Startseite
Icon Pfeil nach unten
Günzburg
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Günzburg: Wanzl-Geschäftsführung will weiter Gespräche über Tarifvertrag

Landkreis Günzburg

Wanzl-Geschäftsführung will weiter Gespräche über Tarifvertrag

    • |
    Geschäftsführer Markus Bergmann saß unter anderem für die Firma Wanzl am Verhandlungstisch.
    Geschäftsführer Markus Bergmann saß unter anderem für die Firma Wanzl am Verhandlungstisch. Foto: Wanzl

    Seit Monaten ist, wie berichtet, bei Wanzl verhandelt worden zwischen IG Metall, Betriebsrat und den Arbeitgebervertretern, um einen neuen Haustarifvertrag zu erzielen. "Beim letzten Vertrag ist der Arbeitgeber den Arbeitnehmern stark entgegengekommen", heißt es nun in einer Mitteilung des Unternehmens. "Dafür haben wir die Zusage bekommen, dass es beim nächsten Haustarif einen starken Beitrag der Arbeitnehmer geben wird."

    Diese Verhandlungen hätten vor dem Hintergrund des Programms „Zukunft anpacken“ stattgefunden (unsere Redaktion berichtete). "Es geht im Grunde darum, radikal ändernden Marktbedingungen zu begegnen, indem wir eine Transformation von Wanzl sowohl auf Angebots-Seite zum Kunden als auch aufseiten der Organisation selbst durchführen", heißt es in einem Statement des Unternehmens.

    Das sind die strategischen Überlegungen und Folgerungen des Wanzl-Managements:

    Die "Vorwärtsstrategie" von Wanzl

    Wanzl sieht sich einschneidenden Veränderungen im Handel gegenüber. Deshalb gibt es das Transformations-Projekt "Wanzl 2025" mit dem Leitmotiv "Zukunft anpacken". Folgende Erkenntnisse liegen diesen Überlegungen zugrunde:

    • Das Einkaufsverhalten der Gesellschaft hat sich grundlegend geändert: Der Online-Einkauf nimmt rasant zu, stationär müssen Erlebniswelten geschaffen werden, die Kunden begeistern. Die Verfügbarkeit rund um die Uhr rückt immer mehr in den Fokus. Corona beschleunigt diese Entwicklung nochmals enorm.
    • Daraus resultiert eine Werteverschiebung beim Handel, der eine grundlegend andere Investitionsbereitschaft als noch vor fünf, sechs Jahren an den Tag legt: Jetzt reichen qualitativ weniger aufwendige Standardprodukte wie Verkaufstische oder Einkaufswagen nicht mehr aus. Es werden Komplettlösungen gefordert und wesentlich mehr in neue, digitale Geschäftsmodelle sowie Multi-Channel-Lösungen investiert.
    • Für Wanzl wird es immer schwieriger, ein Preis-Premium bei den oben genannten Standard-Produkten am Markt durchzusetzen. Die Qualität von Herstellern aus Niedriglohnländern, die deutlich niedrigere Kosten als Wanzl haben, wird oftmals als ausreichend bewertet.

    Dies erfordert eine Transformation von Wanzl sowohl auf Angebots-Seite als auch auf der Seiten der Organisation selbst. Es geht darum,

    • ein Leistungsportfolio zu bieten, das „Shopping der Zukunft“ gestaltet. Dazu gehört zum Beispiel die Wanzl- „Produktstrategie“ mit scannendem Einkaufswagen.
    • die bestehenden Strukturen (Produktionsabläufe, Vertrieb, Einkauf etc.) und jeden einzelnen Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin – ob in der Montage oder in der Verwaltung, ob Arbeiter oder Führungskraft – fit für die zukünftigen beruflichen Anforderungen zu machen. (AZ)

    "Uns ist völlig bewusst, dass wir unsere Mitarbeiter aktuell mit sehr vielen notwendigen Entwicklungen und Maßnahmen fordern und vieles auf Wanzl zukommt. Aber das müssen wir tun, um die Standorte in Deutschland zu sichern“, so Markus Bergmann, CFO bei Wanzl. Dazu gehören nach Ansicht des Finanzchefs auch entsprechende Abschlüsse, bis die Transformation greift.

    Wanzl: "Wir haben ursprüngliche Vorstellungen deutlich korrigiert"

    Den zuletzt vorgelegten Vorschlag bezeichnet die Firma selbst als einen Kompromiss, der gemeinsam erarbeitet worden sei. "Wir Arbeitgeber haben in mehreren Abstimmungen mit den Gremien und in Sprechstunden mit den Mitarbeitern von Wanzl unsere ursprünglichen Vorstellungen abgeklärt und diese deutlich korrigiert. Alle Parteien haben sich letztendlich aufeinander zubewegt, in großen Schritten." Nun sei dieser Kompromiss "plötzlich von der Tarifkommission der Arbeitnehmerseite komplett ohne weitere Verhandlungsoptionen für uns abgelehnt" worden. "Dies ist überraschend sowie enttäuschend", heiß es in der Medieninformation von Wanzl.

    Auch im Juni 2019 waren die Verhandlungen um einen Haustarifvertrag (den Flächentarif hatte Wanzl abgelehnt) verfahren. Deshalb hatte die Gewerkschaft IG Metall seinerzeit zu  einem Warnstreik mit einer Kundgebung im Zentrum Leipheims aufgerufen.
    Auch im Juni 2019 waren die Verhandlungen um einen Haustarifvertrag (den Flächentarif hatte Wanzl abgelehnt) verfahren. Deshalb hatte die Gewerkschaft IG Metall seinerzeit zu einem Warnstreik mit einer Kundgebung im Zentrum Leipheims aufgerufen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Der verabschiedete Fahrplan sah vor, nach der Urlaubszeit in gemeinsamen Veranstaltungen mit der Belegschaft in den Dialog zu treten und den Vorschlag zu erläutern. "Dies fand nie statt." Stattdessen sei von der IG Metall eine Befragung ihrer Mitglieder in der Wanzl-Belegschaft durchgeführt worden, "bei der die Antwort gleich vorgegeben wurde". Tatsächlich steht im Begleitschreiben zu den Befragungsunterlagen, das unserer Redaktion vorliegt: „Wir als Tarifkommission empfehlen euch deshalb die Ablehnung des Angebotes/der Forderungen der Geschäftsleitung." Das Unternehmen zeigt sich enttäuscht darüber, dass mit keinem Wort erwähnt worden sei, "dass die Punkte gemeinsam erarbeitet wurden und diese nicht nur Forderungen der Geschäftsleitung sind".

    Wanzl-CFO bedauert Ende der Tarifverhandlungen

    Dann würden die einzelnen Punkte auf den folgenden Seiten des Befragungsschreibens "ausschließlich negativ und teils falsch dargestellt. So haben wir zum Beispiel eine Standortsicherung zugesagt. Wir wollen weiter hier produzieren und die Region stärken. Viele Unternehmen sind längst ausgewandert, wir tun alles dafür, um hier bleiben zu können. Dies wird aber nur funktionieren, wenn man auf unsere Wettbewerbssituation Rücksicht nimmt", sagt der Finanz-Geschäftsführer Bergmann. Auch sei die Gegenfinanzierung der Altersteilzeit vom Betriebsrat und der Gewerkschaft mitgetragen worden. "Durch die Ablehnung gibt es jetzt faktisch für 440 Mitarbeitende – für die Altersteilzeit infrage kommt – keine verbesserte Lösung."

    Markus Bergmann sagt trotz einer pessimistischen Einschätzung vonseiten der Gewerkschaft (deren Erster Bevollmächtigter Günter Frey sprach gegenüber unserer Redaktion davon, dass ihm die Fantasie fehle, sich noch ein gutes Ende vorzustellen): „Wir hoffen dennoch darauf, dass die Tarifkommission wieder zu Gesprächen bereit ist. Unsere Enttäuschung über die Komplettablehnung des gemeinsam hart erarbeiteten Kompromisses war groß, aber wir wollen die Leute weiterhin mitnehmen und überzeugen, dass es sich lohnt, für eine gewisse Zeit etwas zu geben und dadurch langfristig Sicherheit zu erreichen. Unsere Maxime, um im harten Wettbewerb bestehen zu können: Gemeinsam müssen wir Wanzl fit für die Zukunft machen.“

    Nach der Veröffentlichung der Befragung in unserer Zeitung wurde bei Wanzl noch am selben Tag ein interner Aushang für die Belegschaft erstellt, um diese direkt und aus der Perspektive der Geschäftsführung zu informieren. Dass dies nicht alle mitbekommen haben, liegt nach den Worten von Sprecher Jürgen Frank einzig und allein daran, dass sich bereits einige Mitarbeiter im Wochenende befinden.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden