Hunde mit ärztlichem Attest durfte sie behandeln, alle anderen nicht – dagegen hatte Isabel Mutschler vom Hundesalon Lakida in Syrgenstein (Kreis Dillingen) mit anderen Hundefriseuren geklagt. Und recht bekommen: Laut Urteil vom 28. Januar des Verwaltungsgerichts Augsburg darf sie nun alle Hunde behandeln, nicht nur die mit ärztlichem Attest. Doch lässt sich diese Ausnahme auf den benachbarten Landkreis Günzburg übertragen? Thomas Strehler, Jurist und Abteilungsleiter am Landratsamt Dillingen, sagt: „Das war ein Eilantrag, der regelt nur diesen Einzelfall.“ Das Urteil habe also keine allgemeine Wirkung. Auch Jenny Schack, Sprecherin des Landkreises Günzburg, betont: „Jeder Einzelfall muss geprüft werden.“ Wenn es aber dem Prinzip „Click und Collect“ entspreche, also, „dass der Hund abgegeben und wieder abgeholt wird, sehen wir dies im Rahmen des Erlaubten“.
Dürfen Hundesalons für alle Behandlungen öffnen? Eine Frage, die auch Sandra Hartmann-Wade, 53, umtreibt. Sie betreibt seit 2012 selbstständig „Sandras Hundesalon“ in Freihalden. Sie hat den Artikel über den Etappensieg der Syrgensteiner Kollegin auf Facebook geteilt. Der Fall betrifft viele Hundefriseure, die sich auch darüber austauschen. „Ich freue mich über jeden, der öffnen darf. Denn hinter jeder Schließung steht eine Existenz“, sagt sie. Und betont: „Ich kenne niemanden, der sich in einem Hundesalon angesteckt hat.“
Hundefriseurin darf Hunde auch ohne Attest behandeln
Sandra Hartmann-Wade darf seit 25. Januar alle Hunde behandeln, auch ohne Attest. Sie musste nicht klagen. In einem Schreiben des Landratsamts vom 22. Januar wurde ihr die Öffnung erlaubt, nachdem ihre Anwältin bei der Behörde angefragt hatte. Die Begründung des Landratsamts: Ihre Dienstleistung sei eine Art „Click und Collect“, weil kein Kontakt zwischen Menschen bestehe.
Allerdings muss Sandra Hartmann-Wade Hygienemaßnahmen einhalten: Sie muss immer alles desinfizieren. Der Kunde bringt den Hund in den Salon, übergibt ihn an Sandra Hartmann-Wade über eine Plexiglasscheibe, sie wäscht den Hund sofort. Der Besitzer kommt nach Anruf von ihr nach zwei Stunden oder weniger wieder.
Kunde und Hartmann-Wade tragen bei der Übergabe FFP2-Masken. Die Saloninhaberin hat die Zeitfenster so gelegt, dass die Kunden sich nicht treffen. Die Menschen seien glücklich, mit ihren Vierbeinern wieder zu ihr kommen zu können, sagt Hartmann-Wade. Sie betont: „Es geht hier nicht um Schönheit.“ Es gehe um das Tierwohl und die Gesundheit der Vierbeiner, wenn sie zum Beispiel Nägel schneidet und die Ballen ausrasiert. Hunde müssten gepflegt werden.
Hundefriseurin klagte erfolgreich gegen Schließung des Salons
Sandra Hartmann-Wade klagte im Frühjahr bereits erfolgreich gegen die Schließung ihres Salons, diesmal verzichtete sie darauf. Was sie beklagt: Es gebe „keine einheitliche Entscheidung“ von Bundesländern und Landkreisen: Bayern sei das letzte Bundesland, in dem die Hundesalons nur bei unaufschiebbarem Bedarf und mit tierärztlichem Attest arbeiten dürften.
Unter diesen „unaufschiebbaren Bedarf“ fällt laut einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums der „Kauf von speziellem Tierfutter“ oder „Pflegebehandlungen, die erforderlich sind, um die Gesundheit des Tieres sicherzustellen beziehungsweise es vor Schmerzen zu bewahren“ – wie das Kürzen von überlangen Krallen oder Krallen, die einzuwachsen drohen, aber auch „das Rasieren von verfilztem Fell, wenn weiteres Zuwarten mit der Gefahr der Hautentzündung verbunden wäre (auf tierärztliche Empfehlung)“.
Buchhändlerin Irene Thurn bekam eine Ausnahmegenehmigung
Irene Thurn hat keinen Hundesalon, sondern eine Buchhandlung in Burgau. Sie wirbt dennoch im städtischen Anzeigeblatt Burgau aktuell mit dem Satz: „Wir haben geöffnet.“ Buchhandlungen müssen eigentlich geschlossen sein. Doch in diesem Fall gilt ebenfalls eine Ausnahmeregelung, wie die Ministeriumssprecherin erklärt: Der Buchladen sei ein Mischbetrieb, in dem auch Zeitungen und Zeitschriften verkauft würden.
Diese werden „als unverzichtbar für den täglichen Bedarf“ angesehen. Allerdings komme es hier „nicht darauf an, wie viel Verkaufsfläche der Zeitungs- und Zeitschriftenverkauf aktuell einnimmt, sondern ob mehr als 50 Prozent des gesamten Sortiments der Buchhandlung aus Zeitungen und Zeitschriften besteht“. Dann könnte Irene Thurn auch ihre Bücher im Laden verkaufen. Da der Schwerpunkt hier aber auf den Büchern liegt, kann sie nur die Zeitungen und Zeitschriften im Laden verkaufen, die Bücher seien nur zum Abholen.
Bücher dürfen nur über "Click und Collect" verkauft werden
Thurns Schreibwarengroßhändler wies sie auf die Ausnahmeregelung hin. Nun hat sie die hinteren Räume, in denen die Bücher stehen, abgetrennt. Diese verkauft sie weiterhin über „Click und Collect“, die restliche Fläche belagern zu mehr als der Hälfte Schreibwaren und Zeitungen, die sie seit 11. Januar im Laden verkauft. Die Kunden seien positiv überrascht.
Inwieweit diese Regelungen und die Ausnahmen bestehen bleiben, wird sich an diesem Mittwoch zeigen: Dann beraten Bund und Länder, wie es weitergeht mit den Corona-Beschränkungen in Deutschland nach dem 14. Februar.
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