Startseite
Icon Pfeil nach unten
Günzburg
Icon Pfeil nach unten

Burgau: Schweißen mit 3D-Simulator in Burgau - die Ausbildung der Zukunft?

Die Specto GmbH in Burgau ist in den Bereichen Arbeitsschutz, Schweißtechnik und Fortbildung tätig. Sie besitzen als Einzige im Landkreis Günzburg einen 3D-Schweißsimulator.
Burgau

Schweißen mit 3D-Simulator in Burgau - die Ausbildung der Zukunft?

    • |

    Behutsam führe ich die Schweißpistole an der Naht entlang. Mit beiden Händen versuche ich das teure Gerät so präzise wie möglich zu bedienen. Die Funken sprühen, der Draht schmilzt und so entsteht Zentimeter für Zentimeter eine Verbindung zwischen den Metallplatten. Zufrieden blicke ich auf das leicht verwackelte Ergebnis. Doch das ist nur auf einem Bildschirm in meinem Schweißhelm sichtbar. Als ich diesen abziehe, sind die Metallplatten nur noch ein blau-grünes Modell aus dem 3D-Drucker und meine Schweißnaht eine Computeranimation. Meine Schweißerfahrung war nicht real, obwohl sie sich so angefühlt hat - ich habe den Simulator der Firma Specto in Burgau benutzt.

    Das macht die Firma Specto in Burgau

    Über 30.000 Euro hat der 3D-Schweißsimulator namens Soldamatic gekostet. Hergestellt hat ihn die Firma Seabery aus Spanien. Jetzt steht ein Modell davon in Burgau, genauer gesagt bei Specto in Unterknöringen – das Einzige im Landkreis Günzburg. „Damit kann man nichts beschädigen und so praxisnah wie möglich arbeiten“, sagt Geschäftsführer Muhamet Buteli. Anlässlich der Aktionswoche der kommunalen Jobcenter zeigt der 38-jährige Burgauer unserer Redaktion die Schweißer-Lehrwerkstatt. Hier bildet Specto seit März dieses Jahres Schweißerinnen und Schweißer aus und weiter.

    Geschäftsführer Muhamet Buteli ist für den Bereich Schweißtechnik bei Specto zuständig.
    Geschäftsführer Muhamet Buteli ist für den Bereich Schweißtechnik bei Specto zuständig. Foto: Felix Baptist, Specto

    Einige von ihnen schickt das Jobcenter. Fast alle nutzen den sogenannten Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit. Mit dieser Förderung werden die Seminare gezahlt. Drei Jahre dauerte es, bis Specto die nötige Zertifizierung erhielt. Seitdem es die Corona-Maßnahmen zulassen, läuft der Ausbildungsbetrieb sehr erfolgreich. Mehr als 30 Interessierte wurden bisher ausgebildet, fast alle von ihnen weitervermittelt. Nicht, weil sie es müssten, sondern „nur“ als Service, sagt Buteli. Das helfe den Ausgebildeten und den Firmen, mit denen er zusammenarbeitet. Bei über 2200 Kunden im Bereich des Arbeitsschutzes hat er da eine große Auswahl.

    Die beiden Geschäftsführer Muhamet (links) und Benjamin Buteli (rechts) in der Lehrwerkstatt von Specto.
    Die beiden Geschäftsführer Muhamet (links) und Benjamin Buteli (rechts) in der Lehrwerkstatt von Specto. Foto: Felix Baptist, Specto

    Drei bis fünf Monate dauert die Ausbildung in Vollzeit, je nach gewählten Modulen. Die Teilnehmerzahl ist auf zwölf begrenzt, das ist auch die Anzahl der Schweißkabinen in der Lehrwerkstatt. Doch bevor die Auszubildenden dort aktiv werden dürfen, müssen sie die Theorie lernen. Das funktioniert mittlerweile größtenteils auf einem Tablet. Dort werden sogenannte E-Learning-Module angeboten, die anschließend mithilfe des 3D-Schweißsimulators in die Realität umgesetzt werden können. Das erleichtert den Einstieg und bringt schnelleren Fortschritt, sagt Buteli. Am Simulator können Punkte errungen werden, wobei 90 Punkte einer Bestnote entsprechen. Die werden dann dem eigenen Avatar zugeteilt, wodurch dieser ein höheres Level erreichen kann. „Gamification“ - spieltypische Elemente in einen spielfremden Zusammenhang zu übertragen - ist das Stichwort.

    Der 3D-Schweißsimulator ist einzigartig im Landkreis Günzburg und bietet gute Möglichkeiten schweißen gefahrlos auszuprobieren.
    Der 3D-Schweißsimulator ist einzigartig im Landkreis Günzburg und bietet gute Möglichkeiten schweißen gefahrlos auszuprobieren. Foto: Felix Baptist, Specto

    Prinzipiell lässt sich am Simulator alles Mögliche schweißen, erklärt Buteli. Das gewünschte Objekt muss lediglich als Modell mit dem 3D-Drucker hergestellt werden. 3D-Drucker sind Maschinen, die dreidimensionale Werkstücke aus unterschiedlichen flüssigen oder festen Materialien erzeugen. Auf diesen Modellen sind jede Menge QR-Codes abgedruckt, die der Schweißsimulator lesen kann. Der im Helm integrierte Bildschirm zeigt dem Schweißenden dann eine realitätsnahe Darstellung seiner Arbeit. Das funktioniert über sogenannte Augmented Reality, bei der die Realität durch virtuelle Objekte mittels Einblendung oder Überlagerung erweitert wird. Für den Schweißenden fühlt sich das alles sehr real an, da die Schweißpistole eins zu eins einer echten gleicht. Auch die Aufsätze sind austauschbar.

    So sieht ein Analyse-Bildschirm nach Fertigstellung einer Schweißnaht aus. Die Bewertung erfolgt anhand unterschiedlichster Kriterien.
    So sieht ein Analyse-Bildschirm nach Fertigstellung einer Schweißnaht aus. Die Bewertung erfolgt anhand unterschiedlichster Kriterien. Foto: Felix Gnoyke

    Bevor mit dem Schweißen begonnen wird, können am Simulator alle möglichen Parameter eingestellt werden. Hierbei kann das Material, die Art der Schweißnaht, der gewünschte Draht und sogar die Zusammensetzung des Gases ausgewählt werden. Während des Schweißens am Simulator werden auf dem Bildschirm im Helm zusätzliche Hilfestellungen zu Geschwindigkeit, Abstand und Winkel angezeigt. Am Ende des Schweißvorgangs kann das Ergebnis im Video auf einem Fernseher betrachtet werden, inklusive Analyse der Schweißfähigkeiten. Ist das Ergebnis mit den gewählten Einstellungen zufriedenstellend, können die Einstellungen des Simulators auf das echte Schweißgerät übertragen werden. In den brand- und schallgeschützten Schweißkabinen finden die Auszubildenden von der Gasflasche bis zum Absaugarm alles, was sie brauchen. Dort können sie das eben Gelernte in echt ausprobieren.

    Zwölf Schweißkabinen stehen in der Lehrwerkstatt von Specto. Sie sind brand- und schallgeschützt und beinhalten alles, was zum Schweißen nötig ist.
    Zwölf Schweißkabinen stehen in der Lehrwerkstatt von Specto. Sie sind brand- und schallgeschützt und beinhalten alles, was zum Schweißen nötig ist. Foto: Felix Baptist, Specto

    Sein fünf Jahre jüngerer Bruder Benjamin hat das Unternehmen 2017 gemeinsam mit Buteli gegründet. Muhamet Buteli ist gelernter Schlosser und arbeitete als Maschinen- und Anlagenmechaniker, ehe er mit 30 Jahren das Maschinenbau-Studium abschloss. Um sich das Studium zu finanzieren, bildeten er und sein Bruder in ihrer Freizeit Gabelstaplerfahrer aus. Oft fehlten den Arbeitern die nötigen Sicherheitseinweisungen. Daraus entstand eine Geschäftsidee: Arbeitsschutz und Weiterbildungen kombinieren. Vor zweieinhalb Jahren kam schließlich das dritte Standbein dazu: die Schweißtechnik. Im April 2020 folgte dann der Umzug von Günzburg nach Burgau. Auf 800 Quadratmetern wurde, neben Büro- und Seminarräumen, die Schweißer-Lehrwerkstatt aufgebaut.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden