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Günzburg/Kreis Günzburg: Bahn zieht sich von Ticketverkauf an Stationen zurück: Reisezentrum Günzburg schließt

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Bahn zieht sich von Ticketverkauf an Stationen zurück: Reisezentrum Günzburg schließt

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    Das Reisezentrum der Deutschen Bahn am Günzburger Bahnhof schließt Ende 2022.
    Das Reisezentrum der Deutschen Bahn am Günzburger Bahnhof schließt Ende 2022. Foto: Bernhard Weizenegger

    Die Deutsche Bahn hat entlang der Mittelschwabenbahn-Strecke die Fahrkartenautomaten abgebaut, stattdessen könne man im Zug an einem Gerät oder beim Personal die Tickets erwerben (wir berichteten). Was bedeutet das nun konkret für die Kunden – und worauf müssen sie sich einstellen, wenn das private Unternehmen Go-Ahead Ende nächsten Jahres die Fuggerexpress-Linie zwischen Ulm, Augsburg und München übernimmt und sie in Günzburg umsteigen? Diese Frage stellt sich auch in anderer Hinsicht: Denn die Bahn hat unserer Zeitung mitgeteilt, dass sie ihr Reisezentrum in Günzburg schließt.

    Jörg Bruchertseifer vom Fahrgastverband Pro Bahn sieht kein Problem darin, dass die Deutsche Bahn bei der Mittelschwabenbahn den Weg ändere, auf dem man an die Fahrkarten kommt. Die Forderung des Verbands sei, dass man spontan mit dem Zug fahren können muss, und dazu zähle auch, spontan ein Ticket zu kaufen. Es gebe schon andere Strecken, auf denen man das beim Zugbegleiter tun kann, gerade weil die meisten inzwischen im Internet ihre Fahrkarten lösten.

    Der Vorteil sei, dass man in einem eine Beratung bekomme und der Vandalismus an den Bahnsteigen geringer werde, da es keine Automaten gibt. Der Haken an der Sache sei, dass man etwa beim Schaffner keinen Sparpreis bekomme. Was die Mittelschwabenbahn angeht, müsse man auch sehen, dass es andere Bahnstrecken gebe, die häufiger frequentiert würden. Viel Potenziel im Landkreis gebe es bei einer Verknüpfung von Bahn und Bus.

    Defekte Geräte oder fehlendes Personal sollen Kunden nicht zum Nachteil gereichen

    Die Deutsche Bahn erklärt auf Anfrage, dass „im Rahmen des Redesigns unserer Fahrzeuge in alle ein Automat eingebaut wurde“. Darüber hinaus werde ein Zugpaar der Verbindung von Ulm über Günzburg nach Krumbach noch bis Mitte Juni dieses Jahres mit einer abweichenden Baureihe bedient, in die keine Automaten eingebaut sind. Auf diesen Zügen werde es Kundenbetreuer geben, die Fahrkarten ohne Aufpreis verkaufen. Wo noch kein Automat vorhanden ist, werde immer Personal mitfahren.

    Falls ein Gerät defekt oder mal kein Zugbegleiter an Bord ist, werde das für den Fahrgast kein Problem bedeuten – er könne ja nichts dafür. „Sollte eine Kontrolle stattfinden, kann der Kunde eine Fahrkarte ohne Zuschlag erwerben. Sollte er zum Beispiel in Mindelheim oder Günzburg in einen anderen Zug der Linien Ulm–Augsburg beziehungsweise Memmingen–München umsteigen, muss er sich beim Umstieg einen Fahrschein kaufen“, erklärt die Sprecherin. Jörg Bruchertseifer von Pro Bahn ergänzt, dass ein Fahrgast kostenlos mitgenommen werden müsse, wenn er am Bahnsteig oder im Zug kein Ticket mit Bargeld kaufen könne.

    Weniger Automaten im Zug statt am Bahnsteig - für die Bahn rechnet sich das

    Angesichts dessen, dass etwa in Zügen der Bayerischen Regiobahn die Automaten im Zug abgebaut wurden und ab nächstem Jahr in DB-Fernverkehrszügen keine Tickets mehr verkauft werden, stellt sich jedoch die Frage, wie lange das neue Angebot vorhält. Dazu betont die Sprecherin: „Eine erneute Anpassung des Vertriebskonzepts ist aktuell kein Thema, insbesondere, da wir ja aktuell erst alle Züge mit Automaten ausgestattet haben.“ Auch stellt sich die Frage, warum sich die Geräte an den Bahnsteigen angeblich nicht gerechnet haben, aber in den Zügen welche eingebaut werden. „Wir benötigen hier weniger Automaten als an den Bahnsteigen. Dort würden wir 19 Automaten für alle 19 Zwischenhalte – außer Günzburg und Mindelheim, weil hier Automaten für die anderen dort verkehrenden Züge stehen – benötigen.“

    Wenig ansprechend ist die Bahnstation in Ichenhausen. An einem Wartehäuschen sind Scheiben zertrümmert, am Gebäude sind Schäden sichtbar. Und die Deutsche Bahn hat entlang der Mittelschwabenbahn-Strecke die Fahrkartenautomaten abgebaut. Stattdessen gibt es die Tickets nun in den Zügen.
    Wenig ansprechend ist die Bahnstation in Ichenhausen. An einem Wartehäuschen sind Scheiben zertrümmert, am Gebäude sind Schäden sichtbar. Und die Deutsche Bahn hat entlang der Mittelschwabenbahn-Strecke die Fahrkartenautomaten abgebaut. Stattdessen gibt es die Tickets nun in den Zügen. Foto: Bernhard Weizenegger

    In den Zügen brauche man nur neun Geräte, da es nur neun Züge gebe, die auf der Mittelschwabenbahn eingesetzt werden. „Hierdurch sinken die Kosten bei gleichbleibenden Einnahmen, und die Maßnahme rechnet sich.“ Wie sich die Frequenz an den Automaten an den Bahnsteigen entwickelt hat, kann sie nicht sagen, da ein Vergleich nicht möglich sei. Das Buchen im Internet und Corona hätten zu Veränderungen beim Fahrgastaufkommen sowie beim Verhalten der Kunden beigetragen.

    Möglicherweise stehen in Günzburg verschiedene Automaten nebeneinander

    Einen anderen Weg geht der Konkurrent Go-Ahead. Das private Bahnunternehmen übernimmt unter anderem im Dezember nächsten Jahres die Nahverkehrsstrecke zwischen Ulm, Augsburg und München. An bestimmten Stationen werden Fahrkartenautomaten installiert, außerdem ist unter anderem in Günzburg ein Kundencenter geplant. Sprecher Winfried Karg erklärt, dass dies Teil der Ausschreibung der zuständigen Bayerischen Eisenbahngesellschaft gewesen sei. In der Regel würden an den Stationen, an denen nur Züge von Go-Ahead halten, die Geräte installiert. Denn dort sei man dazu verpflichtet worden, den Fahrkartenvertrieb zu übernehmen, etwa in Burgau.

    An Stationen, an denen Züge mehrerer Unternehmen halten, wie in Günzburg oder Augsburg, könne es unterschiedlich sein. Eventuell würden Automaten mehrerer Anbieter nebeneinander stehen. Doch „die Fahrkarten werden gegenseitig anerkannt, das heißt, eine Fahrkarte von Günzburg nach Ulm gilt dann künftig zum Beispiel in den Zügen von Agilis und unserem Unternehmen gleichermaßen – egal, wer sie verkauft hat.“ Teil des Vertrags sei auch, in allen Zügen Begleitpersonal an Bord zu haben.

    Go-Ahead hat noch keinen Standort für Kundencenter in Günzburg

    Auch die Bahn-Sprecherin betont, dass es nach aktuellen Abstimmungen mit Go-Ahead durch den Betreiberwechsel keine Veränderungen bei der Anerkennung der Fahrscheine geben werde. Die Kunden könnten sich also weiterhin bei der DB durchgehende Fahrscheine bis zum Zielort kaufen, auch wenn eine Teilstrecke mit Go-Ahead zurückgelegt wird. Aber eine Veränderung wird es mit dem Betreiberwechsel geben. Zwar seien bis Dezember 2022 beim DB-Reisezentrum in Günzburg keine Veränderungen zu erwarten. Mit der Übernahme der Regionalverkehre zwischen Ulm, Augsburg und München, also der bisherigen Fuggerexpress-Linie, durch Go-Ahead werde dieses Unternehmen „auch den personenbedienten Fahrscheinverkauf am Bahnhof Günzburg verantworten“.

    Solche Züge in den bayerischen Landesfarben werden ab Ende 2022 von Go-Ahead im Regionalverkehr zwischen Ulm und Augsburg eingesetzt: links ein Doppelstockzug Siemens Desiro HC, rechts ein einstöckiger Siemens Mireo.
    Solche Züge in den bayerischen Landesfarben werden ab Ende 2022 von Go-Ahead im Regionalverkehr zwischen Ulm und Augsburg eingesetzt: links ein Doppelstockzug Siemens Desiro HC, rechts ein einstöckiger Siemens Mireo. Foto: Siemens Mobility

    Auf Nachfrage, ob dies das Aus für das DB-Reisezentrum am Bahnhof bedeutet, ergänzt die Sprecherin, dass für Günzburg festgelegt sei, dass der Betreiber der Regionalverkehre zwischen Ulm, Augsburg und München den personenbedienten Fahrscheinverkauf sicherstelle, da von Günzburg Richtung Ulm und Augsburg deutlich mehr Reisende unterwegs seien als in Richtung Krumbach und Mindelheim. Es sei auf alle Fälle gewährleistet, dass unabhängig vom Betreiber weiterhin Fahrscheine für DB-Strecken verkauft werden. Doch das eigene Reisezentrum werde dann geschlossen. Dass Go-Ahead dessen Räume für das eigene Kundencenter nutzen wird, muss dies nicht bedeuten – nach Auskunft von Sprecher Winfried Karg sei noch nicht entschieden, wo in Günzburg man eröffne.

    Keine Fernverkehrstickets mit persönlicher Beratung in Günzburg

    Die Frage, warum die Bahn ihr Reisezentrum schließt, wird nur damit beantwortet, dass Go-Ahead ein Kundencenter eröffne und die Kunden somit weiter einen Ansprechpartner hätten. Auf die Anmerkung, dass es auch andere Bahnhöfe in Deutschland gibt, an denen Konkurrenten halten und mitunter einen eigenen Fahrkartenschalter haben, die DB aber trotzdem weiter ein Reisezentrum betreibt, geht man nicht ein. Jörg Bruchertseifer von Pro Bahn sieht hier in jedem Fall einen Rückzug der Deutschen Bahn, der auch andernorts zu beobachten sei. Er merke immer wieder, dass auch die „Systemkenntnis Eisenbahn“ abnehme. Ob die Kunden also bei Go-Ahead auch für Belange der DB ausreichend beraten werden, müsse sich zeigen. Leider schauten auch die Träger des öffentlichen Nahverkehrs nur auf ihre Region und ließen das Gesamtnetz außer Acht, sodass hier etwa Vorgaben für den Fernverkehr fehlten.

    Für Günzburg wäre es ein Problem, wenn Go-Ahead sich nur auf die in der Ausschreibung geforderten Leistungen konzentriere – Sprecher Karg jedenfalls verweist hier auf den Verkauf von Nahverkehrsfahrkarten. „Der Vertrieb von Fernverkehrsfahrscheinen ist Aufgabe der DB Fernverkehr AG, die uns auf unsere Initiative hin signalisiert hat, kein Interesse daran zu haben, uns damit zu beauftragen.“ Wiederum schiebt die Bahn die Verantwortung auf Go-Ahead: Dem Betreiber stehe es frei, eine Lizenz dafür zu erfragen, die er „selbstverständlich auch bekommen würde“.

    Günzburgs OB Jauernig will sich vernünftigen Service einsetzen

    Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig (SPD) sagt, er sei nur vom Vermieter, nicht aber der Bahn selbst über die geplante Schließung informiert worden. Wer einen stationären Vertrieb sicherstellt, sei zweitrangig – aber es müsse auch im Rahmen des Deutschlandtakts weiter einen in der Stadt geben für Nah- und Fernverkehr. Dafür werde man sich einsetzen.

    Die Bayerische Eisenbahngesellschaft als zuständige Stelle für den Schienenpersonennahverkehr in Bayern hat auf Fragen unserer Redaktion nicht reagiert.

    Lesen Sie dazu den Kommentar von Christian Kirstges:

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