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Landkreis Günzburg: "Schlag ins Gesicht": Wanzl-Beschäftigte lehnen Tarifangebot ab

Landkreis Günzburg

"Schlag ins Gesicht": Wanzl-Beschäftigte lehnen Tarifangebot ab

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    Für die Firma Wanzl (hier das aus der Luft fotografierte Werk in Leipheim, wo auch die Geschäftsführung sitzt) gibt es nach dem Stand der Dinge ab 2022 keinen Tarifvertrag mehr.
    Für die Firma Wanzl (hier das aus der Luft fotografierte Werk in Leipheim, wo auch die Geschäftsführung sitzt) gibt es nach dem Stand der Dinge ab 2022 keinen Tarifvertrag mehr. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Die Mitglieder der IG Metall der Wanzl-Betriebe in Kirchheim und Leipheim haben mit überwältigender Mehrheit das finale Angebot, welches vor allem Forderungen der Arbeitgeberseite enthält, für die Fortsetzung des Tarifvertrages bei Wanzl abgelehnt.

    Aus Sicht der Tarifkommission sind die wesentlichen Gründe für die Ablehnung: fehlende dauerhafte Rechtssicherheit wegen fehlender Arbeitgeberzusagen für die Zeit nach 2024. Die Forderungen der Arbeitgeberseite waren unter anderem unbezahlte Arbeitszeit, keine tariflichen Entgelterhöhungen bis 2024 und keine Standortsicherung. Die

    Einmalige Lohnerhöhung sehen Wanzl-Beschäftigte als "Schlag ins Gesicht"

    „Die angebotene einmalige Lohnerhöhung von maximal zwei Prozent Inflationsausgleich für die Jahre 2022, 2023 und 2024 wird von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als Schlag ins Gesicht empfunden und ist unverhältnismäßig“, sagt der Verhandlungsführer der Beschäftigten, Frey. Seit Beginn dieses Jahres geht es in etwa einem halben Dutzend Verhandlungsrunden um die Fortführung des Haustarifvertrags, der eigentlich bis Ende des Jahres stehen sollte. Daraus wird, wie es nun aussieht, wohl nichts.

    Die vom Arbeitgeber angebotene Altersteilzeit hätte die Belegschaft durch Lohnverzicht selbst finanzieren müssen. Das Angebot der IG Metall – ein dreijähriger Arbeitnehmerbeitrag in zweistelliger Millionenhöhe – wurde somit durch keine adäquate Gegenleistung (Entlohnung nach Tarif in den Jahren 2025 und 2026) für die Belegschaft honoriert, folgert Frey.

    Markus Bergmann, einer der Geschäftsführer bei Wanzl, verantwortet unter anderem die Bereiche Finanzen und Personal.
    Markus Bergmann, einer der Geschäftsführer bei Wanzl, verantwortet unter anderem die Bereiche Finanzen und Personal. Foto: Wanzl

    60 Prozent der Wanzl-Mitarbeiter in Leipheim und Kirchheim bei IG Metall

    Die Belegschaft zeige sich maßlos enttäuscht. Knapp 60 Prozent der Beschäftigten von Wanzl in Leipheim und Kirchheim sind dem Vernehmen nach in der IG Metall organisiert. Ein Abstimmungszettel wurde den Gewerkschaftsmitgliedern nach Hause geschickt. Neben einem Kreuzchen haben viele auch noch das dafür vorgesehene Feld mit persönlichen Anmerkungen vollgeschrieben. „Hätte niemals gedacht, dass ich mich nach über 21 Jahren für meinen Arbeitgeber schämen muss“, war da zu lesen. Oder: „Wir arbeiten am Limit und es wird immer noch mehr verlangt. Umstrukturierungen müssen von den Mitarbeitern mitgetragen werden.“

    Frey glaubt, dass sich im Unternehmen überlagernde Themen insgesamt zu viel für die Belegschaft gewesen seien. Denn neben einem nun nicht abgeschlossenen Haustarif läuft eine Umstrukturierung, die die Aufgabenfelder in den Werken 3 (Kirchheim) und 4 (Leipheim) neu bündelt. Im Unterallgäu konzentriert sich die Fertigung beider Werke, während der Stammsitz in Leipheim vollends zum Montage- und Logistikstandort ausgebaut wird. Für Hunderte von Beschäftigten bedeute das einen Mehraufwand, da sie an einem anderen Arbeitsort tätig sein müssten.

    Im kommenden Jahr sind Warnstreiks möglich

    Nachdem die Tarifverhandlung gescheitert ist, gibt es ab dem 1. Januar 2022 keinen Tarifvertrag bei Wanzl mehr. Es ist aber auch das gleiche Datum, an dem die Friedenspflicht endet und somit erneute Warnstreiks möglich sind. Kann es noch ein Einlenken geben? Frey fehlt für diese Perspektive "die Fantasie", wie er am Donnerstag gegenüber unserer Redaktion am Telefon sagt. "Wir haben mit den Herrschaften einen intensiven und sehr sachlichen Austausch gehabt, es aber nicht hingekriegt." Auch die hohe Ablehnungsquote von 99,6 Prozent "zeigt doch, dass wir was falsch gemacht haben".

    Günter Frey (Erster Bevollmächtigter der IG Metall im Kreis Neu-Ulm - Günzburg) fragt sich, ob er noch der Richtige bei weiteren Verhandlungen mit dem Wanzl-Management ist.
    Günter Frey (Erster Bevollmächtigter der IG Metall im Kreis Neu-Ulm - Günzburg) fragt sich, ob er noch der Richtige bei weiteren Verhandlungen mit dem Wanzl-Management ist. Foto: Bernhard Weizenegger

    Eine derart klare Entscheidung – ob positiv oder negativ – "hatte ich noch nie. Insofern bin ich natürlich überrascht", sagt Frey, der sich fragt, ob nicht eine andere Person künftig federführend die Verhandlungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer übernehmen soll. Er setzt hinzu: "Ich weiß nicht, ob wir schlecht verhandelt haben. Aber eines weiß ich: Wenn wir keinen Tarifvertrag hinbekommen, ist das definitiv schlecht."

    Und die Thematik bleibe ja. Mögliche Streikaktionen fänden nicht vor dem 6. Januar statt. Denn vor einem solchen Schritt seien Präsenzveranstaltungen nötig. "Uns fehlt durch Corona der Kontakt zu den Leuten", sagt Frey. (mit AZ)

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