Startseite
Icon Pfeil nach unten
Günzburg
Icon Pfeil nach unten
Lokalsport
Icon Pfeil nach unten

Diskussion: Ein Trikot für Erdogan – darf man das?

Diskussion

Ein Trikot für Erdogan – darf man das?

    • |
    Ilkay Gündogan, der deutsche Nationalspieler mit türkischen Wurzeln, überreicht dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein Manchester City-Trikot mit der persönlicher Widmung „für meinen Präsidenten“. Die Aktion, besonders aber die wahlwerbliche Nutzung des Treffens, hat für mächtigen Wirbel gesorgt.
    Ilkay Gündogan, der deutsche Nationalspieler mit türkischen Wurzeln, überreicht dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein Manchester City-Trikot mit der persönlicher Widmung „für meinen Präsidenten“. Die Aktion, besonders aber die wahlwerbliche Nutzung des Treffens, hat für mächtigen Wirbel gesorgt. Foto: dpa

    War es eine bewusste Provokation? Ein grobes diplomatisches Foul? Tatsächlich nur ein Versehen? Oder eine Nebensächlichkeit? Wie auch immer: Seit die deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan am Sonntag, 13. Mai, zusammen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für Fotos posiert und ihm Trikots ihrer Vereinsmannschaften geschenkt haben, diskutieren die Fußball-Fans auch in der Region über das Verhalten der Vorbilder und die korrekte Reaktion darauf.

    Jetzt präsentierte Bundestrainer Joachim Löw den vorläufigen, 26 Mann umfassenden Kader für die anstehende Weltmeisterschaft in Russland. Beide Deutsch-Türken sind dabei. Verständnis dafür hat freilich nicht jeder.

    Günther Brenner (Vorsitzender VfR Jettingen): „Ich finde, das ist eine Sauerei, was die gemacht haben. Wer ein bisschen mit offenen Augen durch die Lande geht, weiß doch, wofür Erdogan steht. Zu sagen, sie seien sich der Tragweite nicht bewusst gewesen, ist aus meiner Sicht Dummheit. Und dann noch diese Widmung von Gündogan auf dem Trikot – das ist der Gipfel. In der Konsequenz hätte ich sie für die WM ausgeladen. Auch, um ein Zeichen zu setzen.“

    Özgür Ünal (Vorsitzender Türk GB Günzburg): „Ich bin ähnlicher Meinung wie in vielen deutschen Medien geschildert, nämlich dass man Politik nicht mit Fußball verbinden soll. Das sollte man voneinander trennen – ebenso wie man Religion von Politik trennen sollte. Und übertreiben sollte man es jetzt auch nicht. Der Erdogan war halt dort in London zu Besuch und er ist eben Staatspräsident.“

    Manfred Wolf (Abteilungsleiter FC Silheim): „Ich bin gewiss kein Fan von Erdogan. Er ist nicht gerade ein Menschenrechtsfreund. Deshalb ist das natürlich schon kritisch zu sehen, wenn ein deutscher Nationalspieler für ihn wirbt. Das ist wirklich ein schwieriges Thema, und wenn Gündogan den Spruch auf ein Deutschland-Trikot geschrieben hätte, wäre es sogar noch schwieriger. Andererseits: Ob jemand immer die politische Ansicht haben muss, von der andere meinen, sie sei gerade die richtige – wo fangen wir an, Politik und Sport zu trennen?“

    Holger Betz (Torhüter SSV Ulm 1846): „Die beiden Spieler hätten vorher ihre grauen Zellen bemühen sollen, dann wäre ihnen bewusst geworden, was sie mit so einer Aktion bewirken. Nämlich die Vermischung von Sport und Politik, die wir doch alle nicht wollen. Ich weiß nicht, ob es Gedankenlosigkeit war oder eine Inszenierung. Letztlich haben sich Özil und Gündogan vielleicht selbst am meisten geschadet.“

    Markus Deibler (Trainer Türkspor Neu-Ulm): „Den Özil würde ich allein schon aus sportlichen Gründen vielleicht mitnehmen, aber ihn nicht spielen lassen. Was der in großen Spielen immer wieder abliefert, ist mir zu wenig. Özil macht nicht den Unterschied aus, wir haben junge Spieler als Alternativen auf seiner Position. Auf diese Erdogan-Aktion kann der Bundestrainer bei seiner Nominierung keine Rücksicht nehmen. Deutschland will Weltmeister werden und Joachim Löw braucht dafür die Spieler, denen er am ehesten zutraut, dass sie dieses Ziel erreichen – so lange die nicht etwas anstellen, was tatsächlich illegal ist. Man sollte die Sache generell nicht so hoch hängen. Wer mal ein Jahr lang Trainer einer türkischen Mannschaft war, wird in solchen Angelegenheiten viel gelassener.“

    Xaver Erdle (Schiedsrichter-Einteiler Gruppe Westschwaben): „Aus meiner Sicht sollten die vom Bundestrainer einen gescheiten Anschiss kriegen. Von der Leistung her tut es der deutschen Mannschaft ja gut, wenn die beiden spielen. Sie gleich rauszuwerfen wäre wahrscheinlich zu hart gewesen – obwohl das ehrlich gesagt schon mein erster Gedanke war.“

    Sven Müller (früherer Profifußballer): „Vielleicht lag wirklich gar keine Absicht hinter der Aktion, aber das alles ist natürlich unglücklich. Allerdings: Wenn man die beiden jetzt nicht für die WM nominiert hätte, würde man eventuell das noch größere Fass aufmachen. Vielleicht macht man dann mehr kaputt als gut. Ich denke, Jogi Löw wird das Gespräch mit ihnen suchen.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden