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Leipheim: Vor zwei Jahrzehnten kam die Pfingstflut

Leipheim

Vor zwei Jahrzehnten kam die Pfingstflut

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    Auf dem Leipheimer Sportplatz ging es nur noch per Boot voran.
    Auf dem Leipheimer Sportplatz ging es nur noch per Boot voran.

    Diese Nacht werden viele Leipheimer nie vergessen: Die Nacht von Pfingstsonntag auf Pfingstmontag im Jahr 1999. Die Wetterlage war ähnlich wie in diesen Tagen (Lesen Sie dazu: 20 Jahre nach der Pfingstflut: Kann der Dauerregen wieder gefährlich werden?) : Nach starken Regenfällen in den Alpen, konnten viele Flüsse in ganz Bayern das Wasser nicht mehr fassen. Die Wassermassen der Donau drückten auch immer mehr nach Leipheim. 20 Jahre ist das nun her. Wie haben Betroffene das sogenannte Pfingsthochwasser erlebt? Und was hat sich seitdem beim Thema Hochwasserschutz im Landkreis getan?

    Am Samstag, 22. Mai 1999, stieg der Wasserspiegel der Donau an. Am Pfingstsonntag waren bereits Teile des Auwalds bei Leipheim überflutet. Bis zum Montag stieg der Pegel weiter an. Der Leipheimer Sportplatz stand bereits unter Wasser. Die ganze Nacht war Manfred Czekalla auf den Beinen, erinnert er sich noch sehr genau. Das Grundwasser drückte in den Keller seines Hauses. Wie alle seine Nachbarn in der Siedlung Kohlplatte auch, versuchte der Leipheimer, das Eindringen des Wassers zu verhindern. Er hatte Glück. „Eine Stunde später und hier wäre Land unter gewesen“, erinnert er sich. „Um drei Uhr nachts war es am schlimmsten.“ Dann gingen die Wasserstände leicht zurück. Manfred Czekalla hatte Glück, das Wasser hat in seinem Haus keine großen Schäden angerichtet.

    Chronologie: Rekord-Hochwasser in Deutschland

    Juni 2013 - Dauerregen verursacht Überschwemmungen in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Mehrere Menschen sterben. Die Pegel waren von der Donau bis an die Elbe so hoch wie seit 500 Jahren nicht mehr.

    Januar 2011 - Im nördlichen Abschnitt der Elbe erreicht das Hochwasser vielerorts Rekordhöhen. Doch die Deiche halten.

    August 2010 - Extreme Regenfälle führen im Dreiländereck von Deutschland, Tschechien und Polen zu heftigem Hochwasser und Überschwemmungen.

    März/April 2006 - Wegen des Elbehochwassers wird in Teilen Sachsens Katastrophenalarm ausgerufen. Auch in anderen ostdeutschen Ländern gilt die höchste Alarmstufe.

    August 2005 - Das von Italien kommende Tief «Norbert» führt zu heftigen Regenfällen im Süden Bayerns, in Österreich und der Schweiz. In mehreren besonders vom Hochwasser betroffenen Landkreisen und Städten in Bayern wird Katastrophenalarm ausgelöst.

    August 2002 - Nach sintflutartigen Regenfällen rollt eine verheerende Elbeflutwelle von Tschechien nach Norddeutschland. In Dresden erreicht das Jahrhunderthochwasser einen Rekordhöchststand.

    Mai 1999 - Hochwasser setzt an Pfingsten Augsburg, aber auch Teile des Allgäus und anderer Städte in Schwaben unter Wasser. Der Schaden liegt im dreistelligen Millionenbereich.

    Juli 1997 - Nach starken Regenfällen hält das Jahrhunderthochwasser der Oder die Menschen in Brandenburg, Tschechien und Polen in Atem und verursacht Schäden in Milliardenhöhe.

    Einige Häuser weiter sah das ganz anders aus. Eine Nachbarin, die namentlich nicht genannt werden möchte, hatte sich eigentlich auf ihren 50. Geburtstag am Pfingstmontag gefreut. Doch die Freude wurde getrübt, an Feiern war nicht zu denken. „Im Keller kam das Wasser durch alle Ritzen“, erinnert sie sich. Das THW hat Sandsäcke gebracht, der gesamte Keller wurde leer geräumt, von Bekannten konnte die Leipheimerin eine Wasserpumpe leihen. Immer wieder stand das Wasser zentimeterhoch in ihrem Keller. Schwierigkeiten machte nicht die Donau direkt. „Das Problem war das Grundwasser, das hat sich in die Keller gedrückt.“

    Alle Nachbarn in der Siedlung, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist, waren betroffen. „Ein Mann musste sogar seinen Urlaub abbrechen, um seinen Keller auszupumpen.“ Bei einer anderen Nachbarin stand das Wasser bis zur Kellerdecke. „Seitdem gab es kein Hochwasser mehr in diesem Ausmaß“, sagt die Leipheimerin. Doch die Angst, dass wieder das Grundwasser in die Keller drückt, bleibt.

    Die Planungen für einen Hochwasserschutz für Leipheim laufen. Doch die Idee, einen großen Deich zu bauen, liegt mittlerweile auf Eis. Auch, weil es Proteste aus der Bevölkerung gab. „Wir wollen einen Hochwasserschutz, aber er muss für die Anwohner Sinn machen“, sagt Manfred Czekalla. Den alten Sommerdeich wieder herzurichten ist so eine Idee, die der Leipheimer als sinnvoll erachtet.

    50 Tage lang musste das Trinkwasser abgekocht werden

    Vor 20 Jahren kämpften die Ortschaften entlang der Donau gegen die Fluten. Rettungsdienste, Feuerwehren und Technisches Hilfswerk waren auch im Landkreis Günzburg rund um die Uhr im Einsatz, pumpten Wasser ab und bauten mit Sandsäcken Schutzwälle gegen die Fluten. In Günzburg, Offingen und Ichenhausen standen zum Teil Straßen unter Wasser. Schwer getroffen hat es aber vor allem die Stadt Leipheim. Jürgen Mößle vom städtischen Bauamt erinnert sich: „50 Tage lang mussten die Leipheimer ihr Wasser abkochen.“ Denn die Brunnenköpfe der Flachbrunnen beim Leipheimer Wasserwerk wurden vom Pfingsthochwasser überflutet. So gerieten Keime ins Trinkwasser. „Das Wasserwerk wurde sofort abgeschaltet.“

    Das Wasser erhielten die Leipheimer zwischenzeitlich von Fliegerhorst. Der damalige Bundeswehrstandort hatte eine eigene Wasserversorgung und konnte der Stadtbevölkerung aushelfen. Dennoch musste das Wasser gechlort und für fast zwei Monate abgekocht werden. Nach dem Hochwasser ging es darum, die Schwachstellen zu finden, erklärt Jürgen Mößle. Am alten Hochwasserschutzdamm bei den Tennisplätzen war beispielsweise eine Leckage – diese musste wieder aufgeschüttet werden.

    Die Brunnenköpfe sowie die Trafostation beim Wasserwerk wurden höher gelegt. Auch technisch wurde vorgesorgt, um das Wasser im Fall eines Hochwassers so lange wie möglich keimfrei zu halten, so Mößle. Und was die Trinkwasserversorgung betrifft, hat die Stadt Leipheim mittlerweile ein zweites Standbein. Sie hat das Wasserwerk des ehemaligen Bundeswehrstandorts übernommen.

    Startpunkt für das Aktionsprogramm 2020

    Das Pfingsthochwasser hat das Bewusstsein vieler verändert. Im Vergleich zu anderen Gebieten hatten die Landkreisbürger noch einmal Glück gehabt, sagen Dominikus Findler und Hubert Mahler von Wasserwirtschaftsamt Donauwörth, die für den Landkreis Günzburg zuständig sind. Das Pfingsthochwasser war aber das ausschlaggebende Ereignis, der Startpunkt für das bayernweite Aktionsprogramm 2020. Das Thema Hochwasserschutz rückte in Fokus, vor allem weil weite Teile Bayerns von den Fluten betroffen waren. In den Jahren darauf – 2000, 2002 und 2012 – folgten weitere Hochwasser, die die Notwendigkeit solcher Projekte noch weiter vorantrieb. „Im Landkreis Günzburg wurden in den vergangenen Jahren viel Geld in den Hochwasserschutz investiert“, sagt Huber Mahler. Etliche Projekte konnten bereits realisiert werden, andere sind gerade in der Umsetzung oder in der Planung. „Zug um Zug werden die Maßnahmen in den Gemeinden umgesetzt“, sagt Dominikus Findler.

    Wie sich die Hochwassersituation im Landkreis Günzburg diesen Dienstag entwickelt hat, lesen Sie hier.

    Aktuelle Unwetterwarnungen für Ihren Landkreis finden Sie immer aktuell hier auf der Seite des deutschen Wetterdienstes.

    Auch die Nachbarregionen waren vom Pfingsthochwasser betroffen. Gerade in Augsburg waren Straßen überflutet, 1000 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen: Pfingstflut 1999: Als Augsburg im Wasser versank

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