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Bundestagswahl: Xaver Merk zieht für die Linken in den Bundestagswahlkampf

Bundestagswahl

Xaver Merk zieht für die Linken in den Bundestagswahlkampf

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    Xaver Merk ist der Direktkandidat der Partei Die Linke. Der 67 Jahre alte Gewerkschafter aus Senden tritt als Direktkandidat zur Bundestagswahl in diesem Herbst an.
    Xaver Merk ist der Direktkandidat der Partei Die Linke. Der 67 Jahre alte Gewerkschafter aus Senden tritt als Direktkandidat zur Bundestagswahl in diesem Herbst an. Foto: Till Hofmann

    Xaver Merk ist Realist. Natürlich weiß der 67 Jahre alte Stadtrat aus Senden (Landkreis Neu-Ulm), dass die Wahrscheinlichkeit, als Direktkandidat der Linken aus Bayern in den Bundestag einzuziehen, so groß ist wie die Sichtung eines Eisbergs in Donau oder Iller. Trotz dieser Aussicht auf Nichterfolg tritt der Rentner an, weil er es für wichtig hält, Präsenz zu zeigen. Am Mittwochabend hat ihn seine Partei in Offingen zum Kandidaten gewählt.

    Alles war ausgesprochen überschaubar in der Offinger Mindelhalle. Das ständige Tragen der FFP-Maske und die Beachtung der Hygieneregeln stellten kein Problem dar. Ausgesprochen leicht fiel es, den Mindestabstand zu wahren. Von den rund 80 Parteimitgliedern aus dem Bundeswahlkreis, der sich aus den Landkreisen Günzburg, Neu-Ulm und Teilen des Unterallgäus zusammensetzt, fand sich etwa ein Dutzend in der Sporthalle ein. Die Zahl der Stimmberechtigten schwankte im Laufe der Veranstaltung zwischen zwölf und 13.

    Xaver Merk aus Senden ist nicht der einzige Bewerber der Linken

    Wie sich herausstellte, war Merk, der auch im Neu-Ulmer Kreistag sitzt, nicht der einzige Bewerber am Mittwoch. Auch Stefan Hanebeck (Elchingen, Kreis Neu-Ulm) meldete seine Kandidatur an. Die Mitglieder hatten also – was bei solchen Versammlungen fast schon unüblich ist – eine echte Wahl. Die war in diesem kleinen Rahmen aber eindeutig: Von elf gültigen Stimmen entfielen neun auf Merk und zwei auf Hanebeck.

    Zuvor hatte Merk, der wegen der Agenda-Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder 2006 die SPD verlassen hatte und zur Linken wechselte, den Anwesenden erläutert, auf welche Themen es ihm ankomme. Mit obenan steht die Stärkung der Arbeitnehmer und der Organisationen, die sie vertreten. Merk nannte mit dem Arbeitsplatzabbau bei der insolventen Krumbacher Firma Lingl und dem Aldi-Großlager in Altenstadt (Kreis Neu-Ulm), das aufgelöst werden soll, zwei Beispiele: Im einen Fall (Lingl) seien die Menschen gewerkschaftlich gut organisiert und es agiere ein funktionierender Betriebsrat, was dazu führe, „dass es für die Betroffenen Sozialpläne und einen fairen Ausgleich der Interessen gibt“. Im anderen Fall (Aldi) „kann der Arbeitgeber schalten und walten wie er will. Er hat nicht einmal die Verpflichtung, eine Abfindung zu zahlen“.

    Sicherheit der Arbeitsplätze ist Xaver Merk aus Senden überaus wichtig

    Die Sicherheit der Arbeitsplätze ist ihm als „alter Gewerkschafter“ überaus wichtig (Merk war bis zu seinem Ruhestand Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG in Ulm). Er ist sich sicher, dass „die Angst der Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze massiv zunehmen wird“, wenn das Kurzarbeitergeld erst einmal ausgelaufen ist. Ohnehin reichen 60 oder 67 Prozent dieser staatlichen Kompensation des bisherigen Einkommens Merk zufolge nicht aus, um damit eine Familie zu ernähren.

    Neben einer neuen Arbeitszeit, die sich „um die 30 Stunden“ in der Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich bewegen soll, forderte Xaver Merk, die Instrumente der gesetzlichen Rente zu stärken. „Die Armut im Alter nimmt tendenziell zu.“ Um dem entgegenzuwirken und für eine auskömmliche Rente zu sorgen, hält es der Bundestagskandidat für notwendig, dass alle in die staatliche Rente einzahlen – auch Selbstständige, auch Beamte. Dass in Österreich im Vergleich zu Deutschland durchschnittlich mehr als 800 Euro Rente im Monat bezahlt werde, dürfe kein Dauerzustand sein.

    Eine Mindestrente (1200 Euro monatlich) ist für den 67-Jährigen ebenso wichtig wie ein Mindestlohn, der bei 13 Euro in der Stunde liegt. Den Wahlkampf im Superwahl- und Corona-Jahr 2021 hält er für spannend – sowohl was die Inhalte als auch die Formate anbelangt. „Wir werden die Frage beantworten müssen: Wer bezahlt die Folgen von Corona? Das steht bei den meisten noch gar nicht so im Fokus. Die soziale Absicherung, die es im Moment noch gibt, werden wir mit Klauen und Zähnen verteidigen müssen“, sagt der Sendener voraus. Das brauche Mut, setzt er in Offingen während seiner Vorstellungsrede hinzu.

    Drei Delegierte aus dem Kreisverband Günzburg/Neu-Ulm werden von den Linken gewählt

    Neben dem Direktkandidaten waren drei Delegierte für die geplante Präsenzversammlung am 27. März in Veitshöchheim zu wählen. Dort werden um die 140 Delegierte aus dem ganzen Freistaat die quotierte bayerische Liste der Linken bestimmen. Sabrina Balkheimer (Leipheim), Heike Benz (Buch bei Illertissen, Kreis Neu-Ulm) und Florian Wartha (Weißenhorn, Kreis Neu-Ulm) werden das für den Kreisverband Günzburg/Neu-Ulm erledigen.

    Xaver Merk wird sich aller Voraussicht nach gar nicht auf die Landesliste setzen lassen. Als Mitglied des Bundesvorstandes war er nun sieben Jahre lang regelmäßig in Berlin – alle vier bis sechs Wochen einmal. Und davon hat er mit seinen 67 Jahren eigentlich genug. Deshalb wird er übernächstes Wochenende – dann ist Bundesparteitag – nach eigenem Bekunden für dieses Amt nicht noch einmal zur Verfügung stehen.

    Merk setzt mit Susanne Ferschl (47, Kaufbeuren) auf „die“ schwäbische Abgeordnete und „eine der profiliertesten Linken in Bayern“, die vor vier Jahren in den Bundestag gekommen ist. In einem „Werbeblock“ bat er die frisch gewählten Delegierten, Ferschl, die an der Versammlung in Offingen teilnahm, entsprechend für einen aussichtsreichen Listenplatz zu unterstützen. Aktuell sitzen sieben Abgeordnete aus dem Freistaat für Die Linke im Bundestag.

    Susanne Ferschl aus Kaufbeuren kritisiert den "kaputt gesparten öffentlichen Personennahverkehr"

    Ferschl nutzte die Gelegenheit, um den „kaputt gesparten öffentlichen Personennahverkehr und die Bahn“ anzusprechen. Dafür seien Milliarden Euro in eine krachend gescheiterte Pkw-Autobahnmaut geflossen. „Es ist unglaublich, dass der Mann nach wie vor im Amt ist“, sagte sie über den CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.

    Der Pflegenotstand sei ein weiteres Thema, das es bereits vor der Pandemie gegeben habe. Corona wirke nur wie „Brandbeschleuniger“. Die fortschreitende Ökonomisierung der Krankenhäuser lehnte sie ab. „Sie sind dazu da, um Menschen gesund zu machen, nicht um Gewinne zu erzielen.“ Ferschl forderte, Kliniken zu entprivatisieren und ein „öffentliches Allgemeingut“ aus ihnen zu machen.

    Produktwerbung betrieb Linke-Kreisvorsitzende Heike Benz zwischen den Wahlgängen für die Wirtin der Mindelstuben, die die Halle extra aufgesperrt hatte – und zum Nulltarif: Zum Mitnehmen empfahl sie den Anwesenden Königsberger Klopse, Eierlikör und „Tote Oma mit Speck“, wobei zu hoffen ist, dass der Name des Gerichts nicht wörtlich zu nehmen ist.

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