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Weihnachten: Ihr Kinderlein kommet: Diese Melodie gibt es nur in Waldstetten

Weihnachten

Ihr Kinderlein kommet: Diese Melodie gibt es nur in Waldstetten

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    Das beliebte Weihnachtslied „Ihr Kinderlein, kommet“ wird als Waldstetter Krippenlied mit einer anderen Melodie gesungen. Wir drucken das Notenblatt ab, das uns Josef Müller von der Chorgemeinschaft Waldstetten zur Verfügung gestellt hat. Dann können Sie vor Weihnachten noch üben.
    Das beliebte Weihnachtslied „Ihr Kinderlein, kommet“ wird als Waldstetter Krippenlied mit einer anderen Melodie gesungen. Wir drucken das Notenblatt ab, das uns Josef Müller von der Chorgemeinschaft Waldstetten zur Verfügung gestellt hat. Dann können Sie vor Weihnachten noch üben. Foto: Repro: GZ

    Wer kennt es nicht und wer hätte es nicht schon unzählige Male gesungen, das traditionelle Weihnachtslied „Ihr Kinderlein, kommet“? Vor 225 Jahren hat der mit dem Dichter Matthias Claudius befreundete Johann Abraham Peter Schulz die eingängige Melodie komponiert.

    Der Text des Liedes stammt von Christoph von Schmid, der ihn als Pfarrvikar im heutigen Mindelheimer Stadtteil Nassenbeuren geschrieben hat und ab 1806 in Thannhausen Distriktsschulinspektor für die Ortschaften des Landgerichts Ursberg und Edelstetten war.

    Ein Lied mit einfacher Frömmigkeit

    Weithin im deutschsprachigen Raum müssen die Menschen seinerzeit dieses Lied mit seiner einfachen Frömmigkeit geliebt haben, denn Melodievarianten gibt es nach den Forschungen Krumbacher Beratungsstelle für Volksmusik/Bezirk Schwaben nicht nur in Österreich, sondern auch in deutschsprachigen Gebieten in Südosteuropa, wie Evi Heigl von der Beratungsstelle vor kurzem in einem Beitrag für das alle zwei Monate erscheinende Magazin „Zwiefach“ berichtet, das sich vor allem mit dem musikalischen Volksgut aus Bayern und Österreich befasst.

    Die Menschen in Mittelschwaben müssen den zwischen 1807 und 1811 entstandenen frommen Text von Christoph von Schmid ebenfalls sehr geliebt haben, denn auch hier gibt es eine Melodievariante, die deutlich von dem allgemein bekannten Lied abweicht. Wer Urheber dieser Vertonung ist, die auch heute noch in Thannhausen, Krumbach und Waldstetten gesungen wird, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. In Frage kommen zwei Zeitgenossen und Kollegen von Christoph von Schmid, die in Thannhausen eng mit ihm zusammengearbeitet haben: Evi Heigl nennt in ihrem Beitrag für Zwiefach sowohl den Lehrer und Organisten Anton Höfer, als auch den Kaplan Joseph Alois Singer.

    Melodie gibt es schon seit 200 Jahren

    Fakt ist, dass sich die Melodie – ob von Höfer oder von Singer – jetzt schon über 200 Jahre in Mittelschwaben erhalten hat, besonders in der Marktgemeinde Waldstetten. Dort gibt es nicht nur Häuser, in denen man sehenswerte Privatkrippen bestaunen darf, sondern auch das alljährliche Krippensingen, das die Chorgemeinschaft Waldstetten mit ihrem Vorsitzenden Josef Müller angeregt hat. Dabei zeigen viele Krippenliebhaber singend ihre Freude über das Weihnachtswunder und die kunstvollen schwäbischen Krippen.

    Früher seien sogar Busse zum Krippensingen nach Waldstetten gefahren, berichtet Josef Müller, mittlerweile beschränkt sich der Teilnehmerkreis überwiegend auf Einheimische. Ein oder zwei Dutzend eher ältere Menschen sind es meistens, die bei der im Freien aufgestellten Brechleiter-Krippe ihren Rundgang durch das Dorf beginnen. Um die zwei Stunden dauert das Krippensingen, gesungen wird vor und in den Häusern, wo es hier und da auch Loibla oder Gloriawasser gibt.

    Drei weitere spezielle Weihnachtslieder

    Und das spezielle heimatliche Liedgut der Waldstetter beschränkt sich dabei nicht nur auf die besondere Fassung von „Ihr Kinderlein, kommet“, sondern es gibt noch drei weitere Lieder, die zu den speziellen „Waldstetter Krippenliedern“ gezählt werden: „Wenn´s draußen stürmt und schneit“ geht auf ein vielfach umgedichtetes Soldatenlied aus dem 19. Jahrhundert zurück, der Text stammt von dem Dichter Wilhelm Hauff. Im vergangenen Jahr hat es zwar nicht gestürmt und geschneit, aber doch so stark geregnet, dass das Krippensingen im Dorf abgesagt werden musste.

    Deutsche Weihnachtsbräuche

    Krippe: Das Krippenspiel stellt die Etappen der Weihnachtsgeschichte nach. Der Brauch geht bis ins Mittelalter zurück. Kleine, zum Teil aufwändig gestaltete Nachbauten haben es bis in die Wohnzimmer geschafft. Sie haben ihren festen Platz in der deutschen Weihnachtszeremonie.

    Christbaum: Ein Inbegriff der deutschen Weihnacht ist der Christbaum. Ursprünglich waren die immergrünen Zweige während der kalten Wintermonate ein Zeichen für Lebenskraft. Als fester Bestandteil der privaten Weihnachtsfeier gilt der Christbaum, der anfangs an der Zimmerdecke befestigt wurde, erst seit dem 19. Jahrhundert. Von Deutschland aus verbreitete sich der Brauch weltweit.

    Christbaumloben: Hierbei handelt es sich um einen in Teilen Süddeutschlands verbreiteten Brauch. Man sucht die Häuser von Bekannten und Verwandten auf und lobt deren Weihnachtsbäume in den höchsten Tönen. Zum Dank wird einem in der Regel Schnaps ausgeschenkt.

    Plätzchen, Lebkuchen und Christstollen: Niemand wird bestreiten, dass süßes Gebäck zur Weihnachtszeit gehört. Auch die private Herstellung dieser Adventsbegleiter hat Tradition. Leider steht das Weihnachtsgebäck mittlerweile schon Anfang September in den Supermarktregalen, wodurch die Besonderheit für viele Konsumenten verloren geht.

    Christkind, Nikolaus und Weihnachtsmann: Nach einer alten katholischen Tradition stellt der heilige Nikolaus den Kindern am 6. Dezember Geschenke vor die Tür. Martin Luther erfand im 16. Jahrhundert das Christkind als Gabenbringer, um der katholischen Heiligenverehrung entgegenzuwirken. Seit dem 19. Jahrhundert hat es Konkurrenz bekommen: vielerorts hat der Weihnachtsmann seine Aufgabe übernommen.

    Adventskranz: Der erste Adventskranz hatte 23 Kerzen und stammte aus Hamburg. Der Erzieher Johann Hinrich Wichern baute ihn 1839 aus Holz und wollte damit den ihm anvertrauten Kindern die Wartezeit auf das ersehnte Fest verkürzen. Jeden Tag bis zum 23. Dezember wurde ein Licht angezündet.

    Christklotz: Eichen- oder Eschenholz wird mit Wein begossen, gesegnet und in den Kamin gelegt. Dadurch soll die Bedeutung des heimischen Herdfeuers angesichts der kalten Wintermonate signalisiert werde.

    Schwibbögen: Im Erzgebirge wird schon seit dem 18. Jahrhundert zur Weihnachtszeit ein Lichtbogen ins Fenster gesellt. Die Kerzen sollen die Sehnsucht der Bergleute nach Tageslicht signalisieren. Die gängigen Motive bilden Szenen aus dem Alltag der Bergbauarbeiter ab. Mittlerweile sind die Schwibbögen auch außerhalb des Erzgebirges verbreitet.

    Adventskalender: 1903 wurde der Adventskalender von einem Münchner Unternehmer erfunden. Anfangs gab es bloß Bildkalender. Nach und nach wurde das Konzept erweitert, so dass heute neben den ursprünglichen Kalendern auch solche erhältlich sind, die mit Süßigkeiten oder Spielzeug gefüllt sind oder individuell befüllt werden können.

    Weihnachtslieder: Sehr weit verbreitet ist auch das Singen weihnachtlicher Lieder. Titel wie "Stille Nacht, heilige Nacht" sind um die Weihnachtszeit überall zu hören. Obwohl nur mehr wenige Deutsche die kultureigenen Volkslieder kennen, sind die meisten in der Lage, die bekanntesten Weihnachtslieder wenigstens auszugsweise mitzusingen.

    Ansonsten aber singen die Waldstetter bei ihrem Rundgang wie die Hirten an der Krippe von Bethlehem auch ein Wiegenlied: „Schlaf wohl, du Himmelsknabe du“, dessen Text der schwäbische Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart als Häftling auf dem Hohenasperg verfasst hat.

    "O du liebes Jesuskind"

    Die in Waldstetten tradierte Melodie ist nur eine von vielen überlieferten Melodien dieses Hirtenlieds, das unter anderem auch Carl Loewe und Richard Strauss vertont haben. Von Max Reger gibt es einen vierstimmigen Chorsatz dazu. Die Liebe und den Segen des Jesuskindes erbitten die Waldstetter Krippensänger mit dem Lied „O du liebes Jesuskind“, in dem es heißt:

    „...O du süßes Jesuskind,

    in der Kripp im Stalle

    wehte gar so kalt der Wind,

    littst du für uns alle.

    Aber jetzt sollst warm du liegen,

    jetzt soll unser Herz dich wiegen,

    komm in unsere Herzen!...“

    Der Schöpfer des Textes ist nicht bekannt, die in Waldstetten gesungene Melodie stammt von dem in Italien und München wirkenden Komponisten und Kapellmeister Johann Kaspar Aiblinger, der vor allem Kirchenmusik, aber auch Opern und Ballette geschrieben hat.

    Aufführung bei der Krippenmesse in Ichenhausen

    Die Tradition der Waldstetter Krippenlieder wird nicht nur beim Krippensingen gepflegt, das dieses Jahr am Sonntag, 12. Januar, um 13.30 Uhr an der Brechleiter-Krippe an der Hauptstraße in Waldstetten beginnt, sondern auch am Festtag Drei König. Dann feiert der Krippenverein Ichenhausen in der Waldstetter Jakobskapelle, wo auch die beeindruckende Papierkrippe des Weißenhorner Malers Conrad Huber aufgestellt ist, seine Krippenmesse. Josef Müller von der Chorgemeinschaft stimmt dabei die Waldstetter Krippenlieder an, und er freut sich jedes Jahr darauf: „Die Leute singen immer fest mit.“

    Dass die Tradition der Waldstetter Krippenlieder auch weiter gepflegt wird, ist dem Vorsitzenden der Chorgemeinschaft Josef Müller ein Herzensanliegen. Und es könnte sein, dass der Funken auf die Jugend überspringt. Denn die Chorgemeinschaft, die vor 25 Jahren aus dem 1909 gegründeten Männergesangverein hervorgegangen ist, probt in einem Haus, in dem die Musik einen hohen Stellenwert hat, in der Grundschule Waldstetten.

    Jetzt sollen auch Schüler das Lied einstudieren

    Dort singt fast die Hälfte der 91 Schülerinnen und Schüler im Schulchor mit. Die Waldstetter Krippenlieder haben sie aber noch nicht im Repertoire. Schul- und Chorleiterin Julia Lerch sagt zu den Waldstetter Krippenlieder: „Davon höre ich jetzt zum ersten Mal.“ Aber sie ist sofort interessiert und sagt spontan, dass sie die Waldstetter Fassung von „Ihr Kinderlein, kommet“ gern mit den Grundschulkindern einstudieren und singen will.

    Lesen Sie dazu auch: Die Geschichte der Weihnachtslieder

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