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Sachbuch: Ab jetzt keine Ausflüchte mehr

Sachbuch

Ab jetzt keine Ausflüchte mehr

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    Unbequeme Fragen stellt der ehemalige Günzburger Klinikseelsorger Hermann Wohlgschaft in seinem neuen Buch „Keine Ausflüchte mehr!“
    Unbequeme Fragen stellt der ehemalige Günzburger Klinikseelsorger Hermann Wohlgschaft in seinem neuen Buch „Keine Ausflüchte mehr!“ Foto: Kaiser

    Hermann Wohlgschaft schreibt Klartext. „Keine Ausflüchte mehr!“ heißt der Titel seines jüngsten Buches. Auf 170 Seiten erläutert der frühere Günzburger Klinikseelsorger seine „Gedanken zur notwendigen Kirchenreform“. Dabei fasst er jede Menge heißer Eisen an – nicht allen in der katholischen Amtskirche dürften Wohlgschafts Vorstellungen und Forderungen gefallen. Am 1. Oktober stellt der Geistliche, der seit einigen Jahren den Ruhestand in Kaufering verbringt, sein neues Buch, erschienen beim Echter-Verlag, im Pfarrheim in Reisensburg vor.

    Hermann Wohlgschaft war 18 Jahre alt, als Papst Johannes XXIII. im Jahre 1962 das II. Vatikanische Konzil einberief. Für den jungen Katholiken eine Zeit der „Offenbarung“, wie er in seinem aktuellen Buch schreibt. Jedoch: Aus den Freuden seien zunehmend Leiden an seiner Kirche geworden. Denn über die Jahre sei der Fortschritt in vielfältiger Weise wieder zum Rückschritt geworden.

    Das Ergebnis sei ein umfassender Reformstau bis in die heutigen Tage. Wohlgschafts These: „Die Kirchen können – wenn sie überleben wollen – nicht so bleiben, wie sie jetzt sind“. Demokratische Defizite seien ebenso zu beklagen wie die nach wie vor untergeordnete Rolle der Frauen in der katholischen Kirche. Die Sexualmoral sei noch immer verkrampft, der Pflichtzölibat auf Dauer nicht zu halten und der Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten alles andere als zeitgemäß. Provokant auch Wohlgschafts These, dass die geschlechtliche Liebe nicht nur auf Ehe und Familie fixiert werden dürfe. Was geht Privates die Kirche an? Die Missbrauchsskandale, so der Geistliche weiter, würden nur zögerlich und teils widerwillig aufgearbeitet, die interreligiöse Zusammenarbeit mit Protestanten und Moslems lasse mehr als nur zu wünschen übrig. Hermann Wohlgschaft wünscht sich mehr „ökumenische Öffnung“.

    In seinen frühen Jahren war Wohlgschaft, nach eigenen Worten ein bis heute überzeugter Katholik, ein enger Mitarbeiter des seinerzeitigen Augsburger Bischofs Josef Stimpfle – ein fleißiger, intellektuell bewanderter Arbeiter und privat ein umgänglicher Mensch. Doch theologisch kamen die beiden zunehmend über Kreuz, wie Wohlgschaft ausführt. Bald trennten sich ihre Wege. „Ich war immer reformorientiert“, resümiert der Buchautor. Bischof Stimpfle wohl eher nicht.

    Hoffnungen setzt Hermann Wohlgschaft auf den derzeitigen Papst Franziskus. Er sei „ein guter Kirchenführer für die heutige Zeit“. Aber auch einer, der aufgrund der ebenso einflussreichen wie konservativen Kurie und anderer Widersacher nicht in der Lage sei, seine Reformpläne restlos umzusetzen. Dabei ist „die Gegenwart gekennzeichnet durch riesige Herausforderungen, denen Franziskus etwas Großartiges entgegensetzt“. Wird der Papst die laut Wohlgschaft notwendige Erneuerung der katholischen Kirche zu Lebzeiten schaffen? Zweifel seien angezeigt. Unter dem Strich fordert der Buchautor die Rückbesinnung der katholischen Kirche auf die Botschaft Jesu. Und damit auf eine einfühlsame Seelsorge, einen weniger herablassenden und dogmatischen Umgangston sowie auf schonungslose Debatten. Hermann Wohlgschaft sympathisiert offen mit den kirchenkritischen Theologen Hans Küng und Eugen Drewermann.

    Sein Buch endet mit den Worten: „Was die Welt zu retten vermag, ist allein die Liebe“. Man möchte anfügen: Geb’s Gott.

    „Keine Ausflüchte mehr!“ stellt Hermann Wohlgschaft bei einer Lesung am Dienstag, 1. Oktober, vor. Beginn ist um 19.30 Uhr im Pfarrheim in Reisensburg.

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