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Landkreis Günzburg: Hochwasser setzt Ernte und Höfen zu

Landkreis Günzburg

Hochwasser setzt Ernte und Höfen im Kreis Günzburg zu

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    Krimbacher Heuballen, die weggespült wurden, Höfe, die verwüstet wurden, und vernichtete Futtervorräte, die teuer nachgekauft werden müssen. Landwirte im Landkreis Günzburg beklagen enorme Hochwasserschäden.
    Krimbacher Heuballen, die weggespült wurden, Höfe, die verwüstet wurden, und vernichtete Futtervorräte, die teuer nachgekauft werden müssen. Landwirte im Landkreis Günzburg beklagen enorme Hochwasserschäden. Foto: Verena Krimbacher, Ralf Gengnagel

    Verena und Hubert Krimbacher stehen mit ihrem Hund Balu genau an der Stelle, an der vor gut zwei Wochen innerhalb weniger Minuten gewaltige Wassermassen der Kammel in ihren Biohof im Kammeltal bei Ettenbeuren schossen und großen Schaden anrichteten. Das Hochwasser hat aber nicht nur ihren landwirtschaftlichen Betrieb hart getroffen. Ernteausfälle und Schäden stellen etliche betroffene Landwirte im ganzen Landkreis vor immense Herausforderungen. Es werde Monate, wenn nicht gar Jahre dauern, bis diese wieder normal wirtschaften können, bestätigt auch der schwäbische Bauernpräsident Stephan Bissinger vom Bayerischen Bauernverband.

    Die Krimbachers betreiben seit 40 Jahren ihren Biohof, bewirtschaften rund 41 Hektar Fläche und haben über 50 Tiere, darunter 22 Milchkühe und Mastochsen. Mit viel Hingabe und harter Arbeit haben sie ihren Hofladen als Direktvermarkter zu einem Vorzeigebetrieb entwickelt. Jetzt stehen sie nach der Hochwasserkatastrophe vor einem wirtschaftlichen Desaster. 

    Biohof im Kammeltal: Flut vernichtet Futtervorräte

    "Es war gruselig, mit welcher Wucht das Wasser ankam", berichtet Verena Krimbacher. 65 Siloballen, von denen einer zwischen 600 und 800 Kilogramm wiege, waren in einem Unterstand gelagert. "Alle 65 Siloballen wurden weggespült, als wären es Spielzeug-Wasserbälle. Das war 'saugefährlich'", erzählt Hubert Krimbacher weiter. Zudem flutete das Wasser das Fahrsilo, in dem Grünfutter für ein halbes Jahr auf Vorrat lag. Beim Unterstand hat es Teile des Fundaments ausgeschwemmt. Jetzt muss geklärt werden, ob dieser neu gebaut werden muss. Als das Wasser kam, hätten nur noch wenige Zentimeter gefehlt, so Krimbacher, dann hätte der Stall evakuiert werden müssen, so wie es bei zwei seiner Kollegen in Wettenhausen und Behlingen der Fall war. 

    "Der Schaden wird uns um Jahre zurückwerfen", sagt Krimbacher. Statt des eigenen Futters müsse nun Bioland-zertifiziertes Futter zugekauft werden. Das müsse erst einmal erwirtschaftet werden. In dieser Woche komme eine Beraterin von Bioland, mit ihr werde man begutachten, welches Futter noch verwendet werden dürfe. Die Hälfte seiner bewirtschafteten Fläche diene als Grünlandanbau. Auf seinen anderen Flächen sind Kartoffeln, Urdinkel und Getreide angebaut. Acht Hektar Land wurden zudem bei Krimbachers komplett geflutet. Die Flächen werden ebenfalls begutachtet, wobei schon jetzt klar sei, dass zwei Hektar definitiv nicht mehr zu retten sind, "zum Glück nur Wiese", sagt der Landwirt. 

    Nach Hochwasser: Rekultivierung von Anbauflächen dauert meist Jahre

    Bei überschwemmten Wiesen bestehe die Gefahr, dass wegen des Hochwassers Schadstoffe in den Boden gelangten, erklärt Stephan Bissinger. Wenn Kartoffeln oder Zuckerrüben mehrere Tage unter Wasser stehen, sterben sie ab. Allenfalls Mais könne jetzt noch neu gesät werden, erklärt der Landwirt aus Ichenhausen und schwäbischer Bauernpräsident. Für Kartoffeln, Rüben oder Getreide sei es hingegen bereits zu spät im Jahr. Wie sehr das Wasser den Kulturen zugesetzt hat, zeige sich erst nach und nach, wenn es wieder wärmer werde. 

    Im Landkreis Günzburg hat sich laut Bissinger das Hochwasser sehr konzentriert entlang der Flüsse Günz, Kammel und Mindel ausgebreitet, ganz im Gegensatz zu den Landkreisen Dillingen und Donauwörth, wo es einfach viel mehr in die Breite ging. Ein Problem der Landwirte sei der Kies von den Wegen oder vom Grund der Flüsse, der jetzt in den Wiesen und Feldern liegt. Es haben sich stellenweise Erosionsrinnen oder Gräben gebildet, durch die sich Flüsse oder Bäche durchgefressen haben. Das Gras ist wegen der Schadstoffe oftmals nicht mehr zu verfüttern. Je nach Grad der Verschmutzung lasse sich der Schnitt nur noch für Biogasanlagen verwenden. Zusätzlich hat das Wasser massiv die Anbaukulturen beschädigt. Pflanzen wurden einfach herausgerissen und weggespült, hauptsächlich davon betroffen sei der Maisanbau. Die Pflänzchen seien noch recht klein und dadurch noch nicht allzu stark verwurzelt gewesen, so Bissinger.

    Den Ernteausfall oder das Schadensausmaß zu konkretisieren, sei derzeit noch schwierig, sagt Bissinger. Die Landwirte seien noch damit beschäftigt, die Schäden zu dokumentieren und die Schadensmeldungen beim Landwirtschaftsamt einzureichen. Fakt sei aber, so der Landwirt, dass nahezu alle Acker- und Grünlandflächen entlang der Fluss- und Bachläufe massiv beschädigt sind. Es kann Jahre dauern, bis die Ertragsfähigkeit von Flächen wieder da ist, wenn die Bodenstruktur zerstört ist.

    Auch bei den Krimbachers wird sich erst noch zeigen, wie hoch der wirtschaftliche Schaden wirklich ist. "Insgesamt hatten wir noch Glück", sagt Krimbacher, "auch wenn viel kaputt ist, es hätte uns noch schlimmer treffen können." Doch eines lässt ihn nicht los. "Ich spreche da für alle Landwirte, die nahe an Gewässern leben. Wir können uns nicht elementar versichern." Man werde immer abgelehnt, sonst hätte er schon längst eine Elementarversicherung. Für Betriebe sei es existenziell, dass sie sich absichern können. Nun hoffen Krimbacher und seine Frau, dass die staatlichen Soforthilfen schnell und unbürokratisch greifen. Die Soforthilfe gilt ab 5000 Euro Schaden und beläuft sich auf 50 Prozent für nicht versicherbare Schäden und 25 Prozent für versicherbare Schäden bis maximal 50.000 Euro. Eine für die Betroffenen wichtige Hilfe. 

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