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Landkreis Günzburg: Wie Inklusion an zwei Schulen im Landkreis Günzburg funktioniert

Landkreis Günzburg

Wie Inklusion an zwei Schulen im Landkreis Günzburg funktioniert

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    In 432 bayerischen Schulen ist die Inklusion im Schulprofil verankert. Zwei Schulen im Landkreis Günzburg sind neu dabei, praktizieren Inklusion aber schon lange.
    In 432 bayerischen Schulen ist die Inklusion im Schulprofil verankert. Zwei Schulen im Landkreis Günzburg sind neu dabei, praktizieren Inklusion aber schon lange. Foto: Jonas Güttler, dpa (Symbolbild)

    Inklusion ist ein großes, manchmal auch nebulöses Schlagwort. Die Bundeszentrale für politische Bildung definiert sie als "die Teilhabe für alle in einer Gesellschaft. Für die Schule heißt dies, dass wir allen Lernenden den Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung gewährleisten müssen, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, deren Geschlecht und sozialen oder ökonomischen Voraussetzungen". Hinter dem Schlagwort verbirgt sich konkret: Kinder, die besondere Unterstützung brauchen, bekommen sie auch, werden aber in derselben das Simpert-Kraemer-Gymnasium in Krumbach und die Mittelschule Leipheim. An beiden Schulen ist Inklusion nicht erst ein Thema, seitdem sie das Profil haben, sondern gestaltet den Schulalltag schon länger mit.

    „Ich fühle mich sehr wohl hier“, sagt Timo Kuen. Der 17-Jährige besucht die zehnte Klasse des Simpert-Kraemer-Gymnasiums Krumbach. Das war wegen seiner Höreinschränkung nicht selbstverständlich.

    Timo gehört zu den aktuell zwölf Schülerinnen und Schülern des Inklusionsprofils des Krumbacher Gymnasiums.

    Profil Inklusion an Krumbacher Schule: Wertschätzung des Kultusministeriums

    Dieses Profil gibt es offiziell seit dem diesjährigen Schuljahr. Die Angebote gibt es aber schon länger. „Das ist sozusagen eine Wertschätzung des Kultusministeriums“, sagt der stellvertretende Schulleiter Jochen Schwarzmann. So biete man bereits seit 2011 pädagogische und organisatorische Hilfestellungen an, um auch Kindern mit Assistenzbedarf den Schulbesuch zu ermöglichen. Schwerpunktmäßig geht es um die Bereiche Hören und Asperger. Diese Themen werden auch in Fortbildungen immer wieder sensibilisiert, erklärt Rektor Norbert Rehfuß. „Wir denken vom Kind aus.“

    Konkret bedeute das in Timos Fall, dass die akustischen Voraussetzungen durch Teppich und Schalldämpfer verbessert wurden, wie Schwarzmann erklärt. Timo berichtet, dass auch Mikrofone im Klassenzimmer eingesetzt werden, in die dann die jeweilige Lehrkraft spricht. Die Geräusche werden dann an das Endgerät der Person mit Höreinschränkungen weitergeleitet. Zusätzlich hat Timo auch drei Förderstunden in der Woche. Er ist begeistert von der Schule. „Alles klappt perfekt.“ Der Schüler ist froh, dass es solch ein Angebot in der Nähe gibt.

    Am Simpert-Kraemer-Gymnasium in Krumbach wird Inklusion im Bereich Hören und Asperger groß geschrieben.
    Am Simpert-Kraemer-Gymnasium in Krumbach wird Inklusion im Bereich Hören und Asperger groß geschrieben. Foto: Christoph Lotter

    Darüber freut sich auch die Mutter einer ehemaligen Schülerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Wie auch Timo benötigte ihre Tochter in ihrer Schulzeit hörspezifischen Förderungsbedarf. Dabei wurde auch ein Schriftsprachdolmetscher eingesetzt. Rehfuß erklärt, dass dieser den Unterricht digital mithören kann und das Geschehen schriftlich festhält. Die Mutter berichtet: „Ich war mir nicht sicher, ob das ein Problem sein könnte, aber als ich Rektor Rehfuß fragte, meinte er: ,Das kriegen wir hin' und alles hat wunderbar funktioniert."

    Kinder und Jugendliche werden an der Grund- und Mittelschule Leipheim gefördert

    Auch die Mittelschule Leipheim ist mit Beginn des laufenden Schuljahres 2021/22 mit dem Schulprofil Inklusion ausgezeichnet. Damit reihe sie sich in die Tradition der Grundschule ein, erklärt Stefanie Schmid, die Rektorin beider Schulen. Denn an der Grundschule gibt es das

    Schulamtsdirektorin und die zuständige Schulrätin Barbara Keppeler ergänzt, die Kinder mit besonderem Bedarf aus der Grundschule blieben dann auch oft an der Mittelschule, in der "Schulfamilie". Der Förderschwerpunkt liegt auf dem Lernen. Das heißt zum Beispiel, dass die kognitiven Fähigkeiten im Bereich Deutsch, Mathematik oder in den Lesefertigkeiten unter dem Normbereich liegen. Aber auch bei Sprachentwicklungsstörungen helfen die Fachkräfte, ebenso gibt es einen sozial-emotionalen Schwerpunkt.

    Lernmaterialien im Kleingruppenraum
    Lernmaterialien im Kleingruppenraum Foto: Julia Greif

    In der Grundschule nutzen zehn von 250 Kindern das Angebot, in der Mittelschule aktuell 21 von 185. Aber eigentlich, so Schmid, benötige allgemein in der Grundschule jedes fünfte Kind intensive Förderung, in der Mittelschule sogar 35 Prozent. "Es gibt also viel zu tun. Aber das machen wir gerne."

    Bisher hatte die Schule vom Schulamt Förderstunden zugewiesen bekommen, mit denen die Schule Fördergruppen eröffnet hatte. Durch das Schulprofil Inklusion kommen nun 23 Förderstunden dazu. Zwei Lehrerinnen des mobilen sonderpädagogischen Diensts sind dann zusätzlich für 13 Stunden in der Woche im Haus. Sie kommen jeweils am Mittwochvormittag und unterstützen die fünfte bis neunte Jahrgangsstufe. Je nach Schwerpunkt der Stunde heißt das: Die beiden setzen sich als Tandemlehrkräfte mit in den Unterricht, oder sie nehmen die Kinder nach hinten in den Klassenraum und helfen ihnen individuell. Oder die Lehrkraft geht mit dem Schüler oder der Schülerin in einen anderen Raum und erklärt den Stoff dort.

    Barbara Keppeler, Schulamtsdirektorin und zuständige Schulrätin, Stefanie Schmid, Rektorin der Grund- und Mittelschule Leipheim, und Ulrike Seidler, Förderlehrerin und Inklusionsbeauftragte an der Schule (von links) im Kleingruppenraum der Schule
    Barbara Keppeler, Schulamtsdirektorin und zuständige Schulrätin, Stefanie Schmid, Rektorin der Grund- und Mittelschule Leipheim, und Ulrike Seidler, Förderlehrerin und Inklusionsbeauftragte an der Schule (von links) im Kleingruppenraum der Schule Foto: Julia Greif

    Es gibt auch Gruppenunterricht für bis zu acht Kinder. Im Kleingruppenraum gibt Ulrike Seidler, Förderlehrerin und Inklusionsbeauftragte an der Schule, zum Beispiel auch Kurse für Deutsch als Zweitsprache. Für sie sind die Stunden wichtig: "Die Kinder bekommen die Gewissheit: Ich kann etwas." Keppeler unterstreicht, dass sich dann auch Erfolgserlebnisse einstellen könnten, weil der Schüler oder die Schülerin sich mit dem Wissen aus der Förderung in den regulären Unterricht einbringen könne.

    Die Lehrer bekommen Fortbildungen, wie differenzierter Unterricht aussehen kann

    Für die Kinder und Jugendlichen sei das nicht stigmatisierend, betont Schulleiterin Schmid: "Die Kinder genießen die Kleingruppe, weil sie viel Aufmerksamkeit bekommen." Kleingruppen seien die Kinder auch aus anderen Kursen, wie Deutsch als Zweitsprache, gewohnt. Und seit der Modularisierung der Mittelschule, sagt Keppeler, seien Lerngruppen und zwei Lehrkräfte im Klassenzimmer normal.

    Schmid ergänzt, in der Mittelschule stehe das Thema Inklusion auch auf dem Schulentwicklungsplan, das heißt, die bestehenden Lehrerinnen und Lehrer können sich in Fortbildungen zum Beispiel darüber informieren, wie ein differenzierter Unterricht aussehen kann. Keppeler sagt, dass in solchen Fortbildungen die Lehrkräfte auch darin geschult würden, zu erkennen, wenn eine Schülerin oder ein Schüler Probleme hat. Hinzu kommt, dass sich zu Schuljahresbeginn die Lehrkräfte mir den Förderlehrkräften über den Lernstand der Klasse austauschen und die Abläufe besprechen. Außerdem stehen die Fachkräfte und Seidler als Inklusionsbeauftragte als Ansprechpartner zur Verfügung. Diese ist für die Schülerinnen und Schüler als Grund- und Hauptschule zuständig und kennt die betroffenen Kinder oft ab der ersten Klasse.

    An der Grund- und Mittelschule seien alle herzlich willkommen, nicht nur zu Beginn des Schuljahres.
    An der Grund- und Mittelschule seien alle herzlich willkommen, nicht nur zu Beginn des Schuljahres. Foto: Julia Greif

    Für ein Fazit des neuen Inklusionsprofils sei es aber noch zu früh, sind sich die drei einig: Nach den ersten Wochen des Schuljahrs hätten sich Schülerinnen und Schüler, Lehr- und Förderlehrkräfte kennengelernt, ein Konzept ist entwickelt. Nun geht es in die volle Umsetzung. Denn gemäß dem Zitat von Huber Hüppe "Wer Inklusion will, sucht Wege, wer sie verhindern will, sucht Begründungen", finde die Grund- und Mittelschule in Leipheim immer die Wege.

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