Ein lautes Piepen: Karl Spengler navigiert rückwärts mit seinem Lastwagen in der Einfahrt im Leipheimer Gewerbegebiet. Die Ladung: überbreit, mehr als drei Tonnen schwer, das entspricht ungefähr zwei Autos. Und nur so groß wie eine Fertiggarage. Für ihn nichts Besonderes. Doch für die anderen beginnt die Arbeit mit dem weißen Kasten, der etwas sperrig Gasdruckregel- und Messanlage heißt, erst. Die sieben auf drei Meter müssen zuerst runter vom Tieflader. Neben ihm haben bereits Sasha Nedbal und Christian Harder die Gegengewichte für den Kran hergebracht.Damit ausgerüstet, schwenkt Kranführer Hunar Mohammad den roten Kranarm nach rechts und lässt die vier schweren Stahlketten heruntergleiten. Die Anlage soll sicherstellen, dass Leipheim bei wachsendem Bedarf genug Erdgas bekommt.
Im zweiten Versuch klappt es. Sie werden an den vier Haken am Dach befestigt. Dann heißt es: Das Häuschen mit einem langsamen Schwenk über den Bauzaun lupfen und vorsichtig auf dem Fundament abstellen. Das wurde bereits im Vorfeld gefertigt. René Steiert von der Firma Betonbau aus Kösching bei Ingolstadt beobachtet vom Rand aus, wie das Häuschen, das er mitgebaut hat, an seinen Platz gerückt wird. Monteur Thomas Schön stellt sich neben das Fundament und weist dem Kranfahrer mit der Hand den Weg, um sicherzugehen, dass alles sitzt. „Das ist Millimeterarbeit.“
Eine halbe Million Euro kostet die neue Anlage
Am Freitag um kurz nach acht Uhr stellt die Schwabennetz die Anlage auf. Das Thermometer zeigt sechs Grad an. Kostenpunkt: ungefähr eine halbe Million Euro. Die Anlage ist das Werk von zwei Ingenieuren: Sebastian Seiler und Stefan Kaluschke. Ungefähr ein Jahr lang hatten sie zusammen mit dem Areal Pro geplant.
Die Vorgängerin aus dem Jahr 1984 auf dem Parkplatz des Gartenhallenbads wird abgebaut, die Teile, die die Schwabennetz noch gebrauchen kann, werden entnommen. Anlagen in dem Ausmaß, wie die in Leipheim stelle er sonst eine bis zwei im Jahr auf, sagt Ingenieur Kaluschke. Was ist an dem neuen Exemplar so besonders? „Das da drüben ist der VW, und hier haben wir den Tesla“, erklärt Cornelia Benesch: Bis zu vier Tonnen Erdgas kann sie in der Stunde leiten. Das Erdgas schießt von der Anlage in Günzburg aus mit einem Druck bis zu 16 Bar in die Rohre der „Regelanlage Leipheim“. Zu viel für Häuser oder Firmen. Der Druck wird auf ungefähr ein Bar heruntergeregelt.
Darum ist die neue Anlage in Leipheim so wichtig
Warum ist diese Dimension hier nötig? Die Stadt Leipheim prosperiert, das Gewerbegebiet expandiert. Deshalb musste eine Anlage mit mehr Power her. Cornelia Benesch vergleicht das mit einem Gartenschlauch: Selbst mit viel Druck gehe bei einem bestimmten Durchmesser nicht mehr Wasser hindurch. Um mehr durchzuschleusen, braucht es einen größeren Schlauch. Die Anlage ist so konzipiert, dass Leipheim um ein Drittel wachsen könnte, damit die Maschinediesen Bedarf auffangen kann. Neben der Leistung hat sie eine Heizung, ist auf dem neuesten Stand der Technik. Die Stromleitungen wurden nun unter die Erde verlegt. Vorher liefen sie über eine Stange. Das Erdgas, das hier durchfließt, kommt ursprünglich aus Russland, erklärt Stefan Kaluschke. Dann gelangt es über eine Pipeline an die Bayernets GmbH, die das Fernleitungsnetz betreibt. Und die wiederum schickt es an die Anlage von Schwabennetz in Günzburg-Wasserburg.
Im Inneren, das in Grau und Gelb gehalten ist, reinigt die Anlage das Gas zunächst zum Beispiel von Metallspänen. Ein Gaserwärmer folgt, dann wird der Druck geregelt. Ein Gaszähler macht weiter und ein Manometer, das den Druck misst und durchgehend Daten an die Zentrale übermittelt. Die Anlage wird über die Zentrale von Schwabennetz in Augsburg gesteuert. Die Mitarbeiter dort können sämtliche Werte ablesen und zur Not auch eingreifen. Am Freitag wurde nur das Gebäude auf das Fundament gestellt. Erst im Nachgang werden die Gasleitungen angeschlossen, und die Anlage kann ihren Betrieb aufnehmen. Wann sei noch nicht ganz klar, sagt Stefan Kaluschke. Das komme darauf an, wie die weiteren Arbeiten laufen.
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