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Burgau/Augsburg: Lehrstuhl für Neurorehabilitation kommt ins Therapiezentrum Burgau

Burgau/Augsburg

Lehrstuhl für Neurorehabilitation kommt ins Therapiezentrum Burgau

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    Für den Therapieerfolg müssen Patienten so früh wie möglich aus dem Bett geholt und in eine senkrechte Körperposition gestellt werden.
    Für den Therapieerfolg müssen Patienten so früh wie möglich aus dem Bett geholt und in eine senkrechte Körperposition gestellt werden. Foto: Therapiezentrum Burgau

    In Deutschland gibt es 36 Universitätskliniken. Dort existierten bis dato so gut wie keine eigenständigen Lehrstühle für Neurorehabilitation, sagt Stefan Graf, Geschäftsführer des Therapiezentrums Burgau. Kürzlich besiegelten die Medizinische Fakultät der Universität Augsburg, das Universitätsklinikum Augsburg und das Therapiezentrum Zusammenarbeit verbessere nicht nur die Lebensqualität der Patienten, sie könne auch positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort in der Region haben. 

    Das Leben eines Menschen kann sich nach einem Unfall, einem Sturz oder einem Hirnschlag innerhalb weniger Sekunden schlagartig verändern. Manchmal sind erst wenige Tage oder Wochen vergangen, wenn Betroffene in das Therapiezentrum Burgau verlegt werden. Wie das Leben nach solch einem Schicksalsschlag weitergehen wird, hängt maßgeblich von den Erfolgen der Rehabilitation ab. Und trotzdem sei das Gebiet der Neurorehabilitation an den Unikliniken, wo Forschung und Lehre stattfindet, bisher in Deutschland fast vollständig übersehen worden, sagt Graf. Sowohl die Ausbildung von Medizinstudentinnen und -studenten als auch die Erforschung bestmöglicher Behandlungsmethoden sind deswegen bei Weitem nicht so gut, wie sie eigentlich sein könnten. "Das Therapiezentrum hat Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet und besitzt als gemeinnützige Klinik nicht nur die Erfahrung, um das Gebiet thematisch voranzubringen, sondern auch die notwendige Glaubwürdigkeit. Wir fühlen uns daher in besonderer Weise verpflichtet, das Gebiet der Neurorehabilitation auch wissenschaftlich weiterzuentwickeln", stellt Graf fest. 

    Kooperation ist ein Meilenstein für das Therapiezentrum Burgau

    Die Professur für Neurorehabilitation soll im ersten Quartal 2024 eingerichtet und auf die an der Medizinischen Fakultät angesiedelten Bereiche Forschung und Lehre ausgedehnt werden. "Ein Meilenstein für die Bedeutung der Klinik", wie Graf findet. Finanziert werden soll die geplante Professur inklusive Ausstattung aus Stiftungsmitteln und Geldern des Therapiezentrums. Räumlich wird der Lehrstuhl im Therapiezentrum Burgau angesiedelt. Spezielle Therapieansätze sollen optimiert und Therapiemodelle effektiver gestaltet werden. 

    Michael Bungarten, kaufmännischer Direktor der Universitätsklinik Augsburg (von links), Prof. Dr. Martina Kadmon (Dekanin Medizinische Fakultät), Prof. Sabine Doering-Manteuffel (Unipräsidentin) und Stefan Graf (Geschäftsführer Therapiezentrum Burgau) unterzeichnen den Kooperationsvertrag zur Stiftungsprofessur Neurorehabilitation.
    Michael Bungarten, kaufmännischer Direktor der Universitätsklinik Augsburg (von links), Prof. Dr. Martina Kadmon (Dekanin Medizinische Fakultät), Prof. Sabine Doering-Manteuffel (Unipräsidentin) und Stefan Graf (Geschäftsführer Therapiezentrum Burgau) unterzeichnen den Kooperationsvertrag zur Stiftungsprofessur Neurorehabilitation. Foto: Universität Augsburg

    Prof. Sabine Doering-Manteuffel, Präsidentin der Universität Augsburg, freut sich bei der Vertragsunterzeichnung über diese Weiterentwicklung. "Die Kompetenzen des Therapiezentrums Burgau können so in unsere Lehre und Forschung einfließen, das ist eine wichtige Ergänzung für die Universitätsmedizin." Das Therapiezentrum sei damit "ein Stück der Universität und Unimedizin". Die Dekanin der medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Martina Kadmon, sieht viele Anknüpfungspunkte zwischen den Partnern. "Zukünftige Forschungsschwerpunkte der Stiftungsprofessur liegen in der Entwicklung von Prognosefaktoren für Komapatientinnen und -patienten durch die umfassende Erhebung von klinischen Daten", erklärt sie. Ein Hauptaugenmerk werde außerdem der Weiterentwicklung der Robotik, aber auch künstlicher Intelligenz (KI) in der Rehabilitation gelten. 

    KI komme vorwiegend im Bereich der Komadiagnostik zum Tragen, indem bei bildgebenden Verfahren und Hirnstrommessungen mithilfe von Datensätzen ermittelt wird, wie eine Prognose bewertet werden kann, erklärt Graf. Denn von außen betrachtet ähnelt sich das Erscheinungsbild und Verhalten von Komapatienten. Sie liegen im Bett, schauen an die Decke und regen sich nicht. In derElektroenzephalografie(EEG) gebe es aber Unterschiede, die ausgewertet werden müssten. Diese Unterschiede geben Aufschluss darüber, ob eine bestimmte Form oder Betroffenheit des Gehirns anders zu therapieren ist als bei einem Patienten, der von außen die gleichen Symptome zeigt. Heute seien die Möglichkeiten so weit entwickelt, dass mit KI und Algorithmen Diagnosen noch detaillierter gestellt werden können. 

    Lehrstuhl ebnet auch den Weg für die Ansiedelung von Firmen

    Der Einsatz von Robotik und KI könne dabei Auswirkungen für den Standort Burgau und den Landkreis Günzburg haben, so Graf. Das Therapiezentrum sei nicht nur ein interessanter Anbieter von Gesundheitsleistungen, sondern auch ein interessanter Player bei Hilfsmittelherstellern. "Mit Rehabilitationsgeräten vom Rollstuhl bis zur Robotik können wir uns, ganz visionär gedacht, schon vorstellen, dass das regional zur Ansiedelung von Firmen interessant ist." Das Therapiezentrum sei bereits jetzt bundes- und europaweit ein stark gefragter Kooperationspartner für Hersteller von Rehabilitationsrobotik.

    Neben der Entwicklung modernster Therapieformen besteht das Anliegen des Stiftungslehrstuhls darin, die Lebensqualität der Patienten, aber auch ihrer Angehörigen, zu untersuchen und zu fördern. Bezirkstagspräsident Martin Sailer ist sich bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages sicher, "dass uns der Lehrstuhl in der Versorgung der Patienten weiterbringt". Sailer spricht in diesem Zusammenhang von einem "puren Tag der Freude, vor allem für die Patienten, die es extrem schwer haben". 

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