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Landratswahl Günzburg: Droht zwischen ihnen eine Schlammschlacht im Wahlkampf?

Landratswahl Günzburg

Droht zwischen ihnen eine Schlammschlacht im Wahlkampf?

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    Da war noch alles in Ordnung: Max Deisenhofer (links) und Hans Reichhart vor wenigen Tagen in der Redaktion der Günzburger Zeitung für Dreharbeiten. Jetzt hat ein Parteifreund Deisenhofers dem früheren Bau- und Verkehrsminister öffentlich Vorhaltungen gemacht – und Stunden später das wieder relativiert.
    Da war noch alles in Ordnung: Max Deisenhofer (links) und Hans Reichhart vor wenigen Tagen in der Redaktion der Günzburger Zeitung für Dreharbeiten. Jetzt hat ein Parteifreund Deisenhofers dem früheren Bau- und Verkehrsminister öffentlich Vorhaltungen gemacht – und Stunden später das wieder relativiert. Foto: Till Hofmann

    Es ist keine Aussage, die der niederbayerische Landtagsabgeordnete der Grünen, Toni Schuberl, trifft. Aber er stellt Fragen in einer „öffentlichen E-Mail“, die in der CSU im Landkreis für Ärger und Aufregung sorgen. Im Zentrum der Vorwürfe steht der frühere Bauminister Hans Reichhart (Jettingen-Scheppach), der Günzburger Landrat werden will – ebenso wie der Grünen-Abgeordnete Max Deisenhofer (Behlingen). Schuberl zeigt sich verwundert über den Zeitpunkt des Rücktritts Reichharts, der nicht zum Ende des vergangenen Monats, sondern zum 1. Februar vollzogen worden ist. Dieser eine Tag länger ziehe erhebliche Folgen nach sich, behauptet der Grünen-Politiker. Denn so erhalte Reichhart für diesen einen Tag die Amtsbezüge für den gesamten Monat (14.183 Euro in der Besoldungsgruppe B11), dazu noch einen Zuschlag von drei Sechzehntel (2659 Euro) und auch einen Monat länger Übergangsgeld (8421 Euro).

    Schuberl kommt auf „ungefähr um 25.000 Euro“, die Reichhart für diesen einen Tag erhalte – und setzt in seiner Mail nach: „Es gibt mit Sicherheit Menschen, die Dir unterstellen würden, Du hättest bewusst den Rücktritt um einen Tag verschoben. (...) So ein Verhalten könnte in der Bevölkerung Unmut über Politiker wecken. Manche mögen Dir gar vorwerfen, Du würdest Dir einen Landratswahlkampf vom Freistaat finanzieren lassen.“ Öffentlich habe er eine Mail nur geschrieben, damit Reichhart die Möglichkeit habe, „die Vorwürfe bereits im Keim zu ersticken und die Kritiker Lügen zu strafen“.

    Was es mit dem Rücktrittsdatum auf sich hat

    Der Adressat zeigte sich am Freitag überrascht und irritiert von den Anschuldigungen, die in der Mail mit Beschwichtigungen einhergehen („Die möglichen Vorwürfe sind aber sicher nicht gerechtfertigt“).

    Sein Rücktrittsdatum habe unter anderem beamtenrechtliche Hintergründe. Denn drei Monate nach seinem Rücktritt müsse ihm die Justiz eine Stelle anbieten. Hans Reichhart war vor seiner politischen Karriere Richter am Amtsgericht Dillingen. Das

    "Wenn es mir ums Geld gegangen wäre, hätte ich Minister bleiben müssen"

    Um Übergangsbezüge habe er sich keinerlei Gedanken gemacht, sagt Reichhart. „Wenn es mir ums Geld gegangen wäre, dann hätte ich Minister bleiben müssen.“ Reichhart hat sich bislang dazu auch nicht geäußert, ob er die ihm zustehenden staatlichen Zahlungen überhaupt beanspruchen wird. „Ich dachte, wir führen hier einen sauberen Wahlkampf“, sagte er. Meinte er damit den Konkurrenten der Grünen, Max Deisenhofer? Hat er etwas „durchgestochen“? „Dazu sage ich nichts“, so Reichhart.

    Deisenhofer tat dies gegenüber unserer Zeitung dafür umso mehr. Die Mail seines Parteikollegen aus dem Landtag nannte er „einen Quatsch“. Er kenne Hans Reichhart als integre Persönlichkeit. „So etwas hätte er auch gar nicht nötig.“ Wiederholt versicherte Deisenhofer, mit der Aktion nichts zu tun gehabt und nichts davon gewusst zu haben. „Das ist nicht mein Niveau, auf dem ich politischen Wahlkampf betreibe. Mir geht es um Themen.“

    Alfred Sauter glaubt Deisenhofer nicht

    Der CSU-Kreisvorsitzende Alfred Sauter nimmt Deisenhofer die Krokodilstränen nicht ab. „Warum sollte sich ein niederbayerischer Landtagsabgeordneter der Grünen für Vorgänge im Landkreis Günzburg interessieren?“, fragt er.

    Die Mail Schuberls sei an „Hinterhältigkeit, Brunnenvergiftung und Falschinformation kaum noch zu überbieten. Sie zeigt aus Sauters Sicht auf, wie die Grünen in Bayern die Appelle des Grünen-Vorsitzenden Habeck verstehen und umsetzen, der bei seinem kürzlichen Auftritt in Leipheim davon gesprochen habe, dass „neue Wege gegangen werden müssen“. Er habe auch gesagt, das Gute und der Kompromiss müssten wieder mehr in den Vordergrund treten, ebenso der respektvolle Umgang miteinander, die Dialogbereitschaft. „Sonst wird sich die Krise der Demokratie weiter fortfressen und das Gemeinwesen wird auseinanderfliegen.“

    Er hört die Worte wohl, aber ihm fehlt der Glaube

    Die Worte hört der frühere bayerische Justizminister Sauter wohl. Aber nach dieser Aktion fehlt ihm der Glaube. Die Mail kursierte bereits, obwohl sie der eigentliche Adressat noch gar nicht in Händen hielt. Schuberl hatte sie an die alte, nicht mehr gültige Ministeriumsadresse geschickt. Weitergeleitet wurde an Reichhart nichts.

    Es sei falsch, so Sauter, dass der Ex-Minister rund 25.000 Euro erhält, weil er einen Tag länger im Amt war. „Richtig ist, dass Dr. Reichhart gemäß Artikel 14 Absatz 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung im Anschluss an die Amtsbezüge Übergangsgeld für sechs Monate erhält. Als Übergangsgeld wird gewährt für die ersten drei Monate das Amtsgehalt und der Familienzuschlag in voller Höhe und für den Rest der Bezugsdauer die Hälfte dieser Bezüge. Unabhängig davon, ob Staatsminister a. D. Dr. Hans Reichhart zum 31. Januar 2020 oder zum 1. Februar 2020 zurückgetreten ist, erhält er also seine gesetzlichen Amtsbezüge für die Monate Februar, März und April.“

    "Das grenzt an Verleumdung, das ist böswillig und hinterfotzig"

    So zu tun, als ob Reichhart danach noch Übergangsgeld beanspruchen würde, „grenzt an Verleumdung und ist ebenso böswillig wie hinterfotzig. So agieren die angeblichen Vertreter der Gutmenschen“, schäumte Sauter am Freitag.

    Am Nachmittag räumte dann der Grünen-Abgeordnete aus Niederbayern ein, dass seine Mail „nicht mit den eigenen Leuten“ abgestimmt war und dass es nicht in Ordnung gewesen sei, „vorab und ohne Kenntnisse der Hintergründe öffentlich zu thematisieren“. Deisenhofer fürchtet nun, dass dieser Vorgang das Vertrauensverhältnis im Kreistag und auch persönlich belasten könnte.

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