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Fördergeldaffäre in Günzburg: Urteil gegen Ex-Vorsitzende Stephanie Denzler gefallen

Günzburg/Memmingen

Günzburger Fördergeldaffäre: So lautet das Urteil gegen Denzler

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    Die Vorsitzende des Kita-Trägervereins habe sich selbst nicht bereichert, so die Auffassung des Gerichts.
    Die Vorsitzende des Kita-Trägervereins habe sich selbst nicht bereichert, so die Auffassung des Gerichts. Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)

    Stephanie Denzler „hat für die Kita gebrannt“, sagt ihr Verteidiger Nikolaus Fackler in seinem Plädoyer im Verhandlungssaal des Landgerichts Memmingen. Sie habe als ehrenamtliche Vorsitzende gehandelt und sich mit keinem Cent persönlich bereichert. Gegen 11.15 Uhr wird die ehemalige Vorsitzende des Trägervereins der Kindertageseinrichtung Kids&Company aus Günzburg am Dienstag des Betrugs in 46 Fällen schuldig gesprochen. Das Urteil beinhaltet ein Jahr und zehn Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, plus die Kosten des Verfahrens, die Denzler tragen muss. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre, außerdem muss die Ex-Vorsitzende als Auflage insgesamt 5000 Euro in monatlichen Raten an den Verein Kinderhospiz im Allgäu zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

    Als damals erste Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Landkreis Günzburg hatte die heute 49-Jährige Pauschaltarife für die Buchungszeiten der Kinderbetreuung in der Einrichtung eingeführt. Diese Ausgestaltung soll dazu geführt haben, dass Eltern mehr Stunden für ihre Kinder gebucht haben, als tatsächlich genutzt wurden. Die Vorsitzende habe dennoch in den Jahren von 2016 bis 2019 bei den Aufenthaltsgemeinden der Kinder die vollumfängliche Förderung beantragt, obwohl der Träger darauf keinen Anspruch gehabt habe. Dadurch sei laut der Staatsanwaltschaft Memmingen eine Fördersumme von rund 1,5 Millionen Euro zu Unrecht ausbezahlt worden. Das Verfahren ist komplex, die Entscheidung der 2. Strafkammer keine leichte. Nach zwei Vorgesprächen zwischen den Prozessbeteiligten vor Eröffnung der Hauptverhandlung und einem Rechtsgespräch am ersten Prozesstag vergangene Woche, stand fest, dass das Gericht von keiner gewerbsmäßigen Absicht ausgeht, wie es die Staatsanwaltschaft ursprünglich vorgeworfen hatte. Für eine „persönliche Bereicherung“ hat es laut Richter Förschner sowie vonseiten der Staatsanwaltschaft „keine hinreichenden Anhaltspunkte“ gegeben. Zwar habe die Angeklagte Zahlungen eines Dienstleisters für Buchhaltungs- und Verwaltungstätigkeiten erhalten, es habe jedoch keinen hinreichenden Tatverdacht gegeben, dass der Inhalt etwas mit den Fördermitteln zu tun hätte. Letztlich war es die geständige Einlassung der Angeklagten im Rahmen der Verständigung, die das Gericht im Rahmen der Urteilsfindung zu Gunsten Denzlers berücksichtigte.

    Der Verein aus Günzburg habe das Preismodell für die Kita mitgetragen

    Die nicht rechtmäßig geflossenen Fördergelder seien nach Auffassung des Gerichts der Einrichtung zugutegekommen. Das spreche für die Angeklagte. Die unrechtmäßig geflossenen Beiträge seien bereits zurückgezahlt worden. Außerdem sei „das System nicht von ihr allein initiiert worden“, sondern von weiteren Personen mitgetragen worden. „Sonst hätte das gar nicht so umgesetzt werden können“, sagt Förschner.

    Letztlich ist es aber nur die ehemalige CSU-Politikerin, die als Privatperson in einem früheren Ehrenamt von der 2. Strafkammer schuldig gesprochen wird. Zum ersten Mal ergreift sie im Rahmen der Verhandlung selbst das Wort, als es um die persönlichen Verhältnisse geht. Sie schildert ihre berufliche Laufbahn sowie ihr ehrenamtliches Engagement. Zum 31. Mai dieses Jahres habe sie aufgrund des anstehenden Verfahrens ihre Rechtsanwaltszulassung zurückgegeben. Auch den Vorsitz im Förderverein der Bezirkskliniken Schwaben habe sie abgegeben, bei den Neuwahlen der Vorstandschaft des THW Günzburg im September wird sie nicht mehr antreten. Lediglich im Elternbeirat der Schule sei sie noch aktiv. Als Verteidiger Fackler das Gericht über die wirtschaftlichen Verhältnisse Denzlers aufklärt, kämpft diese mit den Tränen.

    Fördergelder für Kids&Company: 2019 wird das Landratsamt stutzig

    „Das ist ein Modell, das tatsächlich den Förderrichtlinien zuwiderläuft“, so Förschner in seiner Urteilsbegründung. Die Einschätzung komme daher, weil es nicht für alle Zeitstufen gestaffelte Elternbeiträge gegeben habe. Das Modell „provoziere“, dass es zu Überbuchungen komme. Die Strafkammer sieht in den zu Unrecht beantragten Fördergeldern dahin gehend einen „Vertrauensbruch“, weil die Richtlinien zur Förderung prinzipiell darauf ausgelegt sind, „dass Daten von den Einrichtungen korrekt eingepflegt werden.“ Es gebe wenig Nachprüfungsmöglichkeiten, wie auch die Aussage der Zeugin aus dem Landratsamt belegt habe.

    Stephanie Denzler (links) musste sich vor dem Landgericht Memmingen verantworten. Sie hat sich über ihren Anwalt Nikolaus Fackler (rechts daneben) eingelassen.
    Stephanie Denzler (links) musste sich vor dem Landgericht Memmingen verantworten. Sie hat sich über ihren Anwalt Nikolaus Fackler (rechts daneben) eingelassen. Foto: Oliver Wolff

    Das Buchungssystem mit zwei Preisausgestaltungen ist erst nach einigen Jahren aufgefallen, wie die Mitarbeiterin des Jugendamts bereits vergangene Woche im Zeugenstand erklärte. „Es gab eigentlich nie Anlass für Auffälligkeiten“, sagte die Fachaufsicht im Landratsamt. Erst 2019 sei sie stutzig geworden. Anlass war der Fall eines Kindes einer einkommensschwachen Familie, für dieses hätte es Zuschüsse für bis zu fünf Stunden Betreuungszeit gegeben. Bei der Beantragung der wirtschaftlichen Hilfe sei dann herausgekommen, dass für den Buben neun Stunden gebucht worden seien, obwohl die Familie dies gar nicht gebraucht hätte. „Wir können nicht wenige buchen, weil das würde ja mehr kosten“, hätte der Erziehungsberechtigte dem Jugendamt erklärt. Dadurch sei „das alles ins Rollen“ geraten, so die Zeugin.

    Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für Stephanie Denzler die Unschuldsvermutung. Sie könnte gegen das Urteil vorgehen, wenn sie binnen einer Woche nach Verkündung am Donnerstag Revision einlegt.

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