Um die im Herbst vergangenen Jahres eröffnete Demenz-WG des Roten Kreuzes in Offingen stand es noch im Frühjahr nicht zum Besten. Die Plätze waren kaum belegt. Es fehlte Personal. Und von der Zusicherung, dass die Bewohner bis zu ihrem Tod dort bleiben können, wenn es medizinisch machbar ist, wollte der Kreisverband nichts mehr wissen (wir berichteten). Die Zukunft der Wohngemeinschaft stand somit auf der Kippe. Doch davon ist dort nichts mehr zu spüren. Seit Daniel Freuding Geschäftsführer des BRK im Landkreis Günzburg ist, hat sich die Stimmung in der Organisation spürbar verbessert, es werden neue Projekte angepackt – und in der Demenz-WG werden wohl bis Jahresende alle Plätze belegt sein.
Seit 1. Juli leitet Andrea Berchtold die Einrichtung, und sie freut sich, dass Freuding ihr vertraue und freie Hand lasse. So sei die Wohngemeinschaft quasi kaum möbliert gewesen, als sie dort anfing, inzwischen sieht es dort sehr wohnlich aus. Auf der Terrasse gibt es auch ein Hochbeet und einen Grill, die Mauer soll noch gestaltet werden. Waren es nur zwei Bewohner, als sie kam, so würden bis Ende des Monats sieben der neun Plätze belegt sein, bis Ende Dezember sei man wohl ausgebucht. Es gebe Anfragen auch über den Landkreis hinaus, und vieleBewerbungen von Menschen, die hier arbeiten wollen.
Die Bewohner dürfen nun wieder bis zu ihrem Tod bleiben
Mit drei Schichten wird wieder der komplette Tag abgedeckt, zu den fünf Hauptamtlichen kommen fünf geringfügig Beschäftigte und fünf Ehrenamtliche. Und somit könne man auch gewährleisten, dass die Bewohner bis zu ihrem Tod bleiben können – wenn es medizinisch denn leistbar ist. Zwar komme die frei wählbare Sozialstation für die Pflege der Menschen, die hier leben, doch etwa ein Beatmungsgerät samt der nötigen Überwachung einzurichten sei nicht möglich.
Der oberste Grundsatz sei hier auch die Selbstbestimmtheit der Menschen: Sie könnten alles mitmachen, müssten es aber nicht. Und wenn die Angehörigen oder gesetzlichen Betreuer ihr Einverständnis geben, lasse man einen Bewohner – meist in Begleitung – auch durch den Ort spazieren. Schließlich fehle nicht allen die Orientierung, sondern mitunter „nur“ das Kurzzeitgedächtnis. Übrigens muss niemand hier ewig bleiben, so gebe es eine Frau, die wegen der Erkrankung ihres Mannes wenige Monate da war, aber jetzt wieder nach Hause gehe. Und wer neu kommt, darf ein paar Tage „reinschnuppern“ und so testen, ob er oder sie sich wohlfühlt. Helle, großzügige Einzelzimmer gibt es auf jeden Fall hier.
In der Offinger Demenz-WG leben Menschen von 56 bis 98 Jahren
Wie Berchtold, die man in der Region vor allem durch ihre langjährige Tätigkeit im Kriseninterventionsteam und im Rettungsdienst kennt, sagt, seien für das Frühjahr schon Ausflüge geplant, heuer sei man mit den Bewohnern beispielsweise am Mindelstrand oder im Kino gewesen. Das habe zu Fragen geführt, was das denn Demenzkranken bringe, aber: „Es zählt der Spaß, den sie in diesem Moment haben.“ Durch die überschaubare Größe der Einrichtung gehe es hier sehr familiär zu, die Menschen im Alter von 56 bis 98 Jahren backen oder basteln beispielsweise zusammen. Auch eine Katze zum Schmusen gibt es.
Sie können sich aber auch zurückziehen und alleine etwas machen, wie die 98-jährige Anna Widerhut, die für ihre Nichte gerade einen Schal strickt. Der gebürtigen Gundremmingerin gefällt es gut hier, sagt sie. Und fügt hinzu: „Ebbes is ja überall.“
Termin Bei einem Nikolaus-Kaffee am Samstag, 30. November, stellt das Bayerische Rote Kreuz die Demenz-WG in Offingen vor. Beginn ist um 14 Uhr. Es gibt Musik, einen kleinen Basar mit Bastelarbeiten und einer der letzten Seegrasspinner zeigt seine Werke. Eine Anmeldung ist erwünscht unter Telefon 0175/168 5579, Ansprechpartnerin ist Andrea Berchtold.
Lesen Sie hier mehr zum Thema:
Nach den Querelen: Wieder mehr Zuversicht für BRK im Landkreis
Neuer Chef: BRK im Kreis Günzburg "hat ein Eigenleben entwickelt"
Demenz-WG des BRK: Streit um Bleiberecht für Bewohner
In Offingen beginnt der Bau der Demenz-WG
Hier entsteht eine WG für Demenzkranke