Bereits am frühen Morgen, wenn noch gar nicht alle Handwerker auf der Baustelle sind, steigt Robert Manhardt die Treppen im Rohbau der Burgauer Stadtresidenz hoch und verschafft sich ein Lagebild von der Baustelle. Auf der Dachterrasse lässt er seinen Blick schweifen. Links die einmalige Sicht auf die Stadtpfarrkirche, daneben die Dächer der Markgrafenstadt, rechts der Blick auf die Mindel mit unverbauter Natur. Nur kurz kann er das genießen, dann ruft sein Bauleiter von einer anderen Baustelle aus an. Manhardt ist für seine vielen Bauprojekte bekannt. Von rosigen Zeiten in seiner Branche könne er aber nicht gerade sprechen. Vor allem im Wohnungsbau stehen vielerorts die Kräne still. Der Bauunternehmer erzählt, warum das so ist, und was geschehen muss, damit die Bauwirtschaft nicht total einbricht.
Seit Mai 2022 wird die Stadtresidenz an der Augsburger Straße gebaut. Inzwischen nimmt sie immer mehr Form und Gestalt an. Derzeit werde der Außenputz aufgetragen. Aber auch innen tut sich so einiges. Die Fußbodenheizungen wurden verlegt. Jetzt kann der Estrich darauf. Rund zehn Firmen und etwa 60 Arbeiter sind täglich an der Baustelle zugange. "Wir nutzen jetzt natürlich noch das gute Wetter aus", sagt der Bauunternehmer.
Im Erdgeschoss eröffnet in der großen Ladenfläche ein Ihle Bakers. Das Konzept gehe weit über den Verkauf von Bäckereiprodukten im Laden hinaus. Wichtig sei ihm, so Manhardt, dass das Zentrum in Burgau aufgewertet werde. Die Augsburger Straße liege zentral und in Laufweite. "Das ist eine Bereicherung für die Stadt", so Manhardt. In den oberen Etagen entstehen 25 Miet- und Eigentumswohnungen zwischen 60 und 140 Quadratmetern. Wie Robert Manhardt im Gespräch mit unserer Zeitung sagt, rechne er damit, dass ab Juni 2024 alles bezugsfertig sein könnte.
Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum in Burgau
Eine einzige Wohnung habe er bereits vergeben – an seine frühere Lehrerin und ihren Mann, einen befreundeten Architekten – verrät er. Das liege aber nicht an mangelnder Nachfrage. Im Gegenteil, die sei ungebrochen hoch. Der Wohnungsmarkt ist abgegrast. "Wo findet man in Burgau noch Wohnungen? Es gibt zu wenig Wohnraum und er muss bezahlbar bleiben", sagt der Unternehmer.
Die Ampelregierung wolle über Wege nachdenken, die aus der Misere führen. Manhardt liefert bereits ein paar Ideen: günstigere Zinssätze für KfW-Kredite, abgesenkte Grunderwerbssteuersätze und bessere steuerliche Absetzmöglichkeiten für Investoren. Das seien alles Maßnahmen, auf die die Baubranche sehnlichst warte. Die Hoffnung aufgegeben habe er noch nicht, dass sich zur Jahreswende etwas tut. Mit der Vergabe wolle er deshalb auch noch abwarten. "Die Regierung muss jetzt handeln, denn sonst wird über kurz oder lang das Baugewerbe komplett einbrechen." Auch Kapitalanleger müssten wieder Interesse gewinnen, eine Wohnung zu kaufen. Über die Mieterträge lasse sich das nicht mehr ausgleichen. Dramatisch sei die Situation, es herrsche fast überall ein absoluter Baustopp, weil Zinsen und Baukosten zu hoch seien. "Das ist nicht mehr finanzierbar", meint Manhardt.
Wohnraum fehle an allen Ecken und Enden und werde dringend gebraucht. Man müsste sich wieder besinnen auf die alten Dinge, etwa an Eigenheimzulagen. Junge Familien hätten kaum noch Chancen, sich ein Eigenheim zu leisten. Man hat jungen Familien mit Kindern Fördermittel zugestanden, um sie irgendwo in eine Wohnung oder ein Haus zu bringen. Der Eigenkapitalanteil, der von den Banken gefordert wird, sei immens hoch und somit auch die monatliche Belastung. Müsse man heute 100.000 Euro fremdfinanzieren, müsse man rund 500 Euro im Monat tilgen. Kaufe man heute eine neue Immobilie, sei man schnell bei mehreren hunderttausend Euro dabei, bilanziert Manhardt.
Kostenoptimiertes Bauen ist eine Voraussetzung für günstigere Wohnungen
Die Stadtresidenz sei in Sachen Energieeffizienz schon etwas, das man erst einmal so hinbekommen müsse, lobte der Bauunternehmer. Ein Niedrigenergiehaus mit zweilagigem Putz, Fußbodenheizung, zwei technisch hochwertigen Wärmepumpen und Solaranlagen auf dem Dach. Regularien, Vorgaben und energetische Standards seien inzwischen sehr hoch gegriffen. Das treibe auch die Kosten in die Höhe. Wohnraum zu einem erschwinglichen Preis zu schaffen, sei ein Balanceakt, beschreibt Manhardt. Das gelinge nur mit viel Erfahrung, die unter dem Strich ein kostenoptimiertes Bauen trotz Qualität erlaube. Dabei komme es schon auf den Start eines Bauobjektes an, will man Kosten senken, verrät Manhardt. Vieles werde schon am Anfang "verbockt", weiß der Architekt. "Es braucht schon den optimalen Grundriss, eine optimale Kubatur zu den Quadratmetern, das ist schon ein großer Faktor, bei dem man Geld einsparen kann." Wichtig seien aber auch die Handwerker. Man müsse mit ihnen sprechen und ihnen zuhören. Sie seien die Fachleute mit der Erfahrung. Dieser pragmatische Ansatz fehle nach Manhardts Einschätzung vor allem in den Ämtern, aber auch in der Politik. Ein Grund, warum er oft gerne persönlich schon morgens auf der Baustelle ist.