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Burgau: Hunderte Grundschüler riefen bei der Kinderbrotspeisung wieder "Brezga raus, Hio"

Burgau

Hunderte Grundschüler riefen bei der Kinderbrotspeisung wieder "Brezga raus, Hio"

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    Bernd Burkhardt, alias Trommler-Albert, hatte alle Hände voll zu tun, um die vielen Brezen unter das Kindervolk zu bringen.
    Bernd Burkhardt, alias Trommler-Albert, hatte alle Hände voll zu tun, um die vielen Brezen unter das Kindervolk zu bringen. Foto: Ernst Mayer

    Als Bernd Burkhardt seine Pickelhaube aufsetzte und sie auf dem Kopf zurechtrückte, stand ihm die Leidenschaft ins Gesicht geschrieben, mit der er auch in diesem Jahr am Rußigen Freitag wieder in die Rolle des Trommler-Albert schlüpfte. Wie ein Lauffeuer hat es sich unter den Schülerinnen und Schülern der Grundschule herumgesprochen, als er in der historischen Uniform eines Stadtpolizisten das Schulhaus betrat, um die Kinder abzuholen. Mit seinen lauten Trommelschlägen lief er anschließend den Kindern voran durch die Stadt, hinter ihm die Musikkapelle "Die Handschuhmacher", um mit humorvollen Sprüchen die Burgauer Geschäftsleute aufzufordern, Brezen, Krapfen und andere Süßigkeiten an die Kinder zu verschenken.

    Gemeinsam mit Trommler Albert zogen Schülerinnen und Schüler der Grundschule durch Burgau, um die Gewerbetreibenden aufzufordern, Süßigkeiten und Brezen aus den Fenstern zu werfen. 
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    Überall in Burgau waren "Hio"-Rufe zu hören: Beim jahrhundertealten Brauch der Kinderbrotspeisung zogen die Grundschüler mit Trommler-Albert durch die Straßen. 

    Den leichten Nieselregen hatten die rund 370 Schülerinnen und Schüler kaum wahrgenommen, dafür schallte es umso mehr"Brezga raus, Brezga raus, Hio" an allen Ecken und Enden der Innenstadt. Aus den Fenstern jubelten die Burgauer der Kinderschar zu, warfen Gummibärchen und Schokoriegel in die Luft, die von den maskierten Schülerinnen und Schülern eifrig aufgeklaubt und in ihre Tüten gesteckt wurden. Jedes der Kinder versuchte natürlich, möglichst nah beim Trommler-Albert zu sein. "So eine Uniform hätte ich auch gerne mal", sagt der achtjährige Dominik voller Bewunderung. 

    Pickelhaube und Säbel aus dem Burgauer Heimatmuseum

    Zur Uniform des Stadtpolizisten gehört neben der Pickelhaube natürlich auch der Säbel. Albert Vogele senior hatte nach dem Zweiten Weltkrieg die Tradition der Kinderbrotspeisung wieder aufleben lassen, erklärtBurkhardt. In dritter Generation führe er das Brauchtum nun fort und übernahm die Rolle des Trommler-Albert von seinem Schwiegervater, Albert Vogele junior. "Der Säbel ist immer noch der originale, den ich aus dem Heimatmuseum geholt habe", erzählt Burkhardt. Die Pickelhaube sei eine Nachbildung, das Original befindet sich ebenfalls im Heimatmuseum. "Mir ist es wichtig, diese Tradition weiter fortzuführen, und wenn man das Strahlen der Kinder sieht, dann weiß man genau, warum man das gerne macht."

    Viele Kinder streckten sich bei der Kinderbrotspeisung in Burgau, um möglichst viel in ihre Beutel stopfen zu können.
    Viele Kinder streckten sich bei der Kinderbrotspeisung in Burgau, um möglichst viel in ihre Beutel stopfen zu können. Foto: Ernst Mayer

    Bereits am Mittwoch besuchte Burkhardt als Trommler-Albert die Schülerinnen und Schüler in der Grundschule und stellte sich vor. "Da haben wir natürlich die Faschingssprüchla kräftig geübt, damit alle laut mitrufen können", verrät Bernd Burkhardt. Den Kindern habe man aber auch den geschichtlichen Hintergrund erklärt, warum und wie lange es die Kinderbrotspeisung in Burgau überhaupt gibt. Vor über 400 Jahren gab der Magistrat Geld an Bäckereien, damit sie Mehl und Getreide kaufen. Das fertige Brot wurde dann an Not leidende Kinder verteilt, als Hungersnöte und die Pest die Burgauer heimsuchten. Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Kinderbrotspeisung erst durch Georg Leimer und nach dem Zweiten Weltkrieg durch Albert Vogele senior wiederbelebt worden, der als Erstes die Figur des "Trommler-Albert" verkörperte. Für einige Kinder war das neu. 

    Kulturelles Erbe und Brauchtum sollen weiter überliefert werden

    Die Kinder hatten einen riesengroßen Spaß und waren an der Geschichte Burgaus interessiert, sagte Schulleiterin Sabine Maar. "Uns ist es einfach wichtig, unser kulturelles Erbe zu bewahren und weiterzugeben, und zwar an alle Kinder, egal aus welchem Land sie kommen." Gerade auch in den Zeiten, in denen eine Krise der anderen folgt, sei es wichtig, so Maar, den Kindern auch zu erklären, wie damals mit der Kinderbrotspeisung etwas gegen die Not getan wurde. 

    Verkleidet als Prinzessinnen, Cowboys oder Piraten blickten die Kinder in ihre Säcke und verglichen ihre Beute. Die Burgauer Geschäftsleute haben sich – gemessen an den Inhalten der Beutel – jedenfalls nicht lumpen lassen. Mehr als 30 Gewerbetreibende feierten vor ihren Geschäften mit den Kindern. Den krönenden Abschluss machte am Kirchplatz die Stadt Burgau, als Bürgermeister Martin Brenner frische Faschingskrapfen verteilte und ein letztes Mal der Faschingsspruch "Guatsla raus, Guatsla raus, Hio" zu hören war. 

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