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Ettenbeuren: Eine Auswanderung vor 175 Jahren zieht Kreise bis heute

Ettenbeuren

Eine Auswanderung vor 175 Jahren zieht Kreise bis heute

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    Ein Gedenkstein erinnert heute in Ettenbeuren an die Auswanderer und die Orden, die sie in den USA gegründet haben.
    Ein Gedenkstein erinnert heute in Ettenbeuren an die Auswanderer und die Orden, die sie in den USA gegründet haben. Foto: Josef Dreher

    Ende Mai stehen in den USA große Feiern an: Drei katholische Ordensgemeinschaften in Milwaukee (Wisconsin), in La Crosse / (Wisconsin) und Meriden (Connecticut) begehen ihren 175. Gründungstag. Gegründet wurden sie von einer Gruppe von Frauen und Männern aus Ettenbeuren, die 1849 in die USA auswanderten. Manfred Krumm, aufgewachsen in Ettenbeuren und mittlerweile in Augsburg, hält seit vielen Jahren die „Verbindung“ zwischen Ettenbeuren und den franziskanischen Orden in den USA. Er betreute schon mehrere Reisen von Gruppen aus Ettenbeuren in die USA und hat Gruppen von Ordensschwestern aus den USA nach Ettenbeuren geführt. Zum Jubiläum hat Manfred Krumm nun die Geschichte dieser Auswanderung vor 175 noch einmal für uns aufgeschrieben.

    Hinter einem mächtigen Grabstein verbarg sich auf dem Friedhof in Ettenbeuren ein kleiner, unscheinbarer Sandgrabstein, auf dem stand: „Pfarrer Anton Keppeler, Pfarrer Matthias Steiger – gestorben in Amerika.“ Die Bedeutung dieses Grabsteins war unbekannt und darum wurde er bei einer Umgestaltung des Friedhofs entfernt. Eine Erklärung dieses Grabsteins brachte erst ein Brief, den eine amerikanische franziskanische Ordensschwester an den damaligen Ortspfarrer Rudolf Küble schrieb.

    Nachrichten aus den USA machten die Geschichte in Ettenbeuren bekannt

    Sie bat um Informationen für ein Buch, das sie zum 100. Jubiläum ihres Ordens schreiben wollte. Sie berichtete, dass die Gründerinnen und Gründer ihres Ordens 1849 aus der Gemeinde Ettenbeuren in die USA gekommen sind. Erst durch die Nachrichten aus den USA wurde bekannt, dass 1849 der damalige Pfarrer von Ettenbeuren, Anton Keppeler, sein Kaplan Matthias Steiger mit einer Gruppe von Frauen und Männern nach Milwaukee/Wisconsin kamen und südlich der Stadt am Ufer des Lake Michigan ein Frauenkloster gründeten. Es war die erste franziskanische Ordensgründung in den USA, die ohne Rückbindung an ein europäisches Kloster, nur mit den Ersparnissen der Gruppe gegründet wurde. 

    Die Männer der Gruppe wurden zwar „Brüder“ genannt, doch bildete sich keine Ordensgemeinschaft. Die Gruppe der Frauen aus Ettenbeuren, Ried, Ebersbach formierte sich bald zu einer franziskanischen Ordensgemeinschaft, der sich bald junge Frauen anschlossen. Sie arbeiteten im Priesterseminar von Milwaukee, in einem Waisenhaus und halfen, dass Schulen gegründet werden konnten für die Einwanderer, die in dieser Gegend vornehmlich aus Deutschland gekommen waren. 

    Die Cholera und andere Schwierigkeiten machten dem Orden zu schaffen

    Die junge, aufblühende Ordensgemeinschaft musste jedoch auch große Schwierigkeiten bestehen. Nach nur zwei Jahren starben die beiden Pfarrer innerhalb einer Woche an Cholera. Spannungen führten dazu, dass sich die Ordensgemeinschaft spaltete. Während die eine Gruppe der „Schwestern des heiligen Franz von Assisi“ in Milwaukee blieb, ging eine andere nach La Crosse (Wisconsin), am Mississippi und bezeichnet sich als „Franziskanische Schwestern von der Ewigen Anbetung“. Nach dem 2. Vatikanischen Konzil trennte sich von dort wieder eine Gruppe, die nach Meriden (Connecticut) ging und sich „Franziskanische Schwestern von der Eucharistie“ nennt. 

    Alle drei Ordensgemeinschaften wissen um ihre gemeinsame Wurzel und um die Gründung durch eine Gruppe von Frauen und Männern aus dem Kammeltal. Bis heute wirken sie segensreich und vielfältig. Die Schwestern in Meriden zum Beispiel stellen jene Schwester, die das Internet und die Homepage des Vatikan einführte und lange Zeit betreute. Außerdem ist eine andere Schwester dieses Ordens heute die Vize-Regierungschefin der Vatikanstadt.

    Sie betreuten die Schwester von Präsident Kennedy

    Die Schwestern in Milwaukee arbeiteten in Schulen, gründeten eine Universität und betreuen bis heute Menschen mit Einschränkungen in mehreren Einrichtungen in den USA. In einer dieser Einrichtungen lebte die behinderte Schwester des ehemaligen Präsidenten Kennedy bis zu ihrem Tod. Die Schwestern in La Crosse sind in der Bildung junger Menschen tätig, gründeten das erste Krankenhaus im westlichen Wisconsin und Krankenhäuser in anderen Orten. Sie sind heute eng verbunden mit der bekannten Mayo-Klinik in Rochester (Minnesota). Vor allem verwirklichten sie ein Anliegen, das die Gruppe aus Ettenbeuren bereits anstrebte: die ewige Anbetung. Seit dem 1. August 1878 pflegen sie bis heute – auch mit Unterstützung vieler Menschen aus der Stadt – Anbetung bei Tag und Nacht.

    Nachdem die Bedeutung von Ettenbeuren für die Orden aus der Vergessenheit und dem Dunkel der Zeit geholt wurde, kam es in den letzten Jahrzehnten zu mehreren Besuchen von Schwestern aus den USA in Ettenbeuren, aber auch von Gruppen aus Ettenbeuren in den USA bei den Ordensgemeinschaften. Bei der Feier zur 150-jährigen Gründung der Orden war eine größere Gruppe aus Ettenbeuren in den USA. Außerdem steht seitdem auf dem Friedhof in Ettenbeuren ein Gedenkstein, der an die Auswanderung und die Ordensgründungen erinnert. Zum 175-jährigen Bestehen haben die Ordensgemeinschaften neben den Gottesdiensten Aktionen und Feiern geplant, etwa etwa mit Ausstellungen und Konzerten

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