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Das Wort zu Corona: „Sorglosigkeit ist weiter fehl am Platz“

Das Wort zu Corona

„Sorglosigkeit ist weiter fehl am Platz“

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    Auch das Corona-Jahr 2020 ist zu schaffen: Walter Kaiser setzt da auf Geduld, etwas Kreativität und eine Prise Humor.
    Auch das Corona-Jahr 2020 ist zu schaffen: Walter Kaiser setzt da auf Geduld, etwas Kreativität und eine Prise Humor. Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)

    Bekannte und weniger bekannte Menschen aus dem Landkreis Günzburg geben an dieser Stelle jeden Mittwoch und Samstag ihr ganz persönliches Statement in Corona-Zeiten ab. Für die heutige Folge hat sich der Journalist Walter Kaiser Gedanken gemacht.

    Zugegeben: Meine Frau und ich sind privilegiert. Wir leben in einem Eigenheim mit Garten, wir haben keine Firma am Abgrund, wir können den Arbeitsplatz nicht mehr verlieren, weil wir schon in Rente sind. Und wir haben altersbedingt keine Eltern in einem Pflegeheim, um die wir uns wegen der denkbaren oder tatsächlichen Folgen von Corona hätten Sorgen machen müssen.

    Trotzdem hat auch uns das Virus eingeschränkt, bis zum heutigen Tag. Kinder, Enkel und andere Familienangehörige, quer verstreut über Süddeutschland, haben wir seit Monaten nicht gesehen. Mails und Video-Telefonate waren und sind die einzigen Mittel der Kommunikation. Sie waren letztlich kein Ersatz für geplante Treffen an Geburts- oder Feiertagen. Aber die Einschränkungen, wir waren und sind in hohem Maße auf uns selbst reduziert, dienten einem höheren Zweck – andere und uns nicht zu gefährden.

    Schutzmaßnahmen haben Wirkung gezeigt

    Die von der Politik verordneten und von den allermeisten Menschen befolgten Schutzmaßnahmen haben Wirkung gezeigt. Man mag im Detail die eine oder andere Regelung bemängeln, doch die hohen Todesraten in vielen Ländern sind uns erspart geblieben. Zumindest bis jetzt.

    Der Wunsch nach einem halbwegs normalen Leben ist verständlich. Wir hegen ihn alle. Doch ist es wirklich zielführend, sich nach den ersten Lockerungen schon wieder an überfüllten Stränden zu tummeln, sich dicht gedrängt über Uferpromenaden zu schieben oder in Kohorten über die Berge zu wandern? Urlaub ist schön und wichtig. Doch gibt es in diesen Zeiten nicht andere Prioritäten? Nämlich alles zu tun, um die Corona-Zahlen so gering wie möglich zu halten. Damit Kinder und Jugendliche wieder die Kita und die Schule besuchen können, damit die Wirtschaft in Schwung kommt und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Damit ein soziales Leben in gewissen Bahnen möglich wird.

    Rudi Völler hat's noch nicht kapiert

    Fußball-Manager wie Rudi Völler von Bayer Leverkusen jammern, dass sie während der Geisterspiele auf der Tribüne einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen.

    Sie haben’s noch immer nicht kapiert. Was sollen Pflegekräfte oder Kassiererinnen sagen, die tagein tagaus eine solche „Maske“ tragen? Sie tun das nicht um des eigenen Egos willen, sondern aus Verantwortung und Respekt den anderen gegenüber.

    Noch während die Fallzahlen stiegen, haben etliche für ihre ganz persönliche „Freiheit“ demonstriert. Wer, wie etwa in Krumbach geschehen, behauptet, Corona sei besser mit Vitaminen zu bekämpfen, der ist im günstigsten Falle naiv.

    Nicht Ursache und Wirkung verwechseln

    Auf alle Fälle hat er das Präventionsparadox nicht begriffen. Die Todesrate in Deutschland ist wegen der Schutzmaßnahmen vergleichsweise gering. Wer nun sagt, alles sei halb so wild, die Zahlen sind doch niedrig, die Einschränkungen waren folglich übertrieben, der verkennt Ursache und Wirkung.

    Fazit: Sorglosigkeit ist weiter fehl am Platz. Es hilft nichts, Vorsicht und vor allem Rücksicht sind nach wie vor geboten. Meine Frau und ich versuchen, das mit Geduld, etwas Kreativität und – wo möglich – mit einer Prise Humor zu bewältigen. Wenn wir alle weiter vernünftig an einem Strang ziehen, dann können wir auch diese Krise überwinden.

    Walter Kaiser, 71, ist ein leidenschaftlicher Journalist. Von 1985 bis 1996 und von 2006 bis 2010 leitete er die Lokalredaktion der Günzburger Zeitung. Dazwischen war er Redaktionsleiter der Neu-Ulmer Zeitung. Mit seiner Frau Greta lebt er im Günzburger Stadtteil Reisensburg.

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