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Landkreis Günzburg: Trotz Schließungen: Bäcker-Obermeister sehen nicht schwarz

Landkreis Günzburg

Trotz Schließungen: Bäcker-Obermeister sehen nicht schwarz

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    Bäckermeister Jörg Hurler und seine Tochter Anna in der Backstube im Günzburger Stadtteil Leinheim. Hier werden gerade die Osterfladen gemacht. Die Bäckerin will den Betrieb weiterführen. Im Hintergrund ist Bäckerin Sabrina Brulz zu sehen.
    Bäckermeister Jörg Hurler und seine Tochter Anna in der Backstube im Günzburger Stadtteil Leinheim. Hier werden gerade die Osterfladen gemacht. Die Bäckerin will den Betrieb weiterführen. Im Hintergrund ist Bäckerin Sabrina Brulz zu sehen. Foto: Christian Kirstges

    Es duftet schon auf dem Parkplatz vor dem Betrieb im Günzburger Stadtteil Leinheim nach frischen Backwaren. Im Verkaufsraum liegen Brezen, Semmeln, Brote, Teilchen und vieles mehr in den Körben und der Theke. Die Mitarbeiterinnen haben alle Hände voll zu tun, um die Kundschaft zu bedienen, so viel Betrieb herrscht hier. Der Parkplatz ist auch gut gefüllt – und das an einem normalen Werktag-Morgen. Samstags komme es durchaus vor, dass die Kunden bis auf den Parkplatz in der Schlange stehen, erzählt der Chef, Jörg Hurler.

    Er ist an diesem Morgen unter anderem damit beschäftigt, den berühmten Osterfladen zu machen – das Wort trifft es deshalb, weil der Fladen es schon in den Stern geschafft und sogar im hohen Norden der Bundesrepublik bestellt wird. Nicht nur vor den Feiertagen zeigt sich hier: Qualität hat durchaus noch ihre Abnehmer.

    Dass viele Handwerks-Bäcker trotzdem Schwierigkeiten haben, zu bestehen, hat sich zuletzt in Dürrlauingen und Ursberg gezeigt. Sowohl das Förderungswerk St. Nikolaus als auch das Dominikus-Ringeisen-Werk geben ihre Backzweige auf. „Der Markt ist preissensibel“, hatte es der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der letzt genannten Einrichtung, Michael Winter, begründet.

    Und damit gemeint, dass die handwerklich gefertigte, frische Ware etwas teurer ist und damit Probleme hat, gegen industriell hergestellte Teiglinge zu bestehen, die nur noch aufgebacken werden müssen. Solche Nachrichten gefallen natürlich weder Jörg Hurler, dem stellvertretenden Obermeister der Bäckerinnung Günzburg, noch dem Obermeister Günther Weindl, der seinen Betrieb in Kötz hat.

    Obermeister: "Es gibt auch ein Bäckereiensterben"

    Es gebe einfach zu wenige geeignete Meister, die es sich zutrauen, einen Betrieb zu übernehmen, sagt Weindl. Und der Kunde bestimme mit über den Erfolg, indem er sich entscheidet, wo er kauft – etwa beim Discounter oder beim Handwerksbäcker. Auf der einen Seite setzten sich viele Menschen inzwischen für den Schutz der Bienen ein und zeigten damit gesellschaftliche Verantwortung, auf der anderen fehle die Unterstützung für die Nahversorger.

    „Es gibt nicht nur ein Bienen-, sondern auch ein Bäckereiensterben“, sagt Weindl, wobei es im Kreis Günzburg noch vergleichsweise gut aussehe. Wenn die Betriebe in Dürrlauingen und Ursberg geschlossen sind und auch die Aufgabe einer Bäckerei in Breitenthal aus Altersgründen vollzogen ist, werden es noch 28 backende Betriebe sein. Vor fünf Jahren seien es wohl auch nur fünf mehr gewesen.

    Eine kleine Trendwende hat inzwischen eingesetzt

    Weindl sieht die Entwicklung mit Sorge, ist aber auch hoffnungsvoll, weil durchaus eine kleine Trendwende eingesetzt habe: Qualität zähle wieder für mehr Menschen. Und es gebe im Landkreis auch einige Bäckereien, bei denen die nächste Generation bereit sei, sie zu übernehmen. Die Bäckerei Hurler, 1949 gegründet, ist eine davon. Hier arbeitet die 18-jährige Tochter Anna schon mit. Seit ihrer Kindheit war sie mit in der Backstube, sie machte später Praktika auch im Büro und merkte dabei: Sie will die Tradition fortführen. „Es wäre einfach schade, wenn es hier nicht weitergeht“, sagt sie. Interessanterweise hat sich ihre Zwillingsschwester für eine Tätigkeit in einem Büro entschieden.

    Ein österliches Rezept zum Nachbacken

    Bäckermeister Jörg Hurler hat für unsere Leser ein Rezept zum Nachbacken. Das Familienrezept der beliebten Osterfladen gibt er zwar nicht her, aber dafür das der Palmbrezen.

    Auf ein Kilo Mehl gerechnet werden 450 Gramm Milch, 130 Gramm Zucker, 130 Gramm Butter, 150 Gramm Eier, zehn Gramm Salz, 20 Gramm Anis, 60 Gramm Hefe, eine Zitronenschale und Vanille benötigt.

    Alles wird zu einem Teig verarbeitet, der so lange geknetet wird, bis er sich vom Kesselrand löst. Eine Stunde wird er ruhen gelassen, dann nochmals glatt geknetet und zu Teigstücken á 300 Gramm abgewogen. Diese dürfen sich dann zehn Minuten lang nochmals entspannen.

    Die Teigstücke werden zu Brezen geformt. Dann werden sie an einem warmen Platz abgedeckt ruhen gelassen, bis sich das Volumen verdoppelt hat. Die Brezen werden in den auf 160 Grad Umluft vorgeheizten Ofen geschoben. Gut wäre es, um Dampf zu erzeugen, etwas Wasser auf den Ofenboden zu schütten. Je nach gewünschter Farbe beträgt die Backzeit 15 bis 20 Minuten.

    In dem Betrieb gibt es 18 Mitarbeiter, Teilzeitkräfte und Familie eingerechnet. Mit Verkaufswagen hat man sich ein weiteres Standbein aufgebaut, die Ware wird auf Facebook präsentiert. „Ohne geht es nicht mehr“, sagt Jörg Hurler, der leidenschaftlich gerne auch Torten kreiert. „Man muss transportieren, was man macht“, und dafür gebe es viel Resonanz. Discounter-Kunden werde er nicht dort wegbekommen, aber mehr Leute kauften wieder bewusster ein. Das gebe Zuversicht.

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