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Autenried: So feiern orthodoxe Christen in Autenried das Osterfest

Autenried

So feiern orthodoxe Christen in Autenried das Osterfest

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    Archimandrit Jakobus Puckett steht der orthodoxen Gemeinde Autenried vor.
    Archimandrit Jakobus Puckett steht der orthodoxen Gemeinde Autenried vor. Foto: Sandra Kraus

    „Christos anésti! Christus ist auferstanden!“, rufen sich griechisch-orthodoxe Christen als österliche Grußformel ab dem morgigen Sonntag, 24. April, zu. Denn erst dann feiern sie Ostern, heuer eine Woche später als die römisch-katholischen und die evangelisch-lutherischen Christen. Zwar richtet sich das orthodoxe Osterfest ebenfalls nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang, doch dieser Tag wird nach dem julianischen Kalender berechnet und nicht nach dem 1582 eingeführten gregorianischen Kalender. Wie viele orthodoxe Christen am Samstag um 12 Uhr die Blumenvesper mit Basilius-Liturgie, ab circa 22.30 Uhr Messonyktikon mit Grableerung und später ab 0 Uhr das Hochfest der Auferstehung feiern werden, kann Archimandrit Jakobus Puckett, Oberer des Klosters Autenried, nicht abschätzen. Der 81-Jährige leitet die orthodoxe Kirchengemeinde „Entschlafung der Allheiligen Gottesgebärerin Maria“ in

    Vor der Pandemie waren es an Ostern 200 bis 400 orthodoxe Christen aus dem Großraum Augsburg, Giengen und Ulm. Vielleicht werden es heuer mehr, denn unter den Geflüchteten aus der Ukraine seien mit Sicherheit auch orthodoxe Christen. Man sei dabei, Kontakte zu knüpfen, auch seien schon Hilfsgüter mit dem Lkw in die

    Jakobus Puckett kam als junger Amerikaner nach München

    Pater Jakobus sagt: „Hier waren immer alle zu Hause und willkommen. Wichtig ist sakramentales und nicht das Kirchenrecht. Hier ist die große Chance für ökumenischen Dialog, also ihn auch zu leben.“ Er muss es wissen, lebt er doch seit Mitte der 1960er-Jahre im orthodoxen Kloster Autenried. Als junger US-Amerikaner aus dem Staat Nebraska im Mittleren Westen kam er in der Nachkriegszeit mit der US-Army nach München. „Dann bin ich in Autenried hängengeblieben.“

    Er prägte zusammen mit dem Gründer der Autenrieder orthodoxen Gemeinde Erzbischof Boris Rothemund (1930 bis 2015) die Gemeinde im Schloss Autenried und das Ikonenmuseum. Rothemund war es, der Autenried der Metropolie von Aquileia und Westeuropa unterstellte, eine Verbundenheit zwischen Deutschland und Mailand sah. Pater Jakobus lebt seit einigen Jahren nicht mehr im Schloss Autenried. Zu den Gottesdiensten wird er von Verena Fabekovec im Awo-Seniorenheim in Ichenhausen abgeholt. Sie beschreibt sich in einem sozialen Netzwerk als koreanisch, benediktinisch und byzantinisch. Und ist eine Kennerin der christlichen Welt, hat einige Semester Theologie studiert, kennt den römischen und den byzantinischen Ritus. Gerade rund um Ostern empfindet sie im byzantinischen Ritus der Orthodoxen „eine unbeschreibliche Tiefe“. Die Freude über Christi Auferstehung werde liturgisch viel eindrucksvoller umgesetzt. Sie versucht es zu beschreiben: „Christus ist ab Karfreitag nicht einfach tot und liegt im Grab, nein, Christus ist in der Unterwelt, da brodelt es, er muss kämpfen und nicht einfach herumliegen.“

    Osternachtsliturgie kann bis zu sechs Stunden dauern

    Die Grableerung ist zentraler Bestandteil der Osternachtsliturgie, die durchaus sechs Stunden dauern kann und in einer Lichterprozession auch hinaus ins Freie führt. Die meisten Gläubigen müssen sowieso stehen, Kirchenbänke gibt es nicht. In Autenried haben auch gar nicht alle in der Kirche Platz, sie stehen dann im Gang. Gesänge und Gebete lassen immer deutlicher erahnen, dass Christus auferstanden ist. Fabekovec findet: „In dieser Liturgie nehme ich es ab, dass Jesus auferstanden ist, ich spüre die Freude darüber.“

    Überhaupt spreche der byzantinische Ritus alle Sinne an, jeder Schwenk des Weihrauchfasses werde nicht nur von den duftenden Rauchschwaden begleitet, sondern zusätzlich vom Klang der kleinen Glöckchen am Weihrauchfass. Im Anschluss an die Osternachtsfeier gibt es das Osterfrühstück, die Ostereier dabei sind in der Regel rot gefärbt. Bereits gegen 12 Uhr am Ostersonntag trifft sich die Kirchengemeinde wieder zur Vesper der Liebe.

    Das Epitaphios genannte, kostbare, reich bestickte Tuch symbolisiert Jesus im Grab und wird in einer nächtlichen Prozession um die Kirche getragen.
    Das Epitaphios genannte, kostbare, reich bestickte Tuch symbolisiert Jesus im Grab und wird in einer nächtlichen Prozession um die Kirche getragen. Foto: Sandra Kraus

    Dem Osterfest geht auch bei den orthodoxen Christen eine Fastenzeit voraus, die allerdings nicht 40, sondern 48 Tage dauert und immer am „Reinen Montag“ beginnt. Während dieser Zeit soll auf tierische Produkte verzichtet werden. Pater Puckett bringt es auf den Punkt: „Vegane Ernährung, wobei Honig erlaubt ist, aber Olivenöl nicht.“ Die strengste Woche ist die Karwoche direkt vor Ostern, so soll am Karfreitag ganz auf das Essen verzichtet werden. Die Große Fastenzeit vor Ostern ist nur eine von vielen Fastenzeiten. An rund 180 Tagen im Jahr wird gefastet, das ist die Hälfte des Jahres – je nachdem dürfen Fisch und Meeresfrüchte gegessen werden.

    Auf die Apostelfastenzeit folgt die Marienfastenzeit

    Als Nächstes kommt die Apostelfastenzeit von Sonntag nach Pfingsten bis zum Hochfest Peter und Paul am 29. Juni, dann die Marienfastenzeit vor Maria Entschlafung (Maria Himmelfahrt) vom 1. bis 14. August und die Philippus-Fastenzeit vor Weihnachten vom 15. November bis 24. Dezember. Pater Jakobus erklärt: „Das war schon in der Urkirche so. Eine Fastenzeit ist eine Vorbereitung auf ein Fest.

    Nur wenn die königliche Tür in der Mitte der Ikonostase geöffnet ist, ist der Blick auf den Altar frei.
    Nur wenn die königliche Tür in der Mitte der Ikonostase geöffnet ist, ist der Blick auf den Altar frei. Foto: Sandra Kraus

    Archimandrit Jakobus Puckett wird in der Liturgie unterstützt, da er beim Gehen auf einen Rollator angewiesen ist und sich das Alter körperlich immer mehr bemerkbar macht. Verena Fabekovec hat deshalb eine spezielle Genehmigung, dass sie als Frau den Altarraum hinter der Ikonostase, der Wand mit den Ikonen und den drei Türen, betreten darf. Sie kennt sich mit den liturgischen Gewändern des Priesters aus und legt die richtigen Ikonen aus. Zu den großen Festen kommt ein Priester von auswärts. Pläne für die Zukunft von Autenried wurden auch schon gefasst. So könnte zum Beispiel Pater Hrisophorus, der im September 2021 in Autenried seine Priesterweihe empfangen hat beim Besuch von Erzbischof Avondios, ganz nach Autenried kommen. Um im Schloss wohnen zu können, müsste laut Pater Jakobus zuerst renoviert werden.

    Schloss Autenried gehört dem Slavischen Institut München

    Er vertritt außerdem noch das Slavische Institut München, das 1959 das Schloss Autenried erworben hatte und dort sein Ikonenmuseum aufgebaut hat. Das Museum beherbergt Ikonen aus dem 16. Jahrhundert bis in die Neuzeit, ist pandemiebedingt geschlossen. Ab 1. Juli könnte es unter Umständen wieder öffnen, so Puckett, der es sich auch im hohen Alter nicht nehmen lässt, seine Pfeife zu rauchen, während Schlosskatze Pierre-le miauend ihre Streicheleinheiten einfordert. Im Vergleich zur Lage der katholischen Kirche und ihrem Priestermangel empfindet Puckett es bei den Griechisch-Orthodoxen in Deutschland als noch schwieriger: „Wir sind hier Diaspora! Es wäre schön, wenn hier im Kloster wieder Mönche einziehen würden.“

    Die Freude am Osterfest lässt sich deshalb in Autenried aber niemand nehmen. Und die richtige Antwort auf den österlichen Gruß „Christos anésti! Christus ist auferstanden!“ weiß man hier auch. Er lautet „Alithós anésti! Er ist wahrhaft auferstanden!“ Die Begrüßung wird nicht nur an Ostern, sondern über die Lichte Woche nach Ostern bis zum Pfingstfest auch außerhalb der Kirche verwendet.

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