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Günzburg: Achterbahn-Unfall wirft Fragen auf – Legoland gibt sich zugeknöpft

Absperrungen verhindern, dass man im Legoland bis zur Unglücksstelle gehen kann. Das Fahrgeschäft „Feuerdrachen“ ist von dort aus nicht zu sehen.
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Achterbahn-Unfall wirft Fragen auf – Legoland gibt sich zugeknöpft

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    Nur wenig erinnert einen Tag nach dem Unglück im Günzburger Legoland an den verheerenden Zusammenstoß auf der Achterbahn. Ein Ein Unglück, bei dem 31 Menschen verletzt wurden, davon einer schwer.

    Doch jetzt, keine 24 Stunden nach dem Zusammenstoß strömen wieder die Besucherinnen und Besucher in Scharen in den Freizeitpark. Sie schießen Fotos vor dem Eingangstor mit der großen Legoland-Schrift. Die Waggons einer Achterbahn rattern auf den Gleisen und wenn es rasant bergab geht, schreien die Insassen vor Aufregung in schrillen Tönen.

    Am Freitag ging der Parkbetrieb im Günzburger Legoland unvermindert weiter – nur der Bereich „Land der Ritter“ war geschlossen.
    Am Freitag ging der Parkbetrieb im Günzburger Legoland unvermindert weiter – nur der Bereich „Land der Ritter“ war geschlossen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Mit genauerem Hinschauen fällt allerdings doch auf, dass an diesem Tag der Betrieb etwas anders läuft als sonst. Vereinzelt kehren Gäste am Eingang wieder um und laufen zum Parkplatz zurück. Es sind Menschen, die kein Ticket vorab gekauft hatten. „Wir sind ausverkauft“, sagt ein Mitarbeiter von Legoland. Die maximale Kapazität sei reduziert worden und daher gebe es an der Kasse keine Tagestickets zu kaufen. Wie Legoland mitteilt, ist außerdem der Bereich „Land der Ritter“ gesperrt. Denn dort war am Donnerstagnachmittag das Unglück passiert.

    Alle Verunglückten sind laut Legoland Deutschland wieder aus der Klinik entlassen

    Ebenfalls keinen Eintritt gibt es für die angereiste Journalistenschar. Nur für ein paar Aufnahmen dürfen die Fotografen am Freitagnachmittag bis ans Absperrband (von wo man den „Feuerdrachen“ aber nicht sehen konnte) und werden dann wieder hinaus eskortiert.

    Kurz zuvor gibt Manuela Stone, Geschäftsführerin von Legoland Deutschland, ein knappes Pressestatement. Darin dankt sie den Teammitgliedern und Rettungskräften, die so rasch geholfen haben. Den Verletzten wünsche sie „eine ganz schnelle Genesung“. Nachfragen sind aber nicht erwünscht. Wer trotzdem welche stellt, erhält keine Antwort.

    Immerhin: Alle Verletzten sollen das Krankenhaus bereits wieder verlassen haben. Auch wenn Legoland kaum etwas sagt, kristallisiert sich allmählich trotzdem ein Bild heraus, was eigentlich genau am Vortag etwa gegen 13.45 Uhr passiert ist. Dank der Informationen der Polizei. Und der Rettungskräfte.

    Geschäftsführerin Manuela Stone gab nur eine kurze Stellungnahme im Freien.
    Geschäftsführerin Manuela Stone gab nur eine kurze Stellungnahme im Freien. Foto: Bernhard Weizenegger

    Klar ist, dass ein Zug des „Feuerdrachen“ kurz vor dem Bahnhof zum Stillstand kam. Ein Zweiter fuhr auf den ersten auf. In jedem Zug saßen nach Angaben von Roland Maier, Leiter des Fachkommissariats 1 der Kriminalpolizeiinspektion Neu-Ulm, 19 Fahrgäste. Als die Rettungskräfte an dem Unfallort eintrafen, waren bereits neun verletzte Fahrgäste aus dem ersten Zug gebracht worden. Rettungsdienst und die First Aid Station des Legolandes bestückten einen Sammelraum, in dem die medizinische Erstversorgung stattfand.

    Wie der organisatorische Leiter des Rettungsdienstes Alexander Donderer unserer Redaktion mitteilte, befand sich auch ein Schwerverletzter unter den Fahrgästen. „Bei der Person bestand der Verdacht auf ein sogenanntes stumpfes Bauchtrauma, das sie sich durch den Haltebügel der Achterbahn zuzog.“ So eine innere Verletzung könne auch lebensgefährlich werden, sagte Donderer.

    Im zweiten Achterbahnzug, der auf den ersten gefahren war, saßen noch zwölf Personen mit leichten Verletzungen. Auch vor diesem Hintergrund hatte sich die Lage für die Einsatzkräfte entspannt. „Es war keine übertriebene Eile geboten, jemanden sofort und schnell aus dem Zug retten zu müssen“, sagte Christoph Stammer, Kommandant der Günzburger Feuerwehr. Neben den Blessuren war es der Schrecken, der tief saß. Einige Tränen flossen, andere Menschen blieben gefasst. Auch Kinder saßen in der Achterbahn fest. „Insgesamt blieben die Fahrgäste alle ziemlich ruhig. Eine Panik kam nicht auf“, sagte Stammer.

    Unfall im Legoland Günzburg: Die Rettungskräfte können rasch helfen

    Die Feuerwehr Günzburg übernahm die technische Rettung zusammen mit den Kräften der Feuerwehr Deffingen und der Höhenrettungsgruppe der Berufsfeuerwehr Augsburg. Der Kreisbrandrat des Landkreises

    „Wir haben ein paar Hinweise über den Verlauf, aber noch keine Erkenntnisse über die Ursache“, sagt Roland Maier von der Kripo Neu-Ulm am Freitag. „Jetzt gilt es zu klären, ob der erste Zug dort stehen sollte oder ob der zweite zu früh in diesen Bereich einfuhr“, erklärt Maier. Außerdem sei unklar, ob ein technisches oder ein menschliches Versagen den Unfall verursachte. Das zu untersuchen, ist Aufgabe des Sachverständigen, der zu dem Fall hinzugezogen wurde. Ermittelt wird wegen fahrlässiger Körperverletzung, sagt Thorsten Thamm von der zuständigen Staatsanwaltschaft Memmingen. Derzeit richteten sich die Ermittlungen gegen Unbekannt.

    Nach dem Unfall berichtet ein Familienvater gegenüber unserer Redaktion, es habe kurz vor dem Unfall eine Durchsage gegeben, die auf einen technischen Defekt an der Bahn hinwies. Auf unsere Nachfrage am Freitagnachmittag hin sagt Legoland-Pressesprecherin Kathrin Stadlmayr dazu: „Es ist richtig, dass es bei einer Störung eine Durchsage bei uns gibt.“ Ob dies am Donnerstag so war, dazu möchte sie sich nicht äußern. In sozialen Netzwerken wurde behauptet, dass es in der vergangenen Woche bereits technische Probleme am „Feuerdrachen“ gab. Dies habe eine Besucherin miterlebt, danach soll es mehrere Leerfahrten am „Feuerdrachen“ gegeben haben. Stadlmayr betont dazu, dass alle Fahrgeschäfte ein hohes und empfindliches Sicherungssystem haben. Deswegen komme es gar nicht so selten vor, dass eine Fehlermeldung auftauche. Sobald eine Fahrt unterbrochen wird, gebe es danach eine Leerfahrt.

    Der Themenbereich „Land der Ritter“, in dem sich die besagte Achterbahn befindet, ist am Freitag gesperrt – und es werde von Tag zu Tag neu entschieden, ob einzelne Bereiche wieder für die Gäste zur Verfügung stehen oder nicht. Warum das Legoland am Donnerstag nach dem Unglück nicht komplett evakuiert wurde, sondern nur ein Themenbereich, habe mit der Größe des Parks zu tun. Er besteht aus neun unterschiedlichen Bereichen und die meisten Gäste hätten gar nichts von dem Unfall mitbekommen, sagt Stadlmayr.

    Der niederbayerische Hersteller der Achterbahn exportiert weltwelt

    Der Hersteller des „Feuerdrachens“ sitzt übrigens im niederbayerischen Deggendorf. Doch viel erfährt man dort nicht. „Kein Kommentar“ heißt es freundlich, aber bestimmt von der Sprecherin des Unternehmens Zierer Karussell- und Spezialmaschinenbau. Zu dem Vorfall in Günzburg äußere sich die Firma nicht. Immerhin lässt sich aber sagen, dass das Unternehmen wohl ein Profi in diesem Segment ist, existiert es doch seit 1930. Zierer operiert weltweit und wirbt selbstbewusst bei Kunden für sich: „Auf der Suche nach dem nächsten Kick beschreitet die Zierer Karussell- und Spezialmaschinenbau GmbH immer wieder neue Wege, sei es durch den Einsatz neuartiger, schulterbügelfreier Rückhaltesysteme, speziell geformter Sitze oder durch einzigartige Designs.“ 75 Mitarbeiter – Ingenieure, Techniker, Maschinenbauer und Künstler – sind dort tätig. Und die Kunden von Zierer sitzen auf der ganzen Welt – bis in den USA, Japan oder China. Der „Feuerdrachen“ in Günzburg wird in

    Wenig Informationen erhält man auch von der Prüfinstanz des „Feuerdrachens“, beim TÜV Süd. „

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    Ein Großaufgebot an Rettungskräften war im Freizeitpark Legoland in Günzburg im Einsatz. 31 Personen wurden bei einem Achterbahn-Unfall verletzt, eine davon schwer.

    Unterdessen ist die Stimmung unter den Besuchern weitgehend entspannt. „Wir hatten die Tickets schon gekauft“, erzählt die Mutter einer Familie aus Esslingen. Der Besuch im Legoland sei schon länger geplant gewesen. „Die Kinder haben sich so darauf gefreut“, sagt die Frau. Die Tochter, 7, und der Sohn, 1, seien noch zu klein, um mit den großen Achterbahnen zu fahren. Daher sei sie nicht übermäßig beunruhigt. „Aber ein bisschen mulmiges Gefühl hat man schon. Eigentlich muss man immer mit so etwas rechnen, aber man versucht, es zu verdrängen.“ Ihr selbst sei bei Fahrgeschäften immer „ein bisschen bang“. Trotzdem gehe sie davon aus, dass „alles sicher ist“.

    Viele weitere Besucherinnen und Besucher erzählen, generell Vertrauen in die Anlagen zu haben. Sie gingen davon aus, dass gerade jetzt, nach dem Unglück, die Sicherheit besonders gründlich überprüft worden sei. Eine Frau erzählt, sie habe ihr Ticket sogar erst gekauft, nachdem sie bereits von dem Unfall erfahren habe.

    Aus den noch betriebenen Fahrgeschäften des Parks hört man wieder schrilles Kreischen. Der Betrieb geht weiter. Ein Gutachten, das die Dekra erstellen und das Klarheit bringen soll, wird in Auftrag gegeben. Doch bis das vorliegt, vergehen noch Wochen oder Monate.

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