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Ulm/Ebershausen: Er ist zurück in seinem Theater

Ulm/Ebershausen

Er ist zurück in seinem Theater

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    Der alte Chef auf den neuen Sitzen: Ansgar Haag auf den 2017 ausgetauschten Sesseln im Großen Haus.
    Der alte Chef auf den neuen Sitzen: Ansgar Haag auf den 2017 ausgetauschten Sesseln im Großen Haus. Foto: Alexander Kaya

    Ansgar Haag kennt natürlich noch den Weg durchs Theater. Für das Foto also einmal von der Kantine zum Großen Haus, vorbei an der Pforte und dem Hinterbühneneingang. Da hat sich nicht viel geändert, seitdem er 2006 ans Meininger Staatstheater wechselte. Wohl aber im Zuschauerraum, wo es seit gut einem Jahr neue Sessel gibt. Ob sie bequemer sind als die alten? Haag lacht. Breiter als die in seinem Theater seien die neuen Stühle allemal. Aber der 63-jährige Intendant ist nicht zum Probesitzen an seine Wirkungsstätte zurückgekehrt. Am Donnerstag, 20. Dezember, um 20 Uhr hat im Großen Haus seine Inszenierung der Oper „Lucia di Lammermoor“ Premiere – seine erste Ulmer Regiearbeit seit „Aida“ 2005.

    Seit seinem Weggang nach Thüringen sind zwölf Jahre Andreas von Studnitz ins Land gegangen. Haags Nachfolger hatte nicht nur aus dem Ulmer Theater ein Theater Ulm gemacht, sondern zum Start auch noch verkündet: „Die Zeit des Wartens hat ein Ende.“ Nicht gerade ein netter Gruß an den Vorgänger. Aber Haag ist nicht nachtragend. Von Studnitz arbeite zwar ganz anders als er, sei aber „als Regisseur hervorragend“. Viel gesehen habe er in

    Die Nervosität habe sich schnell gelegt

    Bei seiner Rückkehr sei er trotzdem „ein bissl nervös“ gewesen, das habe sich aber schnell gelegt. Von den technischen Mitarbeitern kenne er einige noch von früher. Trotzdem: Und im Haus herrsche unter Kay Metzger, zu dem er freundschaftlichen Kontakt pflege, eine positive Atmosphäre. Und er könne mit einem tollen Ensemble arbeiten, zu dem mit Bariton Dae-Hee Shin auch ein langjähriger Meininger Sänger gehört. „Das Auffälligste ist aber, dass das Haus so sauber ist.“ Unter seiner Intendanz habe man viel um die Renovierungen gekämpft. Und übrigens auch schon für den Abriss des Wohngebäudes hinter dem Theater, das in den kommenden Jahren dem neuen Technik-Bau weichen soll. Von Fritz Schäfers Theatergebäude ist er noch immer begeistert. „Ich hoffe, dass dieses Bauwerk in die Geschichte eingeht wie das Ulmer Münster.“

    Der Kontrast zu seinem aktuellen Arbeitsplatz könnte freilich kaum größer sein. „Meiningen ist ein absolutes Kleinod“, sagt er, „aber es zu leiten ist schwieriger als in Ulm.“ Das liegt unter anderem daran, dass es in der 21000-Einwohner-Stadt ein ganz anderes Publikum gibt – vor allem Touristen. Die kommen Haag zufolge dann, wenn auf dem Spielplan Thüringisches oder Romantisches steht: Schiller und Goethe im Schauspiel, Wagner und Strauss im Musiktheater. Italienische Opern seien hingegen schwierig – auch, weil in der DDR praktisch alle Werke auf Deutsch gezeigt worden seien. „Lucia di Lammermoor“ habe aber zwei Jahre lang gut funktioniert.

    Eine Ausstattung aus Thüringen

    Genau diese Meininger Inszenierung ist nun als Übernahme in Ulm zu sehen. Die Kooperation kam auf Vorschlag Kay Metzgers zustande. Durch die Zusammenarbeit können die Ulmer nun auf die Ausstattung aus Thüringen zurückgreifen, mit leichten Anpassungen. „Unser Bühnenbild ist ein bisschen zu schmal für die große Bühne“, sagt Haag. Trotzdem ist die Übernahme gerade für die Werkstätten fraglos eine Entlastung, die in dieser Spielzeit mit „Das schlaue Füchslein“ und „My Fair Lady“ zwei extrem aufwendige Produktionen schultern mussten. Gerade in der Anfangszeit einer Intendanz sei dies eine Erleichterung – Haag machte es in Ulm mit seinem „Faust“ genauso. „Der wurde damals mit dem Tieflader aus Salzburg“ hergefahren. Metzger und er sind in Gesprächen über weitere Kooperationen.

    Doch erst einmal „Lucia di Lammermoor“, jene Oper Gaetano Donizettis, die berühmt ist für ihre von einer Glasharmonika begleitete „Wahnsinnsarie“. Es ist eine Art Romeo-und-Julia-Geschichte mit Spuk-Beigabe in Schottland, beruhend auf einem Roman des schottischen Nationaldichters Walter Scott. „Lucia di Lammermoor“ ist eines der wichtigsten Werke des sogenannten Belcanto, jener Epoche des frühen 19. Jahrhunderts, in der es in der italienischen Oper primär um Schöngesang und weniger um Dramatik ging.

    Er hat immer noch einen Bauernhof in Ebershausen

    „Das ist eigentlich nicht mein Kerngeschäft“, sagt Haag, der gleichwohl die Musik fantastisch findet – und auch der Handlung viel Aktuelles abgewinnen kann. Seine Inszenierungsidee dreht sich um ein Datum. An einem 9. November erwähnte Donizetti erstmals sein Interesse an dem Stoff, am Schicksalstag der Deutschen: Ausrufung der ersten Republik 1918, Reichspogromnacht 1938, Mauerfall 1989. Genau um die Themen Krieg und Frieden, Freiheit und Unterdrückung kreise auch „Lucia di Lammermoor“, sagt Haag. Wobei er in Ulm noch ein bisschen mehr in Richtung Weimarer Zeit als in Meiningen gehen will.

    Der Regisseur freut sich auf die Premiere, bei der er sicher auch Menschen treffen wird, die er noch aus seiner eigenen Ulmer Zeit kennt. Ganz weg war Haag sowieso nie. Er besitzt immer noch den Bauernhof in Ebershausen bei Krumbach, den er während seiner Ulmer Intendanz gekauft hat, und kommt im Sommerurlaub gerne dorthin. Gut möglich, dass Haag irgendwann ganz dorthin ziehen wird – im Ruhestand. Eilig hat er es nicht: Sein Vertrag in Meiningen läuft bis 2022.

    Vorverkauf Für die Premiere von „Lucia di Lammermoor“ gibt es nur noch Restkarten unter theater-ulm.de

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