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Landkreis Günzburg: Prozess: Drogen bestimmen seit Jahrzehnten ihr Leben

Landkreis Günzburg

Prozess: Drogen bestimmen seit Jahrzehnten ihr Leben

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    Um Drogenhandel im Landkreis Günzburg geht es im Prozess am Memminger Landgericht. Angeklagt sind ein Mann und eine Frau.
    Um Drogenhandel im Landkreis Günzburg geht es im Prozess am Memminger Landgericht. Angeklagt sind ein Mann und eine Frau. Foto: Frank Leonhardt, dpa

    Sie sollen laut Anklage mit der vielleicht gefährlichsten Droge der Welt „einen schwunghaften Handel getrieben“ haben. Deshalb müssen sich ein 42-jähriger Gebäudereiniger und eine 46-jährige Frührentnerin jetzt vor der ersten Strafkammer des Landgerichts Memmingen verantworten. Wenn von Drogenhandel die Rede ist, denkt man wahrscheinlich unwillkürlich an die Mafia oder zumindest an Schwerkriminelle. Diesmal aber sitzen zwei Menschen auf der Anklagebank, deren Leben komplett aus den Fugen geraten ist.

    Der 42-Jährige hat schon in der Grundschule Probleme, muss an eine Sonderschule wechseln, verlässt sie nach der achten Klasse ohne Abschluss. Eine Ausbildung zum Gas-Wasser-Installateur bricht er ab. Warum? Der Konsum von Heroin. Zigaretten und Alkohol, nahezu alle anderen gängigen Drogen, die es gibt, hätten ihm nichts gebracht, sagt er vor Gericht. Mit 16 nimmt er erstmals

    Zwei Tage nach der Führerscheinprüfung geht es für einen 18-Jährigen ins Gefängnis

    Mit 18 erwirbt er den Führerschein. Gerade mal zwei Tage nach Erhalt der Fahrerlaubnis wird er mit Heroin erwischt, muss für 22 Monate in den Knast. Da-nach darf er eine Einzeltherapie auf einem Bauernhof machen. Es sei eine sehr schöne Zeit gewesen, gibt er dem Vorsitzenden Richter Christian Liebhart zu verstehen. Zwei Tage nach Beendigung der Therapie wird er rückfällig, gerät an Ecstasy. Immer wieder aber ist er für einige Zeit „clean“, heiratet dreimal, ist Vater von drei Kindern. Von seiner letzten Ehefrau ist er seit rund zwei Jahren getrennt. Er ist hoch verschuldet und bezieht „Hartz IV“.

    Kaum anders verläuft das Leben der 46-Jährigen. Schon als Kind erleidet sie immer wieder epileptische Anfälle. Mit 13 fällt sie vom Dach, verletzt sich schwer. Mit Männern hat sie kein Glück. Zu ihren beiden Kindern hat sie keinen Kontakt mehr. Geplagt von Depressionen greift sie im Alter von etwa 20 Jahren erstmals zu Heroin. Irgend-wann lernt sie einen Typen kennen, der mit Rauschgift handelt. Als er inhaftiert wird, bleibt sie mit all seinen Kontakten zur Drogenszene zurück. Sie habe gewusst, dass sie ihre Probleme mit Hilfe von Heroin nicht lösen könne, habe immer wieder versucht, von der Droge loszukommen.

    Dealer aus Krumbach versorgt Angeklagte mit nicht geringen Mengen an Heroin

    Jahrelang wird sie mit Methadon substituiert, nimmt aber gleichzeitig Antidepressiva und ein starkes Schmerzmittel. 2013 wird sie in Rente geschickt. Sie kann und darf wegen ihrer Epilepsie nicht mehr arbeiten. Im Frühjahr 2018 lernen sich die beiden Angeklagten kennen, wohnen fortan zusammen in der Nähe von Burgau. Um ihre eigene Sucht zu finanzieren, beschaffen sie sich „nicht geringe Mengen“ an Heroin bei einem Dealer in Krumbach. Was nicht selbst verbraucht wird, verschachert die 46-Jährige im sogenannten „Ameisenhandel“ an verschiedene Abnehmer in der Stadt und im Landkreis Günzburg.

    Im Januar 2019 gehen bei der Polizei erste Hinweise ein. Unter anderem schwärzt der ältere Sohn die eigene Mutter an. Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei ermitteln über mehrere Monate. Im August 2019 dringen die Ermittler in die Wohnung der beiden ein, finden unter anderem 51 Gramm Heroin. Dem 42-Jährigen aber gelingt die Flucht.

    Polizei nimmt Drogendealer in Günzburg fest

    Danach taucht er unter, wird mittels Haftbefehl gesucht. Erst im Dezember des vergangenen Jahres wird er in der Wohnung eines Bekannten in Günzburg entdeckt und festgenommen. In einer Tasche, die nach Überzeugung von Oberstaatsanwalt Markus Schroth ihm gehört, finden die Polizisten etwas mehr als 60 Gramm Heroin.

    Der Prozess vor dem Landgericht hat gerade erst begonnen, da bittet Rechtsanwalt Alfred Nübling um ein Rechtsgespräch. Hinter geschlossenen Türen wird verhandelt. Nach etwas mehr als einer Stunde verkündet Richter Liebhart das Ergebnis: Im Falle eines voll umfänglichen Geständnisses werde sich die Freiheitsstrafe für den 42-Jährigen zwischen vier Jahren und drei Monaten und fünf Jahren und drei Monaten bewegen. Eine mögliche Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anstelle einer

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