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Landkreis Günzburg: Übung zur Schweinepest: Sie sind Jäger, Spurensicherer und Tatortreiniger

Landkreis Günzburg

Übung zur Schweinepest: Sie sind Jäger, Spurensicherer und Tatortreiniger

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    Arbeiten wie Kriminalisten: Jäger und Bergehelfer üben im Günzburger Auwald mit einem erlegten Wildschwein, wie sie bei einem möglicherweise an Afrikanischer Schweinepest verendeten Tier vorgehen müssen.
    Arbeiten wie Kriminalisten: Jäger und Bergehelfer üben im Günzburger Auwald mit einem erlegten Wildschwein, wie sie bei einem möglicherweise an Afrikanischer Schweinepest verendeten Tier vorgehen müssen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Es sind Szenen, wie sie der Fernsehzuschauer aus Kriminalfällen kennt: Ein Team von Spezialisten nähert sich einem Tatort. Absperrband, Schutzkleidung, Spurensicherung, Leichensack und Tatortreinigung. Eine Übung im Auwald in Günzburg, fast unter realen Bedingungen.

    Arbeiten wie Kriminalisten: Jäger und Bergehelfer üben im Günzburger Auwald mit einem erlegten Wildschwein, wie sie bei einem möglicherweise an Afrikanischer Schweinepest verendeten Tier vorgehen müssen.
    Arbeiten wie Kriminalisten: Jäger und Bergehelfer üben im Günzburger Auwald mit einem erlegten Wildschwein, wie sie bei einem möglicherweise an Afrikanischer Schweinepest verendeten Tier vorgehen müssen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Noch ist die Afrikanische Schweinepest (ASP) hunderte Kilometer von Günzburg entfernt. Nach Brandenburg gibt es jüngst auch Fälle in Sachsen. Die Tierseuche ist für Haus- und Wildschweine tödlich, einen Impfstoff oder ein Medikament gibt es nicht. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder durch indirekten Kontakt mit infizierten Fleisch- oder Wurstwaren. Für den Menschen ist das Virus ungefährlich.

    Heimtückische Viruserkrankung

    Doch tritt die heimtückische und sich schnell verbreitende Viruserkrankung hier auf, müssen die Behörden rechtzeitig vorbereitet sein. Das Veterinäramt des Landkreises Günzburg bildet derzeit zwölf sogenannte Bergehelfer aus, die im Ernstfall verendete Tiere bergen und ein unkontrolliertes Ausbreiten der Krankheit verhindern werden.

    Die genaue Ortung der Fundstelle eines verendeten Tieres und die lückenlose Dokumentation des Vorgangs sind wichtige Voraussetzungen, damit die Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest verhindert werden kann. Üben, üben und nochmals üben heißt die Devise, damit die Handgriffe sicher und versiert funktionieren.
    Die genaue Ortung der Fundstelle eines verendeten Tieres und die lückenlose Dokumentation des Vorgangs sind wichtige Voraussetzungen, damit die Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest verhindert werden kann. Üben, üben und nochmals üben heißt die Devise, damit die Handgriffe sicher und versiert funktionieren.

    „Es war gar nicht so einfach, Freiwillige zu finden“, erinnert sich Dr. Franz Schmid, Leiter des Veterinäramts am Landratsamt. Nach einer theoretischen Schulung der in sechs Zweierteams aufgeteilten Helfer sollen in einer praktischen Übung die genauen Abläufe einer Bergung durchgespielt werden.

    Ortung der Fundstelle mit GPS Koordinaten

    Als der Günzburger Revierförster Franz Schmid an diesem Nachmittag die GPS-Koordinaten an die Personengruppe schickt, die sich um 15 Uhr am Waldbadparkplatz in Einsatzbereitschaft befindet, ist es auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Ab 17 Uhr ist es Mitte November im Wald bereits dunkel. Bis dahin gibt es viel Arbeit: Tier lokalisieren, Fundort und Zustand des Tieres akribisch und lückenlos dokumentieren, Tier bergen, desinfizieren des kontaminierten Bereichs, Abtransport des Kadavers und Entsorgung der Schutzkleidung.

    Wie so oft gibt es auch im Günzburger Auwald eine unterschiedliche Abdeckung der Funknetze. Entsprechend ungenau zeigt sich die GPS-Navigation mit dem Smartphone. „Eine Abweichung von zehn Metern kann im dichten Gestrüpp zu viel sein, da werden wir mit GPS-Trackern aufrüsten“, verspricht der Chef-Veterinär.

    Nachdem der Fundort mit Signalband abgesichert ist, beginnt die genaue Dokumentation. Ein Formular dient als Leitfaden für die Beschreibung des Orts und des Zustands des verendeten Tiers. Fotos aus allen Ansichten werden angefertigt.

    Ein Blutabstrich des verendeten Tieres wird ins Labor geschickt.
    Ein Blutabstrich des verendeten Tieres wird ins Labor geschickt. Foto: Bernhard Weizenegger

    Dann schlüpfen die Bergehelfer in Schutzkleidung. Erst als die Gummihandschuhe mit Klebeband am Schutzanzug befestigt sind und ein weiteres Paar übergezogen wurde, beginnt die Arbeit am Tier. Ab jetzt muss darauf geachtet werden, dass die Kontamination mit dem Virus nicht verschleppt wird. Aus einer Körperöffnung wird mit einem Stäbchen ein Blutabstrich genommen, der später im Labor untersucht wird. Er hat die gleiche Nummer wie die Wildmarke, die am Lauf des Wildschweins angebracht wird.

    Das Wildschwein wird von zwei Bergehelfern in einem speziellen Sack aus dem Wald getragen. Anschließend wird das Tier sicher entsorgt.
    Das Wildschwein wird von zwei Bergehelfern in einem speziellen Sack aus dem Wald getragen. Anschließend wird das Tier sicher entsorgt. Foto: Bernhard Weizenegger

    Das Tier kommt für den Abtransport in einen speziellen Sack. Dann wird der Fundort desinfiziert, das Erdreich umgegraben und die Schutzkleidung sicher entsorgt. Jeder Handgriff muss sitzen. „Das ist ein offener Prozess, den wir Stück für Stück erarbeiten und verbessern müssen“, sagt Schmid.

    Hilfe für Schweinezüchter im Landkreis

    Ergänzung vom 20. November 2020: Wenn es ganz dumm läuft, könnte die Afrikanische Schweinepest (ASP) zur nächsten Pandemie ausarten. Das Virus greift zwar nicht auf Menschen über, doch Züchter und Mäster könnten vor dem Aus stehen, wenn ihre Hausschweine durch Wildscheine infiziert werden. Etliche Schutzvorkehrungen wurden im Landratsamt getroffen, im Kreisausschuss wurde eine weitere Hilfe für heimische Schweinehalter beschlossen.

    Beim Schutz vor der Seuche gehe es „um große finanzielle Dimensionen“, erklärte Landrat Hans Reichhart (CSU) im Ausschuss. Werde ein infiziertes, verendetes Wildschein entdeckt, müsse zum Beispiel rund um den Fundort ein 25 Kilometer langer Zaun gezogen werden. Noch dramatischer würden die Folgen für Züchter und Mäster von Hausschweinen. Betriebe in einem gefährdeten Gebiet könnten ihre Tiere kaum noch vermarkten. Würde ihr Bestand infiziert, müssten sogar alle Tiere getötet werden – der finanzielle Ruin wäre nicht auszuschließen. Deshalb hat der Freistaat das Programm „Freiwilliges Verfahren Status-Untersuchung ASP“ aufgelegt.

    Kurz gesagt haben Betriebe die Möglichkeit, ihre Schweine regelmäßig von einem Tierarzt untersuchen zu lassen. Das kostet natürlich Geld, etwa 1200 Euro pro Bestand und Jahr. Da mit Schweinefleisch kaum noch Rendite zu erzielen ist, halten etliche Landwirte im Landkreis keine Schweine mehr. Nach Einschätzung der Kreisverwaltung kommen noch 20 bis 25 Betriebe für die freiwilligen Untersuchungen in Frage. Die jährlichen Kosten beliefen sich auf rund 40 000 Euro. Der Kreisausschuss beschloss, dass der Landkreis die Hälfte übernimmt. Den Rest müssen die Landwirte tragen. „Für unsere Unterstützung ist die Landwirtschaft dankbar“, betonte der Landrat. (mit kai)

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