Startseite
Icon Pfeil nach unten
Günzburg
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Die Welle der Hilfsbereitschaft darf nicht so schnell abebben

Kommentar

Die Welle der Hilfsbereitschaft darf nicht so schnell abebben

Rebekka Jakob
    • |
    Das Hochwasser hat vielerorts schreckliche Spuren hinterlassen.
    Das Hochwasser hat vielerorts schreckliche Spuren hinterlassen. Foto: Heike Schreiber

    Genau eine Woche ist es her, als der Landkreis Günzburg den Katastrophenfall ausgerufen hat. Seitdem ist in vielen Orten, bei vielen Familien, nichts mehr wie es war. Tagelang, bis zur Erschöpfung und darüber hinaus haben Menschen gegen die Flut gekämpft. Ein Kampf, der allzu oft verloren gegangen ist. 

    Unvorstellbares hat sich seitdem abgespielt. Und doch fällt es leicht, die Augen davor zu verschließen, was in den vergangenen Tagen im Landkreis Günzburg passiert ist, wenn die Sonne hervorkommt und die Straßen vielerorts durch fleißig zupackende Helferinnen und Helfer und Anwohner aussehen, als ob nie etwas gewesen wäre. Wer aber mit aufmerksamen Augen durch den Landkreis fährt, sieht noch die Stapel der Sandsäcke liegen, nimmt die zerstörten und gesperrten Straßen wahr, sieht die beschädigten Häuser, erkennt die Berge von Gegenständen, die jetzt nur noch für den Sperrmüll taugen. Dort, wo noch vor wenigen Tagen das Wasser stand, zeigt sich drastisch, dass man auch eine Woche nach der Ausrufung des Katastrophenfalls, der auch am Freitag noch galt, wirklich von einer Flutkatastrophe sprechen kann, die den Landkreis Günzburg mit voller Wucht und unbeschreiblicher Härte getroffen hat. 

    Zwei Extreme zeigen sich im Landkreis Günzburg

    Und es fällt den Menschen schwer, die zu den Betroffenen dieser Katastrophe zählen, gleichzeitig zu sehen, wie um sie herum das Leben einfach weiterzugehen scheint. Da, wo das Wasser keinen oder nur kaum Schäden angerichtet hat, wird wieder ganz normal gearbeitet, Unterricht besucht, ins Café gegangen, Eis gegessen, Sport getrieben. Da, wo das Wasser gewütet hat, wurden Existenzen zerstört, Erinnerungen fortgespült, Menschen kamen zu Schaden. Manche müssen sogar in dieser Katastrophe noch den Tod von Angehörigen verarbeiten.

    Es wird noch lange Zeit dauern für die Menschen im Landkreis Günzburg, zwischen diesen beiden Extremen zusammenzuleben. Solidarität ist hier gefragt, Menschlichkeit - aber auch Verstehen und Verzeihen. Verstehen, dass dies eine Ausnahmesituation ist, in der nicht alle und alles wie gewohnt funktionieren kann. Verzeihen, dass manchmal der Blick dafür fehlt, was dem anderen gerade zugestoßen ist. 

    Alle Menschen im Landkreis Günzburg haben etwas gemeinsam in diesen Tagen: Den Wunsch, zur Normalität zurück zu kehren, die Angst und die schrecklichen Bilder der Flut so schnell wie möglich hinter sich zu lassen, alles wieder in Ordnung zu bringen, die Trauer zu überwinden. Das kann aber nur funktionieren, wenn die beispiellose Welle der Hilfsbereitschaft, die den Landkreis in den vergangenen Tagen überschwemmt hat, nicht so schnell abebbt. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden