Startseite
Icon Pfeil nach unten
Günzburg
Icon Pfeil nach unten

Ziemetshausen: Prinzessin Henriette – Engel für Ziemetshausen

Ziemetshausen

Prinzessin Henriette – Engel für Ziemetshausen

    • |
    Der kleine Waldfriedhof mit Gedenkkapelle liegt außerhalb des Parks von Schloss Seyfriedsberg. Hier befinden sich die letzten Ruhestätten von Prinzessin Henriette, ihrem Sohn Karl Wolfgang und ihrem Ehemann Prinz Wolfgang sowie dessen Eltern.
    Der kleine Waldfriedhof mit Gedenkkapelle liegt außerhalb des Parks von Schloss Seyfriedsberg. Hier befinden sich die letzten Ruhestätten von Prinzessin Henriette, ihrem Sohn Karl Wolfgang und ihrem Ehemann Prinz Wolfgang sowie dessen Eltern. Foto: Hans Bosch

    „Blumen und Kränze vor ihrem Ehrengrab an der kleinen Waldkapelle werden verwelken. Unverwelklich aber wird das Andenken an diese edle Frau sein, das sie sich durch Großmut und Leutseligkeit in den Herzen der Einwohnerschaft von Ziemetshausen und Umgebung erworben hat.“ So lautete vor 50 Jahren der Schlusssatz des Beerdigungsberichts in den Mittelschwäbischen Nachrichten für Prinzessin Henriette zu Oettingen-Wallerstein, Herrin auf Schloss Seyfriedsberg, die im Alter von 49 Jahren „nach langem, mit unfasslicher Hingabe ertragenem Leiden“ gestorben war.

    Zahlreiche Trauergäste aus deutschem Adel

    Viele hundert Ziemetshauser waren neben zahlreichen prominenten Trauergästen aus dem deutschen Adel, darunter auch Albrecht Herzog von Bayern, ins Zusamtal gekommen, um der beliebten Schlossherrin das letzte Geleit zu geben. Einig waren sich alle: Nicht Neugierde war es, dass sie den Weg zu dem kleinen Schlossfriedhof nahe der Straße nach Langenneufnach und östlich des großen Schlossparks gefunden hatten. Es sei vielmehr ehrliche Anteilnahme an der Trauer des Hauses Oettingen-Wallerstein gewesen und galt einer „ihrer Abstammung nach adeligen Frau und deren seelischer Einstellung“.

    Den Auftakt der feierlichen Beisetzung bildete das vom Ziemetshauser Kirchenchor musikalisch umrahmte Requiem in der Wallfahrtskirche Maria Vesperbild, für die der jeweilige Schlossbesitzer Patronatsherr war. Pfarrer und Geistlicher Rat Josef Bechler erinnerte daran, dass die „überzeugte und praktizierende Christin“ unzählige Male in dieser Kirche vor dem Gnadenbild der schmerzhaften Gottesmutter gebetet habe.

    Prinzessin Henriette war als Gräfin von Longueval-Bouquoy im August 1917 nahe der Stadt Budweis in Böhmen geboren. Sie heiratete den Grafen Johann Adam von Ledebur-Wicheln, der im Zweiten Weltkrieg noch in den letzten Kriegstagen mit 29 Jahren im Mai 1945 in Dänemark ermordet worden war. Ihr Vater starb in einem tschechischen Konzentrationslager. Sie selbst flüchtete in den folgenden Tagen des politischen Umsturzes mit ihrer Mutter, welche 1963 auf Schloss Seyfriedsberg starb, zu Fuß über die Grenze nach Bayern und fand als Heimatvertriebene im Haus Wallerstein eine erste Aufnahme. Im Juni 1950 heiratete sie Prinz Wolfgang zu Oettingen-Wallerstein und lebte mit ihm auf Schloss Seyfriedsberg. Wie in den Nachrufen bei der Beerdigung zum Ausdruck kam, erwarb sich die Gräfin durch ihre „Einfachheit und Schlichtheit“ rasch das Vertrauen und Zuneigung der Ziemetshauser Bevölkerung. „Wem immer im Leben hartes Leid widerfährt, hat auch für die Not des Mitmenschen Verständnis“. Dieser Satz habe besonders für die Tote gegolten, die auch mit ihren heimatvertriebenen Landsleuten stets engen Kontakt pflegte und sich dabei große Verdienste erworben habe. Geistlicher Rat Bechler: „Ihren vier Kindern war sie im Sinne ihres schlichten Lebens und ihrer tiefen Religiosität eine vorbildliche Mutter.“

    Leichnam der Prinzessin war im Schloss aufgebahrt

    Nach dem Gottesdienst begaben sich Trauernden zum Schloss, wo der Leichnam von Prinzessin Henriette in der Kapelle aufgebahrt war. Es folgte ein langer Trauerzug unter dem Geläut der Kapellenglocke zur Grabstätte, bevor der Priester die Einsegnung vornahm. Ein von einer Bläsergruppe gespieltes „Halali“ beendete die Trauerfeier. Unter den vielen Kränzen befand sich auch einer der Marktgemeinde Ziemetshausen mit der Widmung: Ihre Hände öffnete sie den Bedürftigen. Tief war das Mitgefühl der Ziemetshauser Bevölkerung. In der Berichterstattung von damals wird sie als „edle und hochgestellte Frau“ bezeichnet, die aber stets eine „volksverbundene Mitbürgerin“ gewesen sei. Der Grund: „Zusammen mit ihrem Gemahl Prinz Wolfgang hat sie viel Gutes getan und immer wieder gezeigt, dass sie ein Herz für alle hat, die in Not sind.“ Ganz besonders habe sie verstanden, bei der Jugend Freude zu wecken, und zwar alljährlich bei der Kinderweihnacht auf dem Schloss. Zur Hilfe bereit war sie auch bei der Einbürgerung der Flüchtlinge und Vertriebenen aus ihrer Heimat, was durch die Verleihung der Goldenen Ehrennadel durch die Sudetendeutsche Landsmannschaft ihre Würdigung fand.

    In der Marktgemeinde und auch im Wallfahrtsort Maria Vesperbild erinnert inzwischen nicht mehr viel an die jahrhundertalte Schlossherrschaft. Mehr oder weniger bekannt ist, dass sich der Adelssitz samt Park sowie die rund 2000 Hektar Waldfläche seit geraumer Zeit im Privatbesitz befinden und dem Rieser Fürstenhaus Oettingen-Wallerstein lediglich noch der kleine Waldfriedhof gehört. Von Henriettes Kindern, drei Töchter und ein Sohn, leben nur noch zwei Töchter; ihr Ehemann Prinz Wolfgang starb mit 76 Jahren im April 2001.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden