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Ichenhausen: Wie ein Autor die ehemalige Ichenhauser Synagoge beleben will

Ichenhausen

Wie ein Autor die ehemalige Ichenhauser Synagoge beleben will

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    Rafael Seligmann stellte im September 2019 seinen Roman "Lauf, Ludwig, lauf!" in der ehemaligen Synagoge Ichenhausen vor, der in Ichenhausen spielt. Rechts von ihm Bürgermeister Robert Strobel, links der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein.
    Rafael Seligmann stellte im September 2019 seinen Roman "Lauf, Ludwig, lauf!" in der ehemaligen Synagoge Ichenhausen vor, der in Ichenhausen spielt. Rechts von ihm Bürgermeister Robert Strobel, links der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein. Foto: Till Hofmann (Archivbild)

    Die frühere Synagoge Ichenhausen hat für den Berliner Publizisten und Autor Rafael Seligmann eine große Bedeutung. Dort beteten sein Urgroßvater, sein Großvater und sein Vater, ehe der mit seinem Bruder Heinrich bereits zu Beginn der nationalsozialistischen Diktatur floh.

    Mehrfach kehrte Seligmann an den Geburtsort seines Vaters zurück. Zuletzt las er aus dem ersten und dem dritten Band seiner Romantrilogie in Ichenhausen vor. Es ist ein literarisches Denkmal, das er seiner Familie und der einst blühenden jüdischen Ichenhausener Landjudengemeinde errichtet hat. Die drei Bände behandeln den erzwungenen Bruch des Vaters mit der alten Heimat, das "Fremdeln" in Palästina und die Rückkehr der Familie Seligmann – mit Sohn Rafael im Grundschulalter ins Deutschland der Adenauer-Zeit.

    Literaturprofessor Wolf ist auch Vorsitzender der Synagogen-Stiftung

    Künftig wird Seligmann häufiger in Ichenhausen zu Gast sein. Mit Klaus Wolf hat er die Idee für ein Talkformat entwickelt, das in der ehemaligen Synagoge etabliert werden soll. Wolf ist an der Universität Augsburg nicht nur Professor für Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalters und der Frühen Neuzeit mit dem Schwerpunkt Bayern. Ehrenamtlich setzt er sich als Vorsitzender der Stiftung Ehemalige Synagoge Ichenhausen auch dafür ein, dass in dieses "Haus der Begegnung" wieder mehr Leben einkehrt. Deshalb beginnen in gut einem Monat die "Ichenhausener Synagogengespräche für die Zukunft".

    Der Auftakt wird zumindest für einen der beiden Diskutanten ein Heimspiel sein: Der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel (Oberrohr) wird am Freitag, 30. September, um 17 Uhr erwartet. Waigel hat, ohne dass er es vielleicht selbst weiß, die Initialzündung für den Talk gegeben, der in jedem Quartal einmal aufgenommen werden könnte. Das ist jedenfalls eine Überlegung. Waigel hatte einen der Seligmann-Romane gelesen und dem Verfasser geschrieben, dass ihn das Buch sehr bewegt habe und es ihn weiter begleiten werde. Seligmann begann darüber nachzudenken, was es jenseits eines Literaturabends und verschiedener kultureller Veranstaltungen in der profanierten Synagoge noch geben könne.

    Bundesministerin Claudia Roth hat fest zugesagt

    Eine feste Zusage gibt es außerdem von Bundesministerin Claudia Roth im Spätherbst. Debatten zu tagesaktuellen Themen sollen im Mittelpunkt stehen. Neben hochkarätigen früheren und aktiven Politikern ist an Vertreter der Religionen wie Charlotte Knobloch und Kardinal Reinhard Marx gedacht. Mit Joe Kaeser, dem Ex-Vorstandsvorsitzenden des Siemens-Konzerns, nennt der Literaturprofessor auch einen Repräsentanten der Wirtschaft, den er gerne in Ichenhausen begrüßen würde.

    Für Seligmann ist ein solches Talkformat keine Premiere. Vor rund 15 Jahren hat der Publizist im Auftrag des Hamburger Hotels Grand Elysée eine Gesprächsreihe entwickelt. "Wir begannen mit Maybrit Illner und 30 Zuhörern und endeten mit 400." Neben der ZDF-Moderatorin wurden zum Beispiel der Schauspieler Mario Adorf, Fußballtrainer Huub Stevens und das SPD-Schreckgespenst Thilo Sarrazin befragt.

    Rafael Seligmann an einem besonderen Ort

    Ein bis zwei Jahre will Seligmann, der am 13. Oktober seinen 75. Geburtstag begeht, das machen, "den Impuls setzen", wie er es nennt. Dann soll es ohne ihn weitergehen. Häufigen Leerlauf habe die ehemalige Synagoge, die der Wehrmacht als Lager gedient hat und die nach dem Krieg lange Jahre als Feuerwehrhaus zweckentfremdet worden ist, nicht verdient. Seligmann sagt: "Die Synagoge hat nach meinem Verständnis etwas, das weit über den Ort hinausreicht."

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