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Dürrlauingen: So läuft die Umstrukturierung bei St. Nikolaus in Dürrlauingen

Dürrlauingen

So läuft die Umstrukturierung bei St. Nikolaus in Dürrlauingen

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    Ein Steinrelief des Heiligen Nikolaus am bisherigen Haupteingang zum Förderungswerk St. Nikolaus der Katholischen Jugendfürsorge in Dürrlauingen.
    Ein Steinrelief des Heiligen Nikolaus am bisherigen Haupteingang zum Förderungswerk St. Nikolaus der Katholischen Jugendfürsorge in Dürrlauingen. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Weil die Auslastung des Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrums St. Nikolaus in Dürrlauingen deutlich zurückgegangen ist, wird die Einrichtung verkleinert. Im März hatte der Träger, die Katholische Jugendfürsorge (KJF) aus Augsburg, unserer Zeitung bestätigt, dass man sich dafür auch von Mitarbeitern trennen muss. Im Sommer hatte die KJF sich zum Standort bekannt, aber weitere Umstrukturierungen angekündigt. Wie weit ist man inzwischen damit gekommen? Wie geht es weiter in

    Öffnungszeiten und Angebot im Supermarkt wurden weiter reduziert

    Bei der Belegung der Einrichtung zeige die Tendenz weiter nach unten, in Ausbildung und Berufsvorbereitung seien es aber immer noch um die 150 Jugendliche – von einst mehr als 400. Der Modellversuch der offenen Werkstatt Schwaben wird wegen mangelnder Nachfrage nicht fortgesetzt, die Ausbildung von Bäckern und Textilreinigern ist ausgelaufen, beim Zierpflanzenbau und den Zerspanern ist man kurz davor. Verschiedene Berufsausbildungen wurden zusammengelegt, die Öffnungszeiten und das Angebot im Supermarkt wurden weiter deutlich reduziert.

    Doch der Bereich der Heilpädagogik stabilisiert sich, auch die Belegung der Schule mit knapp 145 jungen Menschen ist konstant, in der Berufsschule geht es ebenfalls weiter. Der Großteil des Südcampus ist inzwischen geräumt, der Empfang wird in den Supermarkt umziehen. Untersucht wird, welche Räume man noch braucht und die Einrichtung soll als autismusgerechtes Zentrum zertifiziert werden.

    Der Umbruch in Dürrlauingen ist auch von außen unübersehbar

    Der Umbruch, in dem sich das von vielen immer noch als Förderungswerk bezeichnete Zentrum befindet, ist somit unübersehbar – auch von außen. Mehrere Gebäude sind eingerüstet, weil an den Fassaden gearbeitet wird, Zäune versperren teilweise den Weg. Es geht verstärkt darum, sich danach auszurichten, was die am Standort verbliebenen Jugendlichen brauchen. Auch deshalb wurde das Konzept des Nahversorgers im Supermarkt aufgegeben, zumal die Bevölkerung ihn nie als solchen genutzt habe, sondern lieber zum nächsten Discounter gefahren sei.

    Eine Straße teilt das bisherige Gelände der KJF in Dürrlauingen. Der Teil rechts davon soll aufgegeben werden, in den Rest wird hingegen investiert. Und das Personalwohnheim (das hohe Gebäude links im Bild) wird verkauft. Wie sehr Dürrlauingen von St. Nikolaus geprägt ist, wird auf dem Bild deutlich.
    Eine Straße teilt das bisherige Gelände der KJF in Dürrlauingen. Der Teil rechts davon soll aufgegeben werden, in den Rest wird hingegen investiert. Und das Personalwohnheim (das hohe Gebäude links im Bild) wird verkauft. Wie sehr Dürrlauingen von St. Nikolaus geprägt ist, wird auf dem Bild deutlich. Foto: Bernhard Weizenegger

    Künftig soll alles an einer Kasse zentralisiert werden, angesichts weggefallener Ausbildungen und Angebote müssen Mitarbeiter teilweise anders eingesetzt werden. Die Backwaren kommen nun von einer Bäckerei aus Lauingen, teilweise merke man aber, dass die Nachfrage danach zurückgehe, weil eben nicht mehr selbst gebacken wird. Grundsätzlich liegt der Fokus im Markt jetzt mehr auf den pädagogischen Angeboten, auf der Ausbildung, doch den Mittagstisch werde es weiter geben.

    Vier Kündigungen, sieben Auflösungsverträge

    Die Personalanpassung, wie es die KJF nennt, sei in Dürrlauingen insgesamt aber nicht so dramatisch gewesen wie es zunächst aussah. 16 Mitarbeiter wurden „umgesetzt“, sie übernahmen also andere Aufgaben. Beispielsweise wurde die externe Reinigung gekündigt, das wird selbst erledigt. Vier Kollegen wurde gekündigt, sieben unterschrieben Auflösungsverträge. Doch selbst Mitarbeitervertreter Stefan Görge sagt, dass die Betroffenen zum Teil noch bessere Arbeitsplätze gefunden hätten, und Michael Breitsameter betont, dass niemand in die Arbeitslosigkeit geschickt worden sei.

    Der Weg gehe dahin, sagt Stefan Leister, dass alles „kleiner und spezialisierter“ werde. Man müsse sich dafür auch fragen, ergänzt Breitsameter, wie man mit dem Wandel umgeht. Wie kann die Infrastruktur neu ausgerichtet werden? Wie ist der Nordcampus, auf den sich die KJF künftig fokussiert, zu modernisieren? Wie lassen sich Einrichtungsgegenstände vom Südcampus verwerten – und wie können die dortigen Gebäude, sofern sie nicht zu verkaufen sind, zurückgebaut werden?

    Die Sondierungen für den Verkauf von Gebäuden laufen

    Schließlich könne es nicht sein, dass man dauerhaft auf marode Häuser blicken muss. Ein ansprechendes Ambiente trage auch dazu bei, dass sich die Jugendlichen und deren Erziehungsberechtigte für die Einrichtung entscheiden, sich die jungen Leute dann hier wohlfühlen und auch das Personal gerne zur Arbeit kommt. Zumal die Jugendlichen, um die man sich kümmert, immer schwieriger würden. Mitarbeiter werden in der Deeskalation geschult und erhielten eine Nachsorge, wenn die Arbeit einen an die Grenzen bringe, sagt Breitsameter.

    Das Förderungswerk genannte Berufsbildungszentrum St. Nikolaus in Dürrlauingen.
    Das Förderungswerk genannte Berufsbildungszentrum St. Nikolaus in Dürrlauingen. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Davon abgesehen, erläutert Leister, müsse man sich zunehmend Gedanken machen, wie sich die hier erbrachten Leistungen – auch überregional – vermarkten lassen, wie sie also bei den Belegern ankommen. Ein moderner Neubau der Nikolaus-von-Myra-Schule, für den gerade Gespräche mit der Regierung von Schwaben liefen, gehöre auch dazu. Bis der steht und das bisherige Gebäude geräumt werden kann, werde es aber noch seine Zeit dauern, und für das Internatsgebäude mit seinen sechs Wohngruppen müsse man Alternativräume suchen. Erst wenn das alles erledigt ist, könne man sich überlegen, welche nicht mehr benötigten Bereiche verkauft und was abgerissen werden kann, wobei schon jetzt dafür erste Sondierungen liefen. Das gilt auch für die geplante Veräußerung des Personalwohnheims, das aber bereits zum größten Teil nicht mehr von eigenen Mitarbeitern, sondern externen Mietern bewohnt werde.

    Will jemand die Bäckerei von St. Nikolaus pachten?

    Zur Neuausrichtung des Standorts gehört auch, dass man stärker auf Betriebe zugehen will. Wenn jemand die Bäckerei pachten oder die Maschinen haben will – gerne. Wenn eine Firma sagt, sie möchte ein Gebäude nutzen – kein Problem. Dann müsse man die Ausbildung eben umorganisieren, sagt Breitsameter. Hier Gewerbe anzusiedeln sei ja sicherlich auch im Interesse der Gemeinde Dürrlauingen.

    Ein weiterer Bestandteil des Umbaus bei laufendem Betrieb ist auch, die zusammengenommen gut anderthalb Kilometer langen unterirdischen Gänge, durch die alle Gebäude miteinander verbunden sind, zu schließen. Das habe den Vorteil, dass man sie nicht mehr reinigen muss, dass sich dort keiner mehr verstecken kann und dass die dort benötigte Infrastruktur, etwa der Brandschutz, nicht mehr instandzuhalten ist. Die nicht mehr benötigten Bereiche des Geländes werden wohl vom Rest abgetrennt, womöglich mit Zäunen. „Aber wir wollen keine Dürrlauinger Mauer“, betont Michael Breitsameter.

    Die Mitarbeiter sind in "gespannter Erwartung"

    Was die Stimmung der Belegschaft anbelangt, seien die Kollegen „in gespannter Erwartung“, sagt Stefan Görge. Natürlich gebe es welche, die skeptischer sind als andere, aber grundsätzlich werde es positiv aufgenommen, dass sich am Standort etwas tut. Es seien ja auch neue Kollegen in anderen Bereichen eingestellt worden, sodass nach wie vor etwas mehr als 300 Menschen für die KJF in Dürrlauingen arbeiten. Wegen der Leerstände und Baustellen auf dem Areal erzähle allerdings mancher im Ort, hier werde alles abgewickelt. Dass sich an mancher Fassade länger als geplant nichts tut, liege daran, dass die Firmen volle Auftragsbücher haben.

    Das KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum prägt Dürrlauingen.
    Das KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum prägt Dürrlauingen. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Eben wegen (ungeplanter) Investitionen in die Infrastruktur habe sich das Defizit auch nicht verringert, erklärt Breitsameter, und durch einen weiteren Einbruch bei den Belegungszahlen habe sich auch das operative Ergebnis nicht verbessert. Auf den Umbau der Einrichtung habe das keine Auswirkungen, es würden keine Projekte verschoben. Auch wenn es dauere, bis man hier schwarze Zahlen schreibt, ergänzt Stefan Leister, „geht es nach vorne“.

    In zwei Jahren soll das 100-jährige Bestehen gefeiert werden

    Das Leitungsteam wurde neu aufgestellt, es habe ein Generationenwechsel eingesetzt. Und einige Kollegen, erzählt Gesamtleiter Breitsameter, hätten schon Ideen für den Umbau, die sie mit den Jugendlichen umsetzen, etwa eine Verschönerung der Cafeteria oder eines Besprechungsraums. Über ihre Teilnehmervertretung beteiligten sich die jungen Leute am Umstrukturierungsprozess, wobei der Alltag für sie im Vordergrund stehe.

    Auch wenn manches noch ungewiss ist: Dass in zwei Jahren das 100-jährige Bestehen von St. Nikolaus in Dürrlauingen gefeiert wird, daran haben Breitsameter, Leister und Görge keinen Zweifel.

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