuss Lockerheit. Vielleicht sehen wir das zu verbissen – mich eingeschlossen. Falls wir es schaffen, nicht nur das Ergebnis in den Vordergrund zu stellen, könnten wir wieder zurückkommen auf die pure Schönheit des Spiels. Aber ich geb’ ja zu, dass es schwer wird. Wenn man selbst dabei ist, liegt es in der Natur der Sache, dass man gewinnen will.

    Fußball wieder mehr als Spiel begreifen - ein hoffnungsvoller Ansatz. Wem spielen Sie da den ersten Ball zu? Den Trainern? Den Spielern? Den Fans?

    Dirr: Alle, die den Fußball lieben, sitzen gemeinsam in einem Boot. Das sind ja in Deutschland eine ganze Menge Leute. Und die alle – Fußballer, Trainer, Funktionäre, Fans, Schiedsrichter, Verband und Presse – sind gefordert. Faszination Fußball, Kombinationen, Kabinettstückchen und auch (aber nicht allein) Tore: Das ist es doch, was die Leute sehen wollen, vor allem in der Halle.

    Einerseits beklagen Sie die Verbissenheit der Akteure, andererseits haben Sie unlängst mehr Ernsthaftigkeit im Hallenfußball gefordert. Daraus könnte man einen Widerspruch konstruieren.

    Dirr: Es ist aber keiner, denn mit Ernsthaftigkeit meine ich etwas anderes. Die Zuschauer zahlen ja bei vielen Turnieren Eintritt und spätestens dann dürfen sie von uns Fußballern auch eine Gegenleistung erwarten. Deshalb verstehe ich Aussagen von Trainern nicht, die im Vorfeld der Hallenrunde sinngemäß oder wörtlich „Es darf spielen, wer möchte“ oder „Wir spielen nur mit, weil wir eingeladen wurden“ sagen.

    Stichwort Nachwuchs: Liegt hier die Zukunft des Hallenfußballs?

    Dirr: Ein ganz wichtiges Thema. Wer meint, Hallenfußball sei tot, muss mal auf ein Bambini-Turnier gehen und schauen, wie die Kleinen strahlen. Danach unterhalten wir uns dann, ob wir Hallenfußball abschaffen sollen. Ich befürchte: Ohne diese Begeisterung an der Basis werden wir auf absehbare Zeit viele Talente an andere Sportarten verlieren. Darauf müssen wir doch auch mal schauen, wenn wir so daherreden. Aber das vergessen wir Erwachsene allzu oft. Interview:

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