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Gundremmingen: Bürgermeister kommt sich wegen Endlager-Suche veräppelt vor

Gundremmingen

Endlager-Suche: Der Gundremminger Bürgermeister kommt sich veräppelt vor

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    Das Gundremminger Brennelemente-Zwischenlager ist für insgesamt 192 Castor-Behälter ausgelegt und genehmigt.
    Das Gundremminger Brennelemente-Zwischenlager ist für insgesamt 192 Castor-Behälter ausgelegt und genehmigt. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Höchstens 40 Jahre lang, ist der Bevölkerung in der Region seinerzeit versprochen worden, wird das Zwischenlager am Standort des ehemaligen Atomkraftwerks (AKW) Gundremmingen betrieben. In rund 120 Tonnen schweren, gusseisernen Castorbehältern lagern dort die verbrauchten Brennelemente und damit hoch radioaktiver Atommüll. Diese Zeit, das weiß auch die dem Bund gehörende Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), wird nicht ausreichen. Denn nach wie vor ist in Deutschland kein Standort für ein Endlager in Sicht, geschweige denn gebaut. Wer dann noch dazurechnet, dass mit der Klärung der Standortfrage weitere 20 Jahre ins Land ziehen, bis das

    Gundremmingens Bürgermeister Tobias Bühler (CSU) hält diese "Zeitrechnung" nach seinem neuesten Kenntnisstand für plausibel und ist deshalb stinksauer, was er mit drastischen Worten beschreibt. "Als Bürgermeister komme ich mir mittlerweile verarscht vor", sagt er am Telefon gegenüber unserer Zeitung. Er werde nicht hinstehen und es gutheißen, wenn die Laufzeit für das Zwischenlager vor den Toren der Gemeinde in einem neuen Genehmigungsverfahren deutlich ausgeweitet werden soll. 

    Eine endlos anmutende Endlager-Suche für Brennstäbe

    Der Salzstock im niedersächsischen Gorleben – ursprünglich als Endlager vorgesehen – gilt inzwischen geologisch als ungeeignet. Die Entscheidung über einen weiteren Standort sollte dann bis zum Jahr 2031 erfolgen. Ein im Dezember 2022 veröffentlichter Rahmenterminplan der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) zeigt aber, dass ein solches Endlager frühestens in den 2040er-Jahren gefunden ist. Dies ist der günstigste Zeithorizont. Am anderen Ende der Skala für eine Standortentscheidung steht das Jahr 2068. 

    Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hat sich zu den neuen Zeithorizonten geäußert. Die Aufgabe des Bundesamtes besteht darin, das Verfahren zu beaufsichtigen. Es ist verantwortlich für die Beteiligung der Öffentlichkeit. Schließlich bewertet es die Ergebnisse aus den Untersuchungen der BGE sowie aus den Beteiligungsverfahren und schlägt den Endlagerstandort vor. Über den Standort entscheidet letztlich der Bundestag. Die Leerung aller Zwischenlager in Deutschland (die BGZ ist derzeit für 16 verantwortlich) nimmt nach Angaben von Insidern ungefähr so viel Zeit in Anspruch wie der Bau des Endlagers selbst. Insgesamt kommen damit zum Jahr der Standortfestlegung weitere 40 bis 45 Jahre dazu. 

    Für Bühler ist das alles nicht mehr vermittelbar. "Man kann sich auch kaputtsuchen", sagt er. Seine Gemeinde gehört der Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden kerntechnischer Anlagen in Deutschland (Asketa) an. Vor fünf Jahren hatte die Asketa während ihrer Jahrestagung die Schaffung eines Endlagers gefordert, bevor die Genehmigungen für die Standortzwischenlager auslaufen. Bis zum Abschluss des Auswahlprozesses für dieses Endlager solle am Endlagerstandort ein zentrales Eingangslager hergestellt werden. Sollte das nicht geschehen, wollen die betroffenen Kommunen entschädigt werden.

    Landrat Reichhart spricht von "bewusster politischer Verzögerung"

    Günzburgs Landrat Hans Reichhart hat kein Verständnis dafür, dass die Endlager-Suche "nicht gezielt weiterverfolgt wird" und als Konsequenz die Zwischenlager länger betrieben werden müssten als bislang geplant. Reichhart spricht von "bewusster politischer Verzögerung" in Berlin. Seit ein, zwei Jahren sei zu beobachten, dass niemand eine Entscheidung treffen wolle und man sich wegducke. Die Bundesregierung beschreite einen destruktiven Weg. "Es wird immer nur gesagt, was nicht geht. Wir waren schon einmal sehr viel weiter." 

    Für den Günzburger CSU-Landrat, früher Bau- und Verkehrsminister in Bayern, ist es "ein Armutszeugnis für Deutschland", dass sich die Schweiz auf einen Endlagerstandort geeinigt hat, während hierzulande kein Ergebnis erkennbar sei. Nicht nur die Eidgenossen sind damit Deutschland voraus. In Schweden wird ein Endlager gerade gebaut, in Finnland steht eines kurz vor der Fertigstellung.

    Atommüll: 1400 Castoren lagern bisher in Deutschland

    Spätestens acht Jahre vor dem Auslaufen der ursprünglichen Genehmigung beantragt die BGZ eine neue. Darauf wies der für den Standort Gundremmingen zuständige Sprecher der Gesellschaft für Zwischenlagerung, Stefan Mirbeth, hin. Bis dahin müsse einwandfrei nachgewiesen werden, dass auch eine längere Zwischenlagerung mit keinerlei Gefahr verbunden sei. Der zentrale Baustein dafür ist Mirbeth zufolge der Castor-Behälter selbst. Zum Teil eines internationalen Forschungsprogramms gehören Untersuchungen in Schweden, wo die eingelagerten Brennelemente unter entsprechenden Sicherheitsbedingungen direkt begutachtet werden könnten. In Deutschland wird der Druck in den Castoren mithilfe eines Doppeldeckel-Dichtsystems überprüft. Eine Veränderung des Drucks würde sich aus dem zwischen die Deckel gefüllten Heliumgas ableiten lassen. Bislang werden, wie Mirbeth sagt, rund 1400

    Dennoch fragt sich Bühler, ob und wie sich ein Castor nach 80 oder 100 Jahren verändere und wie diese Frage geklärt werden solle. "Ohne Endlager gibt es bei einem Zwischenfall auch keine Umlagermöglichkeit." "Wir können nur Druck machen, in diesen Entscheidungsprozess Klarheit und Tempo zu bringen. Der Schlüssel dafür liegt in Berlin", sagt der Günzburger Landrat. 

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