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Landkreis Günzburg: Zum Finale kommt der große Knall

Landkreis Günzburg

Zum Finale kommt der große Knall

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    Jürgen Weinstein hält eine „Bombe“ aus China in der Hand. Der Effekt hätte einen Durchmesser von 500 Metern, sagt er. Kosten: mehr als 300 Euro.
    Jürgen Weinstein hält eine „Bombe“ aus China in der Hand. Der Effekt hätte einen Durchmesser von 500 Metern, sagt er. Kosten: mehr als 300 Euro. Foto: Alexander Kaya

    Jürgen Weinstein lässt es gerne krachen. An Hochzeiten, auf Stadtfesten und ganz besonders zu Silvester. Dann lädt der 46-Jährige meterhohe Musikboxen in seinen Laster, Zündkästen und jede Menge Sprengstoff. Nachts, wenn es dunkel ist und die Glocken den Jahreswechsel anläuten, malt er mit Funken und Fontänen Bilder in den Himmel. Denn Weinstein ist Pyrotechniker. Seine Firma „Effect-Art“ mit Sitz in Bibertal-Bühl hat sich spezialisiert auf Großfeuerwerke.

    Seit 15 Jahren kreiert Weinstein die bunten Himmelsbilder. Zu seinen Meisterstücken zählt er etwa das Feuerwerk zum XXL-Münstertag 2008 in Ulm. Auch das Farbenspiel zum 200. Geburtstag der Nachbarstadt Neu-

    Nach den Liedern richten sich dann die einzelnen Effekte. Heraus kommt eine Choreografie. Er sei kein Freund davon, einfach kreuz und quer zu schießen, mit viel „Glitzer-Tralala“, sagt Weinstein. Vielmehr versuche er, eine Dramaturgie aufzubauen: „Der Anfang ist ruhiger, zum Schluss dann – Pau! – kommt der große Endknall.“ Ein Computerprogramm zündet die einzelnen „Bomben“ sekundengenau. Der Effekt wäre dahin, hinge die Musik auch nur minimal nach. Was in einem solchen Fall passiert, hat er einmal erlebt: Die Stadt, über der gerade das Feuerwerk erstrahlte, hatte einen Stromausfall. Die Musikboxen verstummten. Die Atmosphäre, der Moment des „Aaaah“ und „Ooooh“, war weg. Seitdem nutze sein Team ein Notstromaggregat. Der aufregendste Moment sei für ihn der Countdown, bis es losgeht. „Da fängt das Herz an zu klopfen. Man hat keine zweite Chance.“

    Die Feuerwerkskörper lagern in einem Bunker

    Ein solches Klang-Feuerwerk kratzt freilich am Budget. Je aufwendiger und detaillierter, desto mehr Tausender müssen Veranstalter dafür lockermachen. So ist es keine Überraschung, dass Weinstein schon im Nobel-Skiort Kitzbühel am Werk war und Fotos von sich mit bekannten Gesichtern wie Axel Schulz auf dem Handy hat. In der diesjährigen Silvesternacht werde er in Stuttgart ein Feuerwerk für einen Promi zaubern, erzählt der Ulmer. Wer das ist, darf er nicht verraten. „Selbst Silvester gefeiert habe ich seit Jahren nicht. Aber das stört mich nicht – ganz im Gegenteil.“ Ihn entschädige der Stolz, den er verspürt, wenn ein Feuerwerk seine Handschrift trägt.

    Seine Feuerwerkskörper lagert Weinstein nicht in Bibertal, sondern in einem Bunker am Chiemsee – aus Sicherheitsgründen. Ein Großteil der Raketen, Böller und Fontänen stammt des Preises wegen aus China. Schön seien auch die italienischen Kracher, sehr detailverliebt und mit tollen Verwandlungseffekten. Die explosiven Kisten und Paletten darf Weinstein nur mit einem Gefahrengut-Transporter abholen.

    Was passieren kann, wenn sich etwas unkontrolliert entzündet, hat ein Unglück in Mexiko Mitte Dezember gezeigt: Ein Markt für Pyrotechnik ging in die Luft, Dutzende Menschen verloren ihr Leben. Weinstein bekam erst nach einer langen Ausbildung die Zulassung als Großfeuerwerker und Bühnenpyrotechniker. Um sein Hobby zum Beruf zu machen, musste der gelernte Bauunternehmer erfahrene Kollegen bei 27 Großfeuerwerken begleiten, eine spezielle Schule besuchen und sich vom Gewerbeaufsichtsamt prüfen lassen. An einem Tag kann Weinstein und sein acht Mann starkes Team maximal vier große Feuerwerke stemmen. Es dauert Stunden, die Abschussvorrichtungen oder Gerüsttürme aufzustellen, Kabel zu verlegen und alles abzusichern. Kleinere Aufträge, etwa Geburtstagüberraschungen, nimmt die Firma nicht an. Er stellt jedoch auch kleine Sortimente zusammen. Mit einer Einweisung kann die jeder zünden, der es gerne krachen lässt.

    So gelingt das private Feuerwerk

    Der Trend bei Privatleuten geht laut Weinstein zu fertigen Feuerwerks-Batterien statt zu einzelnen Raketen und Böllern. „Die Batterie zündet man einmal an, danach kann man sich zurücklehnen und genießen.“ Die Vorteile: Die Batterien könnten kontrollierter abgefeuert werden und das Feuerwerk sei von längerer Dauer. Zudem verbrenne man sich die Finger nicht so schnell und es könnten keine Stöcke vom Himmel fallen wie bei Raketen. Der Profi rät, einen Sicherheitsabstand von mindestens 20 Metern zur Abschussvorrichtung einzuhalten. Ein zusätzlicher Vorteil: „Umso weiter man weggeht, desto besser ist die Sicht.“ Zudem regneten keine Aschepartikel auf den Kopf. Raketen sollten auf keinen Fall in der Hand gezündet werden.

    Einzelne Raketen mit Holzstöcken sollte man in Flaschen stecken. Hier rät Weinstein dazu, die Flaschen unbedingt in Getränkekisten zu stellen, um mehr Halt zu haben. Frei stehende Flaschen könnten umfallen und die Raketen in Richtung der Zuschauer schießen. Feuerwerkskörper sollten nur gekauft werden, wenn sie von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) zertifiziert sind. Es ist wichtig, auf die europaweit gültige CE-Kennzeichnung und eine Nummer der Prüfstelle zu achten. Die BAM hat die Registriernummer 0589. Keinesfalls sollten Feuerwerkskörper auf illegalen Märkten in Osteuropa gekauft oder übers Internet importiert werden. Im Fachmarkt, Discounter oder an der Tankstelle gebe es geprüftes Material.

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