In vielen Bereichen des Landkreises hat das Hochwasser vor rund einem Monat immense Schäden hinterlassen. Dass einzelne Gebiete von den Wassermassen profitiert haben, ist kaum vorstellbar, mit Blick auf die Zerstörungen, die immer noch ans Tageslicht treten. Doch Teile der Natur sind extrem widerstandsfähig und sogar extra dafür ausgerichtet. Der Auwald entlang der Donau etwa wurde stark überflutet – und das tut ihm tatsächlich gut, wie Raphael Rehm, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos (Arge), im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt. "Aus naturschutzfachlicher Sicht war das Hochwasserereignis im Bereich der Arge nicht so schlimm, das Wasser ist im Moor willkommen, die Aue lebt davon." Das System Auwald sei von Grund auf so definiert, dass dort regelmäßig überschwemmt wird. Das Weichholz der Baumarten ist im Gegensatz zu den klassischen Laub- und Nadelwäldern sehr biegsam. "Die Weichholzaue kann bis zu 300 Tage im Jahr im Nassen stehen", erklärt Rehm. Ein Landwaldbaum wie die Buche würde das so nicht verkraften. Ein intakter Auwald bietet sogar einen Hochwasserschutz für die Region: Durch die Überflutung der Auen verbleibt das Wasser in der Landschaft und entlastet die Flüsse.
So wirkt sich das Hochwasser auf Feuchtwiesengebiete aus
Auch in den Moorgebieten (Leipheimer und Gundelfinger Moos) hat sich durch den Regen viel Wasser gesammelt. Bei der Kontrolle der Pegelstände und des Grundwassers seien Rehm und seine Kollegen jedoch überrascht gewesen: "Hier waren wir schon so weit von der Donau weg, der Grundwasserdruck hat gar nicht bis ins Moos gewirkt." Die Grundwasserstände seien zwar etwas gestiegen, aber niedriger als in den Wintermonaten geblieben. Im Winter füllt sich das Grundwasser in der Regel immer wieder auf, da es keine Verdunstungen gibt oder "Wasserschlucker" wie das Laub. "Im Moor gibt es nach dem Hochwasserereignis natürlich trotzdem nasse Äcker und Wiesen, doch das ist Oberflächenwasser", erklärt Rehm. Also kein Grundwasser, sondern Regen, der nicht absickert.
Ein Blick in die Tierwelt im Donaumoos zeigt: "Nach dem Hochwasser gibt es die Gewinner und Verlierer", so der Geschäftsführer. Maulwürfe, Mäuse und andere Kleinsäuger und vor allem Niederwild wie Hasen oder Rehe mussten teils sterben. Sie sind nicht schnell genug aus ihrem Bau gekommen oder konnten sich nicht rechtzeitig ins Trockene retten. Im Moor fiel die Flut in die Brutzeit. "Es kam zu einigen Gelegeverlusten bei verschiedenen Vogelarten", so Rehm, der die Entwicklungen der Bestände kontinuierlich im Blick behält. Bei den Bodenbrütern wurden einige Nester überspült. Andere Arten wiederum profitieren vom Wasser. So etwa Libellen, Schrecken und andere Insekten, die feuchten Boden brauchen. Insekten gibt es nach der Staunässe genug. Überflutungsmücken etwa legen ihre Eier an feuchten Stellen an den Uferrändern von Flüssen und Seen ab. Erst wenn die Eier durch Wasserstandsschwankungen umspült werden und es warm ist, schlüpfen die Larven.
Manche Wasservögel breiten sich jetzt auf dem Festland aus
Für die Watvögel und andere Insektenfresser seien die überschwemmten Ackerflächen ein Paradies. "Acker sind für Jungvögel normalerweise problematisch", erklärt der Experte. Etwa, weil der Fuchs dort sonst auf die Jagd geht, um Mäuse zu jagen. Doch aktuell kann man sogar Kiebitze auf den Feldern beobachten. Diese Art wird von der Arge intensiv betreut, der Kiebitz ist 2024 als Vogel des Jahres gekürt worden. Das sind die schönen Momente für die Naturschützerinnen und -schützer. "Ein Ornithologe sagte neulich zu mir, er habe noch nie so viele Bläss- und Teichhühner auf den Flächen gesehen", erzählt Rehm. Ein Blässhuhn verlässt das Wasser sonst nur ungern.
Trotz der guten Nachrichten aus dem Tierreich gibt es auch hier "Verlierer". Der dunkle Ameisenbläuling zum Beispiel, der auf der Roten Liste steht, aber in der Region durchaus vorkommt. Anfang Juni schlüpfen die Larven und die Schmetterlinge fliegen aus. "Hier gehen wir leider von harten Verlusten aus und ganzen Populationen, die im Wasser abgesoffen sind", prognostiziert Rehm. "Da der Bläuling eh schon gefährdet ist, ist das ein herber Rückschlag für diese Art."
Ob der Flamingo, der in den vergangenen Monaten meist an den Mooswaldseen gesichtet wurde, auch nach dem Hochwasser noch dort lebt, kann der Arge-Chef nicht hundertprozentig sagen. Seine Datenabfrage im Sichtungssystem zeigt, dass seit dem Hochwasser keine Beobachtung gemeldet wurde. Allerdings müsse das nichts heißen, die Sichtungen passieren in keinem bestimmten Zeitablauf. Überleben könnte er hier auf jeden Fall.