Die Degradierung von BRK-Rettungsdienstleiter Alexander Faith hatte Kreisgeschäftsführer Werner Tophofen noch selbst dem Personal mitgeteilt; die Entscheidung hätten sie gemeinsam getroffen, schrieb Matthias Kiermasz Ende April dem Vorstand. Nun hat der Vorsitzende den Geschäftsführer beurlaubt, der Vorstand hat die Entscheidung bestätigt – und die Entlassung beschlossen. Tophofen, seit 1987 in dieser Position, ist somit wenige Jahre vor der Rente aus dem Kreisverband entfernt worden, der ihn 2017 für 40 Jahre in Diensten des Roten Kreuzes geehrt hatte. Zur Unzufriedenheit im Kreisverband befragt, die viele an seiner Person festmachen, hatte er im Gespräch mit unserer Zeitung Ende Mai gesagt: Wenn in diesen Jahrzehnten alles so schlecht gewesen wäre, hätte man ihn sicher gebeten, den Posten zu räumen.
Mit ihm hat jetzt auch der Vize-Vorsitzende Johannes Schropp aufgehört, er aber aus freien Stücken. Er erklärte nach der Entscheidung zur Entlassung Tophofens seinen Rücktritt. Wie er auf Anfrage sagt, habe er sich für eine einvernehmliche Lösung ausgesprochen: „Man hätte noch mal miteinander reden sollen.“ Dafür habe er bei der Sondersitzung des Vorstands aber keine Mehrheit gefunden. Weil er die Entlassung so nicht mittragen könne, habe er aufgehört – bei der nächsten Wahl hätte er sich auch nicht mehr aufstellen lassen.
Denn auch er war bei der Vorstandswahl 2017, bei der viele langjährige Mitglieder abgewählt wurden, stimmenmäßig abgestraft worden. „Ich bin jetzt 73, irgendwann muss man einen Schlussstrich ziehen.“ Um das Rote Kreuz sorge er sich angesichts der Entwicklungen, ihm persönlich würden die netten Kontakte fehlen. Gerade mit der Ortsgemeinschaft in Thannhausen pflege er ein gutes Verhältnis. Er habe überlegt, die Mitgliedschaft im BRK zu beenden, aber die Hilfsorganisation könne ja nichts für Unstimmigkeiten im Kreisverband.
Fünf wichtige Positionen sind unbesetzt
Somit waren nach dem Abgang des Schatzmeisters – er hatte kurz nach der Wahl 2017 aufgehört –, der Degradierung des Rettungsdienstleiters zum „einfachen“ Mitarbeiter im Rettungsdienst, der Entlassung des Geschäftsführers und dann dem Rücktritt des Vize-Vorsitzenden vier wichtige Positionen unbesetzt – inzwischen sind es sogar fünf. Denn auch Justiziar Alexander Grob war gegen die Entlassung und zog jetzt seine Konsequenzen, wie Kreisvorsitzender Kiermasz sagt. Als Anwalt werde er dem BRK weiter zur Verfügung stehen. Grob selbst will sich nicht äußern, sagt er auf Anfrage.
Während es nach der Entscheidung in Sachen Faith stark rumorte und der Vorstand wohl unter Zugzwang geriet, ist nach Bekanntwerden der Absetzung Tophofens nun bei den Rotkreuzlern, mit denen unsere Zeitung gesprochen hat, nur von Zufriedenheit zu hören. Kiermasz habe wieder Vertrauen beim Personal gewonnen, auch wenn man sich frage, wie es weitergeht. Dass es zwei Lager gibt – die einen gegen Faith, die anderen gegen Tophofen –, ist bei den Reaktionen von BRKlern weiter zu spüren, die teils auch auf unsere Zeitung zukamen.
Der Bezirksgeschäftsführer übt deutliche Kritik
Karl Kilburger, Geschäftsführer des Bezirksverbands des Roten Kreuzes, heißt die Entscheidungen nicht gut: „Ich hätte es so nicht gemacht.“ Tophofen, der im Dezember 63 Jahre alt wird, habe wegen seines Amtes nicht nur Freunde gehabt, „er war auch nicht immer einfach“. So etwas gebe es auch anderswo. Jedenfalls habe der Vorstand die Leistung des Geschäftsführers „nie bekrittelt“, es habe keine Abmahnung oder dergleichen gegeben. An den Bezirksverband sei keine Kritik herangetragen worden. Kilburger findet, nach so vielen Jahren in Diensten des BRK „hätte man das auch anders regeln können“. Das habe er dem Vorstand so gesagt, aber der entscheide selbstständig.
Was Kilburger auch nicht richtig findet, ist, dass Tophofen seine Entlassung aus der Zeitung erfuhr. „So geht man mit keinem um.“ Die Gründe reichten nach seinem Dafürhalten wohl nicht für den Rausschmiss, auch wenn Tophofens Führungsverhalten dem Vorstand nicht mehr gefalle und das Vertrauensverhältnis gestört sei.
Wenn nötig, will der Bezirksverband eingreifen
Auch die Abberufung von Faith hält Kilburger persönlich für falsch, fachlich sei ihm nichts vorzuwerfen. Wenn, gehe es um „weiche Faktoren“. Aber eine Klage, wieder als Rettungsdienstleiter eingesetzt zu werden, würde wohl keinen Erfolg haben. Dass Faith wie bisher bezahlt wird, könne nicht von Dauer sein.
Was im Günzburger Kreisverband läuft, sei dem Bezirksverband unrecht. Man werde darauf achten, wie es weitergehe, und sich gegebenenfalls als Fachaufsicht einschalten. Kilburger hätte erwartet, dass der Bezirks- vom Kreisverband früh über Entscheidungen informiert werde, zumal dieser sich eine Abfindung für Tophofen nach so vielen Dienstjahren nicht leisten könne. Dass es nach dessen Abgang und der Absetzung des Rettungsdienstleiters keinen IHK-geprüften Betriebsleiter gibt, sei allerdings interimsweise möglich. In jedem Fall müsse es aber unbedingt Neuwahlen für den Kreisverbands-Vorstand geben.
Noch ein Jahr der „Baustellen“ beim BRK
Das ist auch dem Vorsitzenden Matthias Kiermasz bewusst. Erst einmal müsse aber ein Geschäftsführer gefunden werden, ein Rettungsdienstleiter werde bereits benannt. Bis die „Baustellen“ abgearbeitet sind, könnte es Mitte 2019 werden, schließlich ist es ein ehrenamtlicher Vorstand. Kiermasz glaubt, dass die Mitglieder Geduld aufbringen. Deren Vertrauen habe der Vorstand. Bei Mitarbeitern, Ehrenamtlichen und Förderern gebe es zwar Unruhe und Verunsicherung, aber bislang nur je einen Abgang beim Ehrenamt und Förderern nach Bekanntwerden des Ausmaßes der Probleme – wobei er über weitere informiert worden sei. Womöglich gehe es um „sehr ernst zu nehmende Verstöße“, etwa „Mobbing und Denunziantentum auf der mittleren Führungsebene“.
Zur Entlassung von Tophofen könne er sich nicht äußern, aber einen Fußball-Vergleich ziehen, sagt Kiermasz. Wenn bei einem Team mit Potenzial der Weg nicht stimmt und Absprachen keine Gültigkeit haben, müsse der Trainer umsteuern – und je nachdem den Spielführer tauschen. Es gebe hohe Hürden für die Abberufung eines Geschäftsführers und eine klare Mehrheit des Vorstands sei für diese gewesen. Es gehe dabei nicht um eine Abrechnung mit der Vergangenheit, sondern um den Weg in die Zukunft. Auch mit dem Fall Faith habe das nur am Rande zu tun. Für leitende Angestellte gelten zudem andere Voraussetzungen als für normale Mitarbeiter, betont Kiermasz. Und die Frage, ob sich der Kreisverband eine Abfindung leisten könne, beantwortet er so: „Es gibt einen Preis, sich von jemandem zu trennen, und einen dafür, keine Entscheidung zu treffen.“
Tophofen wurde nicht persönlich über Entlassung informiert
Probleme mit Faith seien schon zu seinem Amtsantritt als Vorsitzender vor einem Jahr präsent gewesen und er sei ihnen nachgegangen. Es habe viele Gespräche gegeben, führendes Personal brauche nicht nur Fach-, sondern auch Sozial- und Medienkompetenz. „Flankierende Maßnahmen“, um Verbesserungen auch für Faith herbeizuführen, hätten aber nicht gefruchtet. Mit Tophofen habe es ebenfalls Gespräche gegeben, doch er habe aufgezeigte Lösungen abgelehnt. Die Beurlaubung und Entlassung habe er ihm dann schriftlich mitgeteilt, nicht in einer persönlichen Unterredung, sagt der Vorsitzende.
Kiermasz sagt über sich, dass er die Dimension der Konflikte anfangs nicht erkannt habe. Wie tief und breit sie gehen, mache ihn betroffen. Er bedauert, dass im Verband „nichts vertraulich bleibt“. Man habe versucht, ihn mit Halbwahrheiten zu füttern und zu instrumentalisieren. Sowieso werde ihm alles zum Nachteil ausgelegt. Die einen kritisierten Alleingänge, andere, dass er mit Samthandschuhen agiere. Hätte er das alles vorher gewusst, „hätte ich mich schwergetan, das Amt auszuüben“. Aber es mache ihm trotz allem Spaß und im Vorstand gebe es nun eine Kultur des Vertrauens – und es werde „Tacheles“ geredet. Es sei wichtig, dass Ruhe einkehre, und auch am bevorstehenden Tag der offenen Tür am 1. Juli werde nicht gerüttelt. Die Mitarbeiter seien sehr engagiert und etwas Ablenkung tue ihnen gut.
Das Kündigungsschreiben soll jetzt auf dem Weg sein
Werner Tophofen sagt unserer Zeitung auf Anfrage, dass er den Kreisverband „erhobenen Hauptes“ verlasse. Ihm sei kein Fehlverhalten seinerseits bewusst, das eine solche Reaktion ausgelöst haben könnte. Auch hätte er gerne persönlich von der Entlassung erfahren und nicht durch einen Nachbarn, der es in der Zeitung las. Bislang habe er die Entlassung nicht schriftlich und wisse auch nichts über die Gründe – und nicht, ob die Kündigung fristlos oder fristgerecht erfolge. Erst wenn er das wisse, könne er gegebenenfalls Schritte einleiten. Das Einzige, was er wisse, ist, dass das Vertrauen zwischen ihm und Kiermasz nicht mehr gegeben sei. Der Vorsitzende erklärt gestern auf Nachfrage, dass das Kündigungsschreiben auf dem Weg zu Tophofen sein müsse.
Die Ehefrau des nun früheren Geschäftsführers, Petra Tophofen, ist beim Kreisverband Bereichsleiterin für Soziale Dienste. Auf Anfrage sagt sie, dass sie nicht vorhabe, das BRK im Kreis zu verlassen. Sie habe mit ihrem Mann vieles aufgebaut und Verantwortung für gut 100 Mitarbeiter. Sie stehe zu ihrer Verantwortung. Matthias Kiermasz hat gegenüber unserer Zeitung für sie auch nur lobende Worte.
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